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Streit um Microsoft 365 an Schulen: Datenschutz statt Karriere?

Streit um Microsoft 365 an Schulen: Datenschutz statt Karriere?
Foto: AP Photo/Michel Euler

Während der Lockdowns haben viele Schulen Microsoft 365 für sich entdeckt. Datenschützer sehen das vielerorts kritisch und wollen die Software verbieten. Das könnte zum Problem für Schülerinnen und Schüler werden, meint MADS-Autor Finn.


Deutsche Schulen standen und stehen in der Corona-Pandemie vor diversen schwerwiegenden Problemen. Vielerorts ist der Unterricht monatelang komplett ausgefallen, Schülerinnen und Schüler verloren den Kontakt zu ihren Lehrkräften und andersherum. Dieser Zeit konnte das Schulsystem nur einen positiven Umstand abgewinnen: Endlich waren die eingestaubten Bildungseinrichtungen gezwungen, sich mit dem Thema Digitalisierung auseinanderzusetzen. Nachdem engagierte Lehrkräfte schließlich Softwares für Videokonferenzen, Datenaustausch und Co. gefunden haben, passiert jetzt etwas, dass es so nur in einer formvollendeten Bürokratie geben kann: Datenschützer wollen den Einsatz von Microsoft 365 verbieten.

Datenschutz bei Microsoft 365 in der Kritik

So äußerte sich etwa die niedersächsische Datenschutzbeauftragte Barbara Thiel gegenüber der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung. In ihrem Bundesland sei eine vorläufige Duldung der Software inzwischen ausgelaufen, sagt sie. In Baden-Württemberg wird der Plan, Microsoft 365 flächendeckend einzusetzen, von Datenschützern verhindert, berichtet der SWR. In Brandenburg ist der Einsatz der Microsoft-Plattform Teams wiederum formal verboten.

Totalausfall bei Iserv-Videokonferenzen

Zu Beginn der Pandemie waren viele überfragt: Die weitverbreitete Software Iserv, die Videokonferenzen an Schulen möglich machen soll, funktionierte eher schlecht als recht, Unterricht war über dieses Tool häufig nicht sinnvoll zu führen. Eine Alternative legte der Staat aber nicht fest, jede Schule sollte schauen, wie sie sich selbst digitalisieren konnte. Viele Häuser griffen auf die für Schulen maßgeschneiderte Lösung der Standard-Software Microsoft Office zurück. Und das war gut so: Powerpoint, Word und Co. werden im Unterricht ohnehin ständig genutzt. Zudem gibt es kaum eine Stellenausschreibung, in der nicht Kenntnisse in MS-Office gefordert werden. Diese Software könnte für die Karriere des einen oder anderen also wichtiger sein als Unterricht in Musik oder Darstellendem Spiel.

Den Microsoft-Dienst nun zu verbieten schmälert die Zukunftschancen der Schüler. Solange sie später in ihrem Leben routiniert damit umgehen müssen, wäre es widersprüchlich, die Programme aus der Schule zu verbannen. Zumal die allermeisten Schülerinnen und Schüler bereitwillig mehr Daten freiwillig im Internet umherschicken, als Microsoft unter Umständen auf ausländischen Servern speichert.

Keine Extraregelung für Schulen

Der Datenschutz in Cloud-Diensten ist eine gesamtgesellschaftliche Frage, die dringend besser geregelt werden muss, und das am besten durch ein entsprechendes Gesetz. Die Schulen als einzigen Teil der Gesellschaft von diesen Diensten auszuschließen ist aber absurd. Warum müssen die Hausaufgaben eines Siebtklässlers besser geschützt werden als die Daten eines Angestellten in der freien Wirtschaft?


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Über den Autor/die Autorin:

Finn Bachmann

Finn (21) studiert Politik und Informatik. In seiner Freizeit ist er nicht nur bei der Feuerwehr, für MADS und die Hannoversche Allgemeine Zeitung schreibt er über Lokales, Internationales und was ihn sonst so bewegt.

