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Im Kino: „Nur eine Frau“ erzählt die wahre Geschichte eines Berliner Ehrenmordes

Im Kino: „Nur eine Frau“ erzählt die wahre Geschichte eines Berliner Ehrenmordes
Foto: NFP

Regisseurin Sherry Hormann erzählt in „Nur eine Frau“ (Kinostart: 9. Mai) die Geschichte von Hatun Aynur Sürücü, die von ihrem Bruder erschossen wurde. Mitten in Berlin.


Es passierte am Abend des 7. Februar 2005. Nur wenige Tage nach ihrem 23. Geburtstag wurde Hatun Aynur Sürücü von ihrem jüngsten Bruder Nuri mit drei Kopfschüssen getötet. Mitten in Berlin. Der Grund: Sie hatte es gewagt, ein eigenständiges Leben zu führen. Für ihre sunnitisch-kurdische Familie verwirkte sie damit ihr Leben. Ihre Strafe: die Exekution, der sogenannte Ehrenmord. Ein Euphemismus für eiskalten und feigen Mord.

Regisseurin Sherry Hormann, in New York geboren und in Deutschlandaufgewachsen, scheut vor diesem heute noch brisanten Thema nicht zurück und redet Klartext – auch auf die Gefahr hin, zwischen religiöse Eiferer auf der einen und wohlmeinende Deutsche auf der andren Seite zu geraten, die aus falsch verstandener Toleranz jegliche Kritik ausblenden. Auch die Justiz berücksichtigte damals die „heimatlichen Wertvorstellungen“ nicht selten als strafmildernd. Das Schicksal von Aynur bedeutete einen Wendepunkt.

Aynur flieht zurück nach Berlin

Nähe zu dieser jungen Frau stellt die Regisseurin durch einen Kunstgriff her. Aynur (beeindruckend: Almila Bagriacik, „4 Blocks“) erzählt ihre eigene Geschichte in Rückblenden. Als 15-Jährige muss sie die Schule abbrechen und in Istanbul einen ihr fremden Cousin heiraten. Ihr Mann schlägt sie, auch als sie schwanger ist. Aynur flieht zurück nach Berlin – und bringt „Schande“ über ihre Familie, darf das Haus nicht verlassen.

Nach der Geburt ihres Sohnes eskaliert die Situation. Die Wohnung ist zu eng. Ihr älterer Bruder belästigt sie sexuell. Aynur findet mit Hilfe des Jugendamts eine eigene Wohnung. Einem selbstbestimmten Leben scheint nichts mehr im Wege zu stehen. Es folgen Schulabschluss und eine Lehre als Elektroinstallateurin. Und da ist auch die Liebe zu einem Deutschen.

Der Hass ihrer Familie wächst

Doch Aynur hängt immer noch an ihrer Familie – und bei der wachsen Hass und Verachtung. Für ihre Brüder ist Aynur eine Hure, die sich wie eine Deutsche verhält. Die Drohungen nehmen zu. Am Ende steht der gewaltvolle Tod. Sie ist ja „nur eine Frau“.

Die Regisseurin Hormann wühlte sich mit Drehbuchautor Florian Oellerdurch acht Meter Gerichtsakten, die Fakten in diesem Fall sind recherchiert und verbrieft. Geschickt verknüpft die Regisseurin verschiedene Handlungsstränge und Facetten – etwa die Radikalisierung einer modernen Mitschülerin als Nuris Verlobte. Dabei verzichtet sie auf Schwarz-Weiß-Malerei und bedient keine Vorurteile. Eines aber ist klar: Frauenrechte sind nicht verhandelbar.

Gewaltverbrechen im Namen der „Ehre“ passieren immer noch

„Nur eine Frau“ ist kein tränendrüsiges Betroffenheitskino, sondern ein bewegender Film, der Position gegenüber einem frauenverachtenden patriarchalischen System einfordert – und Hoffnung weckt, dass eine offene Diskussion möglich ist. Denn Gewaltverbrechen im Namen einer dubiosen „Ehre“ passieren immer noch, mitten in Deutschland, mitten unter uns.

„Nur eine Frau“ – Filminfo

Kinostart Deutschland: 9. Mai 2019
Produktionsland: Deutschland
Regie: Sherry Hormann
Besetzung: Almila Bagriacik, Merve Aksoy, Aram Arami
Genre: Drama
Laufzeit: 90 Min
Altersbeschränkung: FSK ab 12

Von Margret Köhler


Über den Autor/die Autorin:

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