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Wenn Studieren im Homeoffice krank macht: Kathi (24) geht es nicht gut

Wenn Studieren im Homeoffice krank macht: Kathi (24) geht es nicht gut
Foto: Unsplash.com/Dmitry Schemelev

Baulärm, Jobverlust und fehlende Kontakte: Für Studentin Kathi ist das digitale Semester aufgrund der Corona-Pandemie eine Belastungsprobe. Sie hat sich deshalb psychologische Hilfe gesucht. MADS erzählt sie, warum das nötig war.


Wenn sie auf das Display ihres Laptops schaut, fallen ihr oft die Augen zu. Sich zu konzentrieren fällt Kathi schwer, andauernd ist sie müde und der Weg zurück ins Bett ist nicht weit. „Dieses ständige Gefühl, dem Studium nicht gerecht zu werden, ist unfassbar anstrengend“, sagt Kathi, die eigentlich anders heißt, aber ihren Namen lieber nicht verraten möchte. Im ersten Mastersemester studiert die 24-Jährige Bildungswissenschaften – Onlinestudium und Teil-Lockdown zehren an ihrer täglichen Energie. Bei der psychologischen Beratung ihrer Universität hat sie sich deshalb Hilfe gesucht – ein Schritt, zu dem auch das Deutsche Studentenwerk rät.

Viele Studierende fühlen sich überfordert (Symbolbild)
Foto: Unsplash.com/Tony Tran

„Ich war lange skeptisch, ob ich mich vor einer fremden Person öffnen möchte“, sagt Kathi, die ihre Probleme lange Zeit nicht für wichtig genug hielt. „Aber jetzt bin ich über diesen Schritt froh.“ Der Psychologin hat Kathi von ihrer Überforderung im Studium erzählt, ihrem zwischenzeitlichen Jobverlust und ihrer ständigen Müdigkeit. Das Besprechungszimmer verließ sie mit einem guten Gefühl. „Gesagt zu bekommen, dass ich nicht mehr leisten muss, als ich kann – das hat richtig gutgetan, auch wenn es so simpel klingt“, sagt Kathi. In Zukunft wolle sie an ihrer Zeiteinteilung arbeiten und mehr Pausen einlegen.

Viele fühlen sich überfordert

Eine Tagesstruktur aufrechtzuerhalten fällt im Homeoffice nicht nur Kathi schwer. Viele Studierende fühlen sich von der digitalen Lehre überfordert. Das zeigt auch eine Studie der Universität Hildesheim, die mehr als 2000 Studierende zum Onlinesemester befragte. Mehr als 70 Prozent der Befragten gaben an, dass sie die Arbeitsbelastung im digitalen Semester im Vergleich zum Präsenzsemester als höher empfinden.

Dieses ständige Gefühl, dem Studium nicht gerecht zu werden, ist unfassbar anstrengend.

Kathi, Masterstudentin

„Zu Hause habe ich einfach nicht dieselben Voraussetzungen wie in den Gebäuden der Uni“, erklärt Kathi. Ständiger Baulärm im Nachbarhaus stelle die Konzentration der unter Migräne leidenden Studentin auf die Probe. Vor zwei Wochen brach einen ganzen Tag die Internetverbindung in Kathis Wohnung ab. „In dem Moment war das halb so wild, aber was, wenn ich ein Referat halten muss und es dann passiert?“

In ihrer Wohnung ist Kathi, die seit vier Jahren alleine wohnt, den Einflüssen ihrer Umgebung ausgeliefert. Während des Teil-Lockdowns fühlt sie sich an dem Ort eingesperrt, der ihr eigentlich am liebsten ist. Stundenlang starrt Kathi auf ihren Laptop, verfolgt die Onlineseminare und brütet über ihren Texten für die Uni – dabei vergisst sie manchmal komplett die Zeit. Das Ergebnis: Ihre Wohnung verlässt sie nur noch, um am Wochenende zu arbeiten – ständig fühlt sie sich erschöpft.

Kontakte knüpfen fällt schwer

Sich gemeinsam mit ihren Kommilitonen über die Belastung im Studium auslassen kann Kathi nicht. „Dadurch, dass wir uns auf dem digitalen Weg nicht so richtig kennen lernen, ist der Austausch während der Onlineseminare deutlich verhaltener“, sagt sie. Auch die Studie der Hildesheimer Universität zeigt: Rund 85 Prozent der Befragten vermissen den Kontakt zu Kommilitoninnen und Kommilitonen. Vor allem Erstsemester haben es nun schwerer, neue Freundschaften zu knüpfen.

Doch Kathi sieht nicht nur Schlechtes in der Onlinelehre. Nebenjob und Studium ließen sich zeitlich gut vereinbaren. Kein Verquatschen mit anderen Studis, keine Anfahrtswege oder spontane Ausflüge in die Mensa spart eben Zeit. „Ich verteufele das Studieren von zu Hause aus überhaupt nicht“, sagt Kathi. „Und mit den richtigen Voraussetzungen kann es auch seine guten Seiten haben – nur die gibt es eben nicht für jeden.“ Wer unter den Belastungen des digitalen Studiums leidet, dem rät Kathi deshalb auch, kostenlose Beratungsstellen der Universitäten zu nutzen. „Es wird immer Menschen geben, denen es schlechter geht oder die vor größeren Herausforderungen stehen“, sagt Kathi. „Das heißt aber eben nicht, dass wir mit unseren Sorgen und Zukunftsängsten alleine bleiben müssen.“


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Über den Autor/die Autorin:

Nina Hoffmann

Nina (24) studiert Soziologie und kennt somit alle Sprüche über eine Karriere als Taxifahrerin. Statt an ihren Fahrkünsten zu feilen, liest sie lieber Texte über Gender-Fragen und Emanzipation - oder noch besser: Die dazugehörigen Kommentare der Facebook-Nutzer/innen.

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