8 Bemerkungen

  1. Markus Bussmann

    Lieber Finn, Deine Sorgen sind eher Werbung für ein Unternehmen, dass es nicht nötig hat, als existentiell gestützt zu werden. Erstmal ist es einfach doch naheliegender zu fragen, warum Microsoft den Datenschutz konsequent missachtet? Desweiteren lässt Office übrigens in Unternehmen immer mehr nach – junge Mitarbeitende bevorzugen Google Workspace, weil sie hier besser Daten teilen können mit anderen. Teams ist weiß gott nicht ohne Alternative – meiner Meinung nach ist Slack das deutlich bessere Programm, aber es wird eben nicht verschenkt so wie Microsoft dass zur „Landgewinnung“ im freien Markt getan hat. Ich bin selbst in der Industrie tätig (Quiply) und immer wieder erschreckt mich, dass Deutschland fest in Microsoft Hand ist – das ist in anderen Ländern weiß gott weniger der Fall – auch in den USA kommt Office auf viel weniger Marktanteil. Hier aber kennt keiner die Alternativen und geht den einfachsten Weg: Geld überweisen nach München und zur Telekom, (dem größten Vertriebspartner) die regeln das für uns. Die Schulen sind mir selbst als Kunden schon vor der Pandemie immer aufgefallen als die schwierigste Sorte – und die sich am Ende nie entscheidet. Das Problem ist ganz klar hausgemacht. Und Microsoft nutzt es aus.

    Antworten
  2. Dennis Klose

    Wenn in Stellenausschreibungen die Kenntnisse zu MS-Office stehen, geht es hierbei um die grundsätzliche Bedienung und Kenntnis. Das, was der Bärenanteil an MS-Office nutzende Firmen in der realen Welt nutzt, war schon im Feature umfang von MS-Office vor 20 Jahren implementiert und wird heute auch von allen alternativen Programmen ermöglicht.
    Z.B. Libreoffice unterstützt dies alles. Und wer mit Libreoffice aufwächst und hier mehr kann, als das, was in den aller meisten Firmen erwartet wird, wird sich in so einer Firma in windes-eile auf MS-Office zurecht finden.

    Daher gibt es keine flächendeckende Notwendigkeit von MS-Office in Schulen. Dies ist eine reine Wirtschaftsförderung von Microsoft und begrenzt künstlich den Lernprozess.

    Ich kann nur dazu raten: Lernt und lehrt die Skills.. lernt und lehrt den Inhalt.. lernt und lehrt die Funktionen.. unabhängig von der Oberfläche!

    Antworten
    • I like GNOME

      Finde ich auch so.

      Antworten
  3. Dennis Klose

    p.s. nicht zu vergessen: Wir müssen auch wieder lernen, die Kultur nicht von einer Firma diktieren zu lassen. Sondern den Firmen Kultur diktieren! Datenschutz geht alle etwas an und niemand kann die Folgen absehen, wenn Datenschutz immer weiter minimiert wird.

    Lieber Finn, dein Beitrag zeigt es sehr gut: Eine profitorientierte Firma sagt wo es langgehen soll und zeigt ein Konzept auf, wo Geld auf dem Rücken anderer gemacht wird (es wäre ja ohne weiteres möglich gewesen dezentral und ohne Cloud-Anbindung Office so anzubieten, wie es schon immer war) und ein junger Mensch plädiert dafür mitzulaufen, weil die Angst besteht, dass andere Wege noch mehr Nachteile mitbringen.
    Das ist ein verständliches aber auch gruseliges Beispiel für Kapitulation und weit davon entfernt emanzipiert und selbstbestimmt zu sein.

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  4. Jens S.

    Lieber Finn,

    Ich bin mir nicht sicher, ob du den Hinweis auf bezahlte Werbung vergessen hast.
    Gerade durch die Fixierung in den Schulen auf Produkte von Microsoft, fehlt es an Wissen über die Alternativen. Auch Microsoft hat mit Ausfällen zu kämpfen. Ich selbst war bereits Office 365 Opfer.
    OpenSource Software sollte im Mittelpunkt jeder Schule stehen. Vor allem sollte auch der Blick hinter die Kulissen wahrgenommen werden.
    Mit diesem Wissen schafft man die Experten von Morgen. Wenn man keine Einfluss nehmen kann hat man auch keine Ahnung und das ist die größte Gefahr. Junge Leute nutzen zwar begeistert neue Technologien, aber ein Interesse über die alleinige Benutzung hinaus gibt es kam.
    Ich muss dies bei Jugendlichen in meiner Umgebung immer wieder feststellen. Man können sich schlechter weiter Helfen als so manch interessierter Senior.

    Liebe Grüße

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  5. H.H. aus H.

    Zum Stichwort Office wurde alles Wesentliche geschrieben.

    Zum Stichwort Datenschutz von Siebtklässlern vs. Angestellten: Ein Angestellter ist meist erwachsen, lebenserfahrener und genießt vermutlich regelmäßig Awarnessschulungen. Er ist rechtlich voll für sein Handeln verantwortlich und all das trifft bei Kindern eben NICHT zu weshalb sie von den Bildungseinrichtungen auch als schützenswert in Obhut genommen werden.
    Schulen bzw. Schulträger sind für die ihnen anvertrauten Schülerinnen und Schüler verantwortlich, weshalb Datenschutz, Minderjährigenschutz u.v.m. zum Tagesprogramm gehört.
    Schaut ein Angestellter Kinderpornos am Arbeitsplatz, ist die Rechtslage ja wohl recht klar.
    Das ist im Schulumfeld übrigens auch so, nur haftet hier die Schule und nicht der Schüler bzw. die Schülerin.

    Drittes Thema, was mir auffiel: Warum muss man Teams nutzen, wenn es datenschutzkonforme Jitsi- oder BigBlueButton-Instanzen gibt?
    Open Source, in Deutschland gehostet, ergibt sich doch überhaupt keine Notwendigkeit, auf datenschutzrechtliches Glatteis zu begeben.

    Woher ich das weiß: Zufälligerweise mache ich IT an Schulen und zufälligerweise hat mich der erste Lockdown vorbereitet erwischt, auch wenn mich die verhaltenen Entscheidungen zum Online-Unterricht eher unvorbereitet erwischt haben.

    Antworten
  6. volki

    Blödsinn!

    Man muss Tech und Datenkraken gerade im öffentlichen und staatlichem Sektor den kampf ansagen. Edward Snowden schon vergessen?

    Wir brauchen kein Modell China…….aber deshalb müssen wir gerade in deutschland und Europa unabhängiger von US Techkonzernen werden. Rate jedem zu klagen und sich auf die DSGVO etc. zu berufen (informelle Selbstbestimmung…..deine Daten gehören dir und nicht der Cloud….es sei den Du persönlich willst das so!

    Antworten
  7. Andy Mendyk

    Digitalisierung meint die Kenntnis darüber wie es geht und wozu man es macht – und nicht mit welchen Werkzeug.
    Im Gegenteil, man solle Daten immer unabhängig von einem Programm abspeichern und archivieren – aber das ist ein anders Thema.
    Das Werkzeug muss geeignet sein. Aber aus der Nutzung eines Werkzeugs ergibt sich nicht die Fähigkeit es auch zu tun.
    Wenn man eine Präsentation-Software bedienen kann, bedeutet das nicht, dass man gute Präsentationen erstellen kann.
    Du kannst versichert sein, dass wenn Du bei einem Bewerbungsgespräch von Deinen Kenntnissen sprichst und nicht nur von der Nutzung von Werkzeugen, kommt das besser an.

    Antworten

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