
Die Referendarin: Die Tücken des Unterrichtsgesprächs

Helena (25) ist eine von rund 30.000 Lehramtsanwärtern in Deutschland. Was passiert eigentlich hinter der sagenumwobenen Lehrerzimmertür? Wie ist es, Schülerinnen und Schüler zu unterrichten, die nur ein paar Jahre jünger sind als man selbst? Und wie kommt Helena mit dem Druck klar? Davon erzählt sie – unter Pseudonym – in ihrer MADS-Kolumne: die Referendarin.
Manche meinen, der Lehrberuf sei nicht besonders anstrengend. Ein paar Fragen stellen und die Schülerinnen und Schüler quatschen lassen – so einfach ist es leider nicht. Vielmehr gilt das Unterrichtsgespräch als Königsdisziplin im Referendariat.
Einmal wollte ich mithilfe einer Karikatur zu der Frage kommen, warum Billigtourismus schädlich ist. Die Schülerinnen und Schüler haben darin Kritik am Thailandurlaub in der Weihnachtszeit gelesen – weiß doch jeder, dass da Hurrikansaison ist. Ein andermal wollte ich tiefere Begründungen aus den Schülerinnen und Schülern herauskitzeln. Es ging darum, die Aufgaben einer Gemeinde näher zu erklären. Nach mehreren „Warum ist das wichtig?“-Nachfragen war ich richtig im Flow. Als Jaspar die Freiwillige Feuerwehr vorschlug und ich automatisch „Warum ist die wichtig?“ fragte, sah er mich an, als wäre ich grenzdebil.
Die Kunst des Lehrens
Die Kunst ist es, dass die Schülerinnen und Schüler im Unterrichtsgespräch wie bei einer Wanderung einen von vielen Pfaden wählen und ich sie dabei als Lehrkraft unterstütze. Ich lenke sie nicht in die Richtung eines Weges, passe aber auch auf, dass sie nicht den Hang hinabstürzen und auf einmal über Thailand im Winter sprechen. In diesen Situationen bricht mir regelmäßig der Schweiß aus. Ich höre weiter Schülerbeiträge und denke gleichzeitig darüber nach, wie ich zum eigentlichen Thema zurückkomme. Ein Fragenfeuerwerk hilft jedenfalls nicht. Dann wird die Frage noch mal umformuliert hinterhergeschossen. Und noch mal. Und noch mal. Bis auch ich nicht mehr weiß, worauf ich hinauswollte.
Um das zu vermeiden, überlege ich, in welche Richtung Schülerinnen und Schüler denken könnten. Letztlich kann ich aber nie alles vorhersehen, und es gibt immer Überraschungen. Es soll schließlich nicht zu einfach werden.
Von Helena Fischer