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Studium: Was sich Erstis wünschen – und wie es wirklich ist

Studium: Was sich Erstis wünschen – und wie es wirklich ist
Foto: Unsplash/Alexis Brown

Bevor es an die Uni geht, haben junge Menschen viele Erwartungen an ihr Studium. Einige davon bewahrheiten sich mit der Zeit, andere auch gar nicht. MADS hat mit Studierenden verschiedener Fächer gesprochen – und dabei jeweils die Antworten eines Erstis und einer Person aus einem höheren Semester verglichen.


Lehramt – Erwartungen: Zusammenspiel der Kurse

Meine Erwartungen an das Studium sind relativ oberflächlich. Ich wusste zwar, was ich studieren will und was ich mit dem Abschluss später anfangen will, aber nicht, wie das Studium aufgebaut ist. Ich studiere im zweiten Semester Englisch und Religionswissenschaft im fächerübergreifenden Bachelor und will später Lehrer werden. Meine Vorstellungen für meine beiden Fächer waren bereits unterschiedlich. Vom Englischstudium erwarte ich, dass es einen sprachlichen Teil mit mündlichen wie schriftlichen Aufgaben geben wird. Dazu erhoffe ich mir einen literarischen und kulturellen Teil, welcher die wichtigsten Punkte der britischen und amerikanischen Geschichte behandelt und Werke vorstellt, die diese begleiten.

Timon Elias Schnetter (20) studiert im zweiten Semester Englisch und Religionswissenschaft im fächerübergreifenden Bachelor in Hannover. Foto: privat

Meine Wünsche für das Studium beinhalten außerdem, dass mir nicht nur fachliche Inhalte beigebracht werden, sondern auch pädagogische Fähigkeiten gefördert werden, die mir später im Beruf weiterhelfen. Die Religionswissenschaft, mein Zweitfach, stelle ich mir als Kontrast vor. Hier spielt Pädagogik vielleicht keine Rolle. Stattdessen kann ich mir vorstellen, dass hier nur Wert auf den Inhalt gelegt wird, um mir zu ermöglichen, das Fach später zu unterrichten. Didaktische Kenntnisse würde ich dann aus dem Erstfach nutzen.

Von Timon Elias Schnetter

Lehramt – Realität: Studium ist mehr als nur Lehren lernen

Bevor ich angefangen habe, in Hannover zu studieren, habe ich mir erst gar nicht so viele Gedanken darüber gemacht, was ich im Lehramtsstudium lernen würde. „Ich werde lernen, wie man lehrt“, dachte ich. Aber dieser Studiengang beinhaltet – zumindest an unserer Uni – viel mehr. Die Fachdidaktik und Erziehungswissenschaft nehmen nur einen Teil davon ein, besonders im Bachelor.

Dafür konnte ich mir sowohl in Englisch als auch in Geschichte durch die verschiedenen Seminare und Vorlesungen ein umfassendes Fachwissen aufbauen – auch und gerade durch Kurse, die ich nur aus Interesse besucht habe. Ich habe dabei zuerst nicht erwartet, dass dieses Wissen so spezifisch sein wird. So habe ich in Englisch schon verschiedene Romane und Kurzgeschichten gelesen und auf bestimmte Betrachtungspunkte hin analysiert. Das hat mir zwar viel Spaß gemacht, ich kann aber noch nicht sagen, ob es mir später beim Unterrichten helfen wird. Neben diesen Texten werden aber natürlich in allen Fächern auch Sekundärliteraturen gelesen, die Theorie- und Fachwissen vermitteln.

Sophie Polke (23) studiert im Master Englisch und Geschichte auf Lehramt in Hannover. Foto: privat

Abgesehen davon wurde ich positiv von dem weiteren Angebot unserer Uni überrascht. Wir haben die Möglichkeit, kostenlos verschiedene Sprachkurse zu belegen, Kurse zu Excel oder Python oder auch Sportkurse. Unsere Mensa sollte aber auch nicht unterschätzt werden.

Generell umfasst das Lehramtsstudium also meiner Erfahrung nach viel mehr als das bloße Lernen, wie man lehrt.

