Studie zeigt Ängste junger Menschen in Krisenzeiten
Junge Menschen leiden unter der aktuellen Weltsituation: Eine neue Studie zeigt Verschlechterungen bei psychischer Gesundheit sowie Sorgen in Bezug auf die Zukunft – ein Warnsignal, so die Forscher.
Klimawandel, Corona-Pandemie, Krieg in der Ukraine, Inflation – so einige Krisen erschüttern gerade das Weltgeschehen. Natürlich sind auch junge Menschen betroffen, und das längerfristig. Die Gewissheit, die Zukunft nicht im gleichen Wohlstand verbringen zu können wie die Elterngeneration, setzt sich langsam fest.
Warnsignal: Psychisches Tief bei jungen Menschen
Was so aufgelistet bereits bedrohlich erscheint, wird in Zahlen gefasst noch einmal deutlicher. Im Rahmen der Trendstudie „Jugend in Deutschland“ bezeichneten 25 Prozent der Befragten ihre psychische Gesundheit als unzufriedenstellend. 16 Prozent beschreiben Hilflosigkeit, 10 Prozent geben Suizidgedanken an. Alle Zahlen sind seit der letzten Trendstudie im Mai 2022 gestiegen. „Wir werten das als ein dringendes Warnsignal“, schlussfolgern die Autoren der Studie, Simon Schnetzer und Klaus Hurrelmann. „Es ist nicht zu übersehen: Bei vielen jungen Menschen sind die Kräfte der psychischen Abwehr verbraucht, und die Risikofaktoren mehren sich.“ Die Forscher halten Unterstützung für dringend notwendig.
Ablauf der Studie
Aber zurück auf Anfang: „Jugend in Deutschland“ untersucht, inwiefern sich die Weltsituation auf junge Menschen auswirkt. Im Halbjahresabstand befragt der Jugendforscher Simon Schnetzer gemeinsam mit dem Soziologen Prof. Dr. Klaus Hurrelmann von der Hertie School Berlin deutschsprachige 14- bis 29-Jährige über ein Onlineportal. Zusätzlich gibt es Gruppeninterviews zu aktuellen Trendthemen. Insgesamt wurden diesen Oktober 1.027 junge Menschen befragt. Es ist bereits das fünfte Mal, dass die Studie durchgeführt wurde. Alle Auswertungen bauen aufeinander auf, sodass Veränderungen deutlich gemacht werden können. Unterstützung erhielt das Projekt von Kilian Hampel. Er ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Konstanz.
Größte Sorgen der jungen Generation
Dieses Mal bestätigt die Studie Ängste junger Menschen, dass der Wohlstand in Deutschland endet. Derzeit werden Lebensqualität, wirtschaftliche Lage, gesellschaftlicher Zusammenhalt und politische Verhältnisse deutlich schlechter empfunden als noch vor einem halben Jahr. Parallel dazu sinken die Erwartungen an die Zukunft. Als größte Sorge geben die jungen Menschen in der Trendstudie mit 71 Prozent die Inflation an. Darauf folgten Krieg in Europa mit 64 Prozent sowie Klimawandel mit 55 Prozent. Auch die Wirtschaftskrise, die Energieknappheit und Altersarmut erreichen Werte um die 50 Prozent. Auf den Krieg in der Ukraine bezogen befürchten mehr als zwei Drittel der jungen Generation Preissteigerungen und Geldabwertung sowie steigende Energie- und Rohstoffpreise. 44 Prozent sorgen sich außerdem um eine Zunahme von Geflüchteten. Außerdem herrscht die Angst, dass sich der Krieg auf Deutschland ausweitet. Zwar befürchtet nur eine Minderheit, selbst ins Kriegsgeschehen einbezogen zu werden, doch die Situation in der Ukraine geht nicht spurlos an den 14- bis 29-Jährigen vorbei.
Auswirkungen finanzieller Sorgen
Vor allem bei Nahrungsmitteln sowie Strom und Gas macht sich die Inflation bemerkbar. Zwar leben einige der Befragten noch bei ihren Eltern und können die Situation dadurch abfedern, doch insgesamt ist von Belastung die Rede. Unter den Studierenden beschreiben 78 Prozent Probleme durch steigende Strom- und Gaspreise. Bei Schülerinnen und Schülern sind es immerhin 65 Prozent. 20 Prozent der Befragten geben außerdem Schