Von Otto bis Dieter Hallervorden: Wieso polarisiert das Gendern so?
Ein Comedian singt vom Zapfhuhn statt Zapfhahn, ein Versandhaus steht im Zentrum eines Boykottaufrufs – wegen eines Gendersternchens in einem Tweet. Beim Thema Gendern reagieren viele emotional. Vor allem die Gegnerinnen und Gegner der geschlechtergerechten Sprache machen in der Debatte keine gute Figur, kommentiert MADS-Autor Tim.
Ob Doppelpunkt, Slash oder Sternchen: Die gendergerechte Sprache ist mal wieder Mittelpunkt hitziger Debatten. Den Anlass gab diesmal unter anderem Dieter Hallervorden, der in einem neuen Song fragt: „Muss ich den Zapfhahn jetzt Zapfhuhn nennen?“ Diese Frage ist noch ziemlich leicht zu beantworten: Nein.
Otto erntet Shitstorm für Tweet
Dem Thema geschlechtergerechter Sprache eher zugeneigt ist man anscheinend beim Versandhaus Otto – zumindest in der Social-Media-Abteilung. Auf einen harmlosen, gegenderten Tweet des Unternehmens folgte ein Shitstorm. Im Fokus der Kritik steht auch die Reaktion von Otto: Wer ein Problem mit dem Gendern habe, müsse ja nicht dort bestellen.
Ein Argument, das immer wieder gegen das Gendern herhalten muss: Es schließe Menschen aus, die auf einfache Sprache angewiesen sind. Formulare von Ämtern und Behörden sind jedoch meist ohnehin unfassbar kompliziert geschrieben. Viele Menschen können diese kaum ohne Hilfe von Fachkenntlichen ausfüllen, aber ein kleines Sternchen in diesen Formularen soll plötzlich problematisch sein?
Zudem ist es mindestens befremdlich, wie viele stillschweigend hinnehmen, wenn Firmen Menschenrechte mit Füßen treten. Doch sobald ein Versandhaus in einem Tweet von „Kolleg*innen“ statt „Kollegen“ schreibt, fordern etliche zum Boykott auf.
Mehrheit der Deutschen lehnt Gendern ab
Ja, das Gendern hat laut einer Umfrage des ZDF wenig Fans in der deutschen Bevölkerung. 71 Prozent der befragten Personen gaben an, den Genderstern „nicht gut“ zu finden. Aber inwiefern schränkt es andere ein, wenn sich die Social-Media-Abteilung eines Unternehmens trotzdem für diese Form der Sprache entscheidet? Niemand zwingt Privatpersonen, gendersensibel zu sprechen und zu schreiben. Einige Reaktionen bei Twitter erwecken aber den Anschein, als drohe Lebenslänglich für die Verwendung des generischen Maskulinums.
Ein logischer Grund für die Aufregung ist also nicht ersichtlich. Es verdeutlicht jedoch, wo die Prioritäten von Gegnerinnen und Gegnern der geschlechtergerechten Sprache liegen. Moralisches Handeln von Firmen und Personen des öffentlichen Lebens steht eindeutig nicht im Vordergrund. Wenn diese moralisch fragwürdig handeln, sind Skeptikerinnen und Skeptiker davon schließlich nicht unbedingt persönlich betroffen. Wenn es aber auch nur um die implizite Anregung geht, das eigene Verhalten und die sprachlichen Gewohnheiten zu hinterfragen, gibt es vehementen Protest. Allem Anschein nach verfallen so manche dadurch in Panik, man wolle ihnen ihre gute alte deutsche Sprache wegnehmen. Dass es einfach nur darum geht, Sprache so inklusiv wie möglich zu gestalten, scheinen viele nicht verstehen zu wollen.
Von Tim Klein
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Die Frage ist für mich, was es denn bringen soll? Ist es zum einen inklusiv, wenn die Menschen, die nicht zu den binären Geschlechtern gehören, außen vor bleiben? 🤔 Und zum anderen, ändert es die innere Einstellung der Menschen, wenn man ihnen vorschreibt, wie etwas geschrieben werden soll? Oder sorgt es für Widerstand und weitere Gräben in der Gesellschaft? Die eigene moralische Erhöhung sollte auch hier kein Antrieb sein…🤷♂️ Ansonsten finde ich, wir streiten uns hier um Tapetenfarben, während unser Haus brennt. Es gibt deutlich wichtigere Themen…
Ich weiß gar nicht, wo ich hier anfangen soll. Fast der gesamte Artikel ist voller Verallgemeinerungen. Die paar wenigen auf Twitter stehen plötzlich für die 71%, die das Gendern aus den verschiedensten Gründen ablehnen, vor allem in der schriftlichen Form. Twitter und vor allem Shitstorms im Netz waren noch nie ein Gesamtabbild der Gesellschaft. Erst ist kein logischer Grund ersichtlich und plötzlich dann doch mit der Begründung, die Menschen hätten das Gefühl man würde ihnen ihre Sprache wegnehmen. Wenn Behördenanträge bereits schon so kompliziert sind, dann ist die Logik daraus, dass man sie mit dem Gendern auch noch unleserlich macht? Autsch! Steigen durchs Gendern die Löhne von den Menschen, die Benachteiligt sind? Werden irgendwelche, real vorhandenen Problematiken dadurch geändert? Stellt das Gendern real alle in allen Bereichen gleich? Nein, tut es nicht, weil die Problematiken gar nicht aufs Gendern basieren, dies hat völlig andere Gründe. Für mich geben da deutlich die Genderbefürworter ein schlechteres Bild in ihrer Argumentation ab.
Warum sich die Leute so zu dem Thema echauffieren? Weil sie sich ohnmächtig fühlen: eine Mehrheit lehnt gendern ab, trotzdem kommt man kaum dagegen an, weil eine Minderheit es unbedingt durchdrücken will und viele mitschwimmen, weil sie sich die Diskussion ersparen wollen. Was soll man den nach Meinung des Autors sonst tun, um sich gegen diese sprachliche vereinnahmung zu wehren?
DER Mensch bleibt auch als DIE Waise stets DAS Kind seiner Eltern. Ohne Geschlechtswandel. Derlei Gattungsbegriffe können kein Geschlecht ‚bloß mitmeinen‘, denn sie meinen keines. Gleich, ob als Wort Neutrum, feminin oder masculin.
Ist DER Bürger nur männlich? Dann ist die -in nur ein Fortsatz des anderen Geschlechtes, dem eigene Endung fehlt. In Wahrheit ist sie ein Unterfall der geschlechtslosen Gesamtheit; wie der männliche Bürger auch.
Sprache lebt vom Typisieren. Die geschlechtsübergreifenden Bezeichnungen n der herkömmlichen Landessprache sind insofern divers, als sie Alle umfassen.
Und Worte können Mehrerlei bedeuten. Geschlecht z.B.Viererlei. Das handhaben Krethi & Plethi im Sprachgebrauch flüssig.
Nicht das Wort lenkt das Bewußtsein, sondern die Wortbedeutung ergibt sich aus der Sicht auf die Sache. Wie der Bedeutungswandel vielfach zeigt.
„Gendern“ mißachtet den Unterschied zwischen
– Leibesgeschlecht & gender als Rolle,
– wörtlichem & leiblichem Geschlecht.
Tschändern ist im Ansatz begriffsstutzig und im Ziel herrisch statt gleichheitsfreundlich. Es dient dem erklärten Ziel Wort-, Amts- & Wirtschaftsgewaltiger, Andere umzuerziehen.
OTTO ist männlich. Uta fehlt. „Gerecht“ wäre als Name des Versenders – äh, der Versendung – OtUtota. „Divers“ wäre Ot_U*to:ta.
Das beste Argument gegen gendern sind die bereits existierenden geschlechterneutralen Sprachen, bzw. wie es in den Gegenden dort so läuft mit dem inklusiven, feministischen Paradies: chinesisch… pakistanisch.. türkisch….