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Nathan Gray im Interview: So ist es, als Punkmusiker alleine auf Tour zu gehen

Nathan Gray im Interview: So ist es, als Punkmusiker alleine auf Tour zu gehen
Foto:  UncleM

Bekannt geworden ist Nathan Gray als Sänger der Hardcore-Band Boysetsfire. Gerade ist der US-Punk solo auf Tour. Uns hat er erzählt, wie das Tourleben als Solo-Künstler ist – und warum er sein Live-Album in Wiesbaden aufgenommen hat.


Nathan, du tourst seit langer Zeit mit deiner Band Boysetsfire, bist aber auch viel solo unterwegs. Wie unterscheiden sich diese beiden Arten, auf Tour zu sein?

Der größte Unterschied, wenn du alleine spielst, ist, dass du dich nicht um den Kram der anderen Bandmitglieder kümmern musst. Wenn ich alleine auf Tour gehe, kann ich das machen, wann ich will – ohne jemanden fragen zu müssen. Der ganze freundschaftspolitische Aspekt fällt weg. Beide Arten sind toll, aber alleine kann man machen, worauf man Bock hat.

Also ist es eigentlich besser, alleine zu touren?

Auf der ersten Solo-Tour, die ich gemacht habe, war ich nur mit der Gitarre unterwegs. Da hatte ich eine ganze Menge Abende, an denen ich alleine im Backstageraum rumsaß. Auf der Bühne erzähle ich viele persönliche Dinge. Wenn man dann keinen Freund dabei hat, mit dem man abhängen kann, ist das schon hart. Inzwischen habe ich aber immer zwei Musiker mit dabei – das ist viel besser. Dann kann man trinken gehen, abhängen und Spaß haben.

Du tourst schon seit vielen Jahren. Gab es Momente, in denen du überhaupt keine Lust mehr auf das alles hattest?

Ja! Das war auf Touren, die viel zu lange gingen. Wir haben mit Boysetsfire mal eine sechs Wochen lange Tour durch die USA gemacht.

Wow.

Ja, warte – jetzt kommt’s: Dann hatten wir einen Tag frei, sind nach Hause gefahren und am nächsten Tag fing eine Europatour an, die einen Monat ging. Das war die Tour, nach der wir gesagt haben: Das machen wir nie wieder, sonst bringen wir uns um. Das ist einer der Gründe, warum viele Bands ausbrennen. Länger als drei Wochen gehen wir jetzt nicht mehr auf Tour.

Du hast gerade ein Live-Album rausgebracht. Was muss bei einem Konzert alles passen, damit es ein perfekter Abend wird?

Alle müssen auf der gleichen Seite sein. Wer auf der Bühne steht, muss zu 100 Prozent für die Show da sein. Es reicht schon, wenn nur einer der Musiker schlechte Laune hat – dann geht die Show den Bach runter. Das Wichtigste ist, dass alle positiv drauf sind. Wenn man sich verspielt, muss man trotzdem von der Bühne gehen können und sagen: “Hey, das war richtig geil!”

Du hast die Platte in Wiesbaden und Iserlohn aufgenommen. Das sind nicht gerade zwei bekannte, deutsche Metropolen. Warum hast du das dort und nicht in den USA gemacht?

Erstmal waren die Locations toll. Und außerdem habe ich das Gefühl, dass ich in Deutschland einfach besser ankomme als in den Staaten.

Nathan Gray live: 12. März Hannover (Musikzentrum), 13. März Nürnberg (Z-Bau), 14. März München (Kranhalle), 16. März Stuttgart (club CANN).

Aha. Woran liegt das?

Ich habe da eine Theorie: Als wir mit Boysetsfire unser drittes Album, “Tomorrow Come Today”, herausgebracht haben, sind wir lange nicht in den USA getourt. In Deutschland macht das nichts: Die Fans kommen auch nach ein oder zwei Jahren wieder zu den Konzerten. In den USA sprießen gefühlt alle fünf Minuten neue Bands aus dem Boden. Wenn du dich da länger nicht blicken lässt, interessiert sich niemand mehr für dich. Bei uns standen dann irgendwann nur noch fünf Leute vor der Bühne. Unsere Fangemeinde mussten wir uns nach jedem Album neu aufbauen – da hatten wir irgendwann keinen Bock mehr drauf. Also haben wir uns auf Deutschland und Europa konzentriert. So mache ich das solo auch.

Ist das nicht demotivierend?

Es gibt zwei Sachen, die du dagegen machen kannst: traurig sein. Oder: Du schaust, wo deine Fans sind und gehst einfach dahin. Deswegen ist es immer ein bisschen wie nach Hause kommen, wenn ich in Deutschland bin.

Hast du eine Erklärung, warum es hier so gut funktioniert?

Ich habe das Gefühl, dass die Menschen hier eine tiefere Verbindung zur Musik haben, die nicht so oberflächlich ist wie in den Staaten.

Was machst du denn so, wenn du in Deutschland bist?

Ich habe viele Freunde in München und Berlin. Ich laufe auch einfach gerne rum und beobachte Leute. Oder ich versuche, mein Deutsch aufzupolieren.

Interview: Manuel Behrens

Als Sänger der Hardcore-Band Boysetsfire wurde Nathan Gray bekannt. Mit Grays markant hoher Stimme und den politischen Texten erspielte sich Boysetsfire in den USA und Europa eine große Fanbasis.

Das erste seiner zahlreichen Nebenprojekte begann Gray 2007 mit der Band The Casting Out, die sich zwischen Folk, Industrial und Punkrock bewegt. Später gründete er mit seinem Sohn die Metalcore-Band I Am Heresy.

Gerade ist sein Live-Album “Live in Wiesbaden / Live in Iserlohn” erschienen. Darauf spielt er Stücke seiner Solo-Platten, aber auch Songs von Boysetsfire. Im Juni will Nathan Gray eine neue Solo-EP veröffentlichen.

Bei Boysetsfire wird sich hingegen vorerst nichts tun: “Wir fangen etwas an, wenn wir wieder Bock drauf haben”, sagt Gray. Immerhin seien die Wege zwischen drei der fünf Bandmitglieder kurz: Alle wohnen in der gleichen Nachbarschaft.


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