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„Squid Game: The Challenge“: Das Problem an der Reality-Show der Superlative

„Squid Game: The Challenge“: Das Problem an der Reality-Show der Superlative
Foto: © 2023 Netflix, Inc.

Die Reality-Show „Squid Game: The Challenge“ ist auf Netflix erschienen. Nach dem Vorbild der koreanischen Erfolgsserie kämpfen in dieser Game-Show 456 Teilnehmende um eine hohe Geldsumme. MADS-Autor Myron fragt sich: Muss das wirklich sein?


Ein ominöser Auftraggeber bringt 456 hoch verschuldete Kandidatinnen und Kandidaten an einem geheimen Ort zusammen – mit dem Versprechen, 45,6 Milliarden Won (circa 33 Millionen Euro) gewinnen zu können. In einer Reihe von koreanischen Kinderspielen treten die Teilnehmenden gegeneinander an, bis nur noch einer oder eine übrigbleibt. Der Haken? Wer ausscheidet, verliert nicht nur das Spiel, sondern auch das Leben. Mit dieser Idee verfasste Hwang Dong-hyuk, Schöpfer der Originalserie „Squid Game“, eine scharfe Kritik an der modernen Gesellschaft und fesselte weltweit ein Millionenpublikum an die Bildschirme.

„Squid Game“ als Reality-Show

Nun gibt es also eine passende Reality-Show. Ab dem 6. Dezember sind auf Netflix alle zehn Folgen der Show abrufbar. Das britische Produktionsteam von „Squid Game: The Challenge“ bleibt seinem dystopischen Vorbild weitestgehend treu: Auch hier starten zu Beginn des Spiels 456 Teilnehmende, die diesmal um eine Summe von 4,56 Millionen US-Dollar spielen.

Netflix startet damit womöglich unabsichtlich ein gefährliches soziales Experiment. Bedenkt man die zentrale Kritik an der Gesellschaft, die das Original formuliert, dann lässt sich dieser Ableger nur mit einer großen Prise Ironie verstehen. Es stellt sich nicht bloß die Frage, was der Mensch bereit ist zu tun, wenn ihm genügend Geld vor die Nase gehalten wird – sondern auch: Was lassen wir, das Publikum, andere Menschen für unsere Unterhaltung opfern?

Zwischen Fiktion und Realität

Natürlich sterben die Teilnehmenden in diesem Spiel nicht wirklich, doch die Producer haben sich einiges einfallen lassen, um die Illusion eines Spiels um Leben und Tod zu erzeugen. Die Teilnehmenden werden „eliminiert“, sie sprechen von „survival“ und „life-and death-moments“. Dazu kommt die Bildersymbolik, die eine ebenso klare Sprache spricht: Wird eine Person während eines Spiels eliminiert, platzt eine Farbpatrone auf ihrer Brust und sie geht zu Boden, wo sie regungslos liegen bleibt – anschließend wird sie aus dem Spiel entfernt und ist nicht mehr zu sehen. Immer wieder werden zudem Menschen in emotionalen Momenten gezeigt und teilweise bloßgestellt.

Foto: Pete Dadds/Netflix © 2023

Tatsächlich beweist nicht nur das Endprodukt einen fragwürdigen Umgang des Produktionsteams mit dem Cast. Mittlerweile gibt es Berichte über einige Teilnehmende der Show, die drohen, Netflix aufgrund der schlechten Bedingungen am Set zu verklagen. Konkret berichten die Betroffenen von Nervenschäden und Unterkühlung während des Drehs für das erste Spiel „Red Light, Green Light“. In einem Interview mit dem Magazin „Variety“ sprach eine Kandidatin in diesem Kontext von „absolut unmenschlichen Bedingungen“. Netflix hat derweil bestätigt, dass während besagter Dreharbeiten drei Teilnehmende medizinisch behandelt werden mussten. Eine Klage liege hingegen noch nicht vor.

Eine problematische Entwicklung

Es gab natürlich auch zuvor schon Reality-Shows, in denen Menschen sich unter unangenehmen Bedingungen zur Unterhaltung anderer lächerlich machen. Shows, die niemand wirklich braucht – und die ausschließlich zur seichten Abendunterhaltung dienen. Doch bei diesem Thema ist es wichtig zu reflektieren und zu problematisieren.

Diese neue Show der Superlative macht deutlich: Die Grenzen zwischen Fiktion und Realität verschwimmen fortlaufend. Selbst wenn wir eine reale Version der „Hunger Games“ oder des „Squid Game“ für unmöglich halten, lassen wir der Unterhaltungsindustrie immer mehr durchgehen. Wir müssen uns ernsthaft fragen, ob das eine Richtung ist, in die wir uns als Gesellschaft guten Gewissens bewegen können.

Von Myron Christidis


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Über den Autor/die Autorin:

MADS-Team

Unter diesem Namen sammeln wir Beiträge von Gastautorinnen und -autoren, Autorenkollektiven oder freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bei MADS. Die Namen des jeweiligen Autors oder der jeweiligen Autorin stehen unter dem einzelnen Beitrag.

1 Kommentar

  1. Lisa Neumann

    Super Artikel, teile die Kritik und musste auch direkt an „Hunger Games“ denken…

    Antworten

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