Von Sophie Polke

Wirtschaft – Erwartungen: Lernen, wie Unternehmen aufgebaut sind

Eigentlich wollte ich immer Informatik studieren. Aber seit einigen Jahren ist mir aufgefallen, dass mich Management und Projektleitung auch sehr interessiert, weshalb ich nun zum Wintersemester ein duales Wirtschaftsinformatik-Studium beginne.
Ich denke, dass Unternehmensführung, Buchhaltung, Recht, in meinem Fall IT-Recht, Projektmanagement und VWL große Themenblöcke sein werden. Wie Unternehmen aufgebaut sind, wie man Gewinn erzeugt und wie man die Effizienz von Strukturen steigern kann – diese Fragen hoffe ich nach meinem Studium beantworten zu können.

Kian Kolahdoozan (20) beginnt zum Wintersemester ein duales Wirtschaftsinformatik-Studium in Hannover. Foto: privat

Besonders vor den Mathe-Modulen und dem wirtschaftlichen Teil habe ich Respekt. Da muss ich bestimmt sehr viel auswendig lernen, das wird also anstrengend. Als dualer Student wird es bestimmt auch ziemlich stressig, da Studium und Ausbildung so eng getaktet sind. Allerdings sehe ich es auch als Chance, weil ich direkt schauen kann, wie ich mein theoretischen Wissen in die Praxis umsetze.

Ich freue mich auch darauf, neue Leute kennenzulernen und neue Freundschaften zu schließen. Ein paar von meinen Mitstudierenden werden vielleicht auch so nerdig wie ich sein, einige werden vielleicht auch BWL-Vorurteile erfüllen, wie zum Beispiel in Rollkragenpullis rumlaufen. Bestimmt werden aber alle freundlich sein. Auf jeden Fall wird mein Studium ein Abenteuer, eine große Challenge, die ich mit Vorfreude antreten werde.

Aufgezeichnet von Victor Ji-Hong Li

Wirtschaft – Realität: Es fehlt an praktischer Anwendung im Studium

Als ich mein Studium begann, hatte ich erwartet, dass es den üblichen Klischees einer Wirtschaftsuniversität entsprechen würde: viel Mathematik und theoretische Inhalte. Nun, im fünften Semester, kann ich sagen: Diese Erwartungen wurden größtenteils erfüllt. Es fehlt mir an praktischer Anwendung, und das Studium empfinde ich oft als trocken. Trotzdem betrachte ich das erlangte Allgemeinwissen über Wirtschaft als äußerst wertvoll für meine berufliche Zukunft, besonders Kenntnisse über Inflationsmechanismen, Steuern und den verantwortungsvollen Umgang mit Geld.

Mila Pöllabauer (21) studiert Sozioökonomie im fünften Semester in Wien. Foto: privat

In Studium habe ich verschiedene Herausforderungen erlebt, von normalem Unistress bis zu intensiven Lernphasen, bei denen ich mich für Wochen zu Hause einschließen musste. Besonders finanziell war es für mich schwierig, da meine Eltern nicht viel Geld haben. Daher muss ich nebenbei arbeiten und erhalte Studienbeihilfe. Die Balance zwischen Studium, Arbeit und Privatleben zu finden ist eine weitere Herausforderung.

Trotzdem bin ich mit meiner Studienwahl zufrieden, da das Studium breit gefächert ist und auch soziale und menschliche Aspekte wie Geschichte und Soziologie abdeckt. Hätte ich aber die Möglichkeit, noch mal neu zu wählen, hätte ich vielleicht auch etwas im Bereich Kunst studiert.

Aufgezeichnet von Georg Krierer

Medizin – Erwartungen: Angst vor einem Burn-out durchs Studium

Schon als Kind wusste ich, dass ich etwas mit Medizin studieren will. Naturwissenschaften habe ich schon während der Schulzeit geliebt, und die Arbeit mit Menschen liegt mir sehr am Herzen. Deswegen musste ich in der Schulzeit kämpfen, um ein gutes Abitur abzulegen. Der Numerus Clausus liegt bei vielen Universitäten bei 1,0 – das habe ich zum Glück geschafft.

Zu Beginn des Studiums hatte ich keine konkreten Erwartungen an das Fach, ich wusste aber, dass das Studium hart ist. Nun nach den ersten zwei Semestern sieht man es meinem Freundeskreis und mir an, wie erschöpfend es für uns war. Die Studiengemeinschaft ist dabei ein zweischneidiges Schwert: Sie verbreitet gerne viel Stress, aber es hilft auch, so viele Kommilitonen um Rat fragen zu können. Damit muss man selbst umgehen können.

Albijon Krasniqi (22) studiert im zweiten Semester Medizin in Heidelberg. Foto: privat

Hobbys und Freunde haben mir persönlich sehr geholfen, mit dem Stress klarzukommen. Ich denke, der richtige Mix aus Studium und Freizeit wird auch in späteren Semestern entscheidend sein. Trotzdem fürchte ich mich ein bisschen, dass das Studium noch stressiger wird und ich dadurch ein Burn-out bekomme.

Natürlich gibt es aber auch Sachen, auf die ich mich in der Zukunft freue. Bisher haben wir das Fragen nach der Krankengeschichte und körperliche Untersuchung nur an Schauspielpatienten geübt. Bald sehe ich dann hoffentlich meinen ersten echten Patienten.

Aufgezeichnet von Arne Seyffert

Medizin – Realität: Man kommt nicht drum herum, selbst zu pauken

Im Medizinstudium an der Charité gibt es Patientenkontakt direkt ab dem ersten Semester – der Grund, warum ich mich eben für diese Uni entschieden habe. Jetzt befinde ich mich im letzten Jahr meines Studiums, dem sogenannten Praktischen Jahr. Rückblickend habe ich diese patientennahen Kurse in der Klinik immer sehr geschätzt. Leider war es dann öfters so, dass aufgrund von Unterbesetzung auf Station die dozierenden Ärzte entweder keine Zeit für die Vorbereitung der Kurse hatten oder gleichzeitig auch noch Stationsarbeit erledigen mussten. Ich kann das verstehen, fand das aber trotzdem mit Blick auf den eigenen Lerneffekt schade.

Florian Herfurth (26) studiert Medizin in Berlin und befindet sich zurzeit in seinem Praktischen Jahr. Foto: privat

Auch bei den theoretischen Seminaren gab es manchmal Fälle, wo die Dozierenden 90 Minuten nur den Foliensatz abgelesen hatten. Man merkt, dass an der Uni die Dozierenden in erster Linie Wissenschaftler und keine Pädagogen sind. Insgesamt hatte ich das Gefühl, dass die meisten Prüfungen nicht besonders schwierig waren. Die schriftlichen Prüfungen sind alle Multiple-Choice-Klausuren, und auch die mündlichen und praktischen Prüfungen waren gut machbar. Vielleicht war ich aber auch nur abgehärtet durch meine Rettungssanitäter-Ausbildung während meines FSJs, als ich innerhalb eines Monats ein 300 Seiten dickes Buch auswendig lernen musste und innerhalb einer Woche jeden Tag Prüfungen hatte.

Dennoch muss ich sagen, dass es wie an allen Unis sehr auf die eigene Motivation ankommt. Um Antibiotika, Laborwerte und Nebenwirkungen gut zu können, kommt man nicht drum herum, selbst zu pauken.

Aufgezeichnet von Jeffrey Ji-Peng Li

Jura – Erwartungen: Angst vor arroganten Studierenden

Dass ich Jura studieren möchte, war mir bereits seit einigen Jahren klar. Mehrere Praktika bei Anwälten, wo ich in verschiedene juristische Abteilungen reinschauen und auch mit ins Gericht gehen konnte, haben meine Pläne verfestigt. Nun beginne ich zum Wintersemester mein Jurastudium in Marburg. Genaue Pläne nach dem Studium habe ich allerdings noch nicht, ich lasse das alles auf mich zukommen. Obwohl ich mich auf den neuen Lebensabschnitt freue, habe ich schon großen Respekt vor dem Studium. Ich weiß von anderen Jura-Studierenden, wie viel Stoff es ist und wie viel Disziplin man braucht. Gerade die Klausurenphase macht mir Angst, da es eben ganz anders als in der Schule sein soll. Mehr Stoff, mehr Druck und das ohne eine Klassengemeinschaft, die genau dasselbe durchmacht. Trotzdem bleibe ich optimistisch und werde versuchen, mein Studium mit so viel Organisation wie möglich zu managen.

Louisa Wilke (19) beginnt im Oktober mit ihrem Jura-Studium in Marburg. Foto: privat

Doch trotz Herausforderungen, die mit Sicherheit kommen werden, freue ich mich auf mein Studium und das Studentenleben. Sei es das Strafrecht-Modul, worauf ich mich bereits jetzt freue, die Studentenpartys oder das Leben in einer WG, all das werden neue Erfahrungen und Eindrücke sein. Man kann in Marburg theoretisch von Montag bis Sonntag jeden Abend was machen, anders als auf dem Land, wo ich bisher gewohnt habe. Bei den Feiern hoffe ich, neue Leute kennenzulernen, um schnell Anschluss zu finden, besonders innerhalb meines Studiengangs. Am besten wäre es, wenn sich eine Gemeinschaft bilden könnte und nicht jeder nur unter sich bleibt. Es heißt immer, Jura-Studierende sind so abgehoben und arrogant, ich habe etwas Angst, dass da dann jeder sein Ding macht. Ich lasse jedoch trotzdem alles auf mich zukommen und freue mich auf einen ganz neuen Teil meines Lebens.

Aufgezeichnet von Milla Stremme

Jura – Realität: Gerechtigkeit durch klare Regeln

Die Entscheidung, Jura zu studieren, kam bei mir sehr spät. Lange hatte ich da gar keine Gedanken dran verschwendet. Kurz vor meinem Abitur hatte ich dann ein einschneidendes Erlebnis, wurde Opfer eines Überfalls, wodurch sich meine Sicht auf Recht und Ungerechtigkeit grundlegend veränderte. Danach wurde mir klar, dass ich Jura studieren will. Mich hat vor allem die Möglichkeit interessiert, wichtige Entscheidungen zu treffen und so „für Gerechtigkeit zu sorgen“. Ich dachte mir, mit einem intakten Gerechtigkeitssinn kann ich da vielleicht helfen. Später ist mir dann klar geworden, dass das auch eine riesige Verantwortung bedeutet. Egal, ob Richter, Anwalt oder etwas anderes, man fällt lebensverändernde Entscheidungen. Das ist schon auch ein wenig beängstigend.

Yannik Kneisel (22) studiert Jura im siebten Semester in Göttingen. Foto: privat

Mittlerweile gehe ich auf mein erstes Staatsexamen zu. Ich weiß jetzt sehr viel über Jura, über das deutsche Rechtssystem. Auch vieles, von dem ich nicht gedacht hätte, dass man so was wissen müsste: Das Verletzen eines Tieres beispielsweise fällt prinzipiell unter Sachbeschädigung. Es ist dennoch ein gutes Gefühl, viel gelernt zu haben und jetzt komplexe Sachverhalte zu durchblicken, die andere vielleicht ratlos zurücklassen. Manchmal muss man aber auch innerlich gegensteuern. Im Jura-Studium bedeutet Gerechtigkeit oft, sich an klare Regeln zu halten, Entscheidungen losgelöst von persönlichen Empfindungen zu treffen. Das ist meistens wahrscheinlich gut so, aber da bleibt selten Spielraum für eigene Interpretationen oder Mitgefühl. Ich glaube, um eine Prise Idealismus muss man sich dann selbst kümmern – je nach Geschmack.

Aufgezeichnet von Myron Christidis


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Über den Autor/die Autorin:

MADS-Team

Unter diesem Namen sammeln wir Beiträge von Gastautorinnen und -autoren, Autorenkollektiven oder freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bei MADS. Die Namen des jeweiligen Autors oder der jeweiligen Autorin stehen unter dem einzelnen Beitrag.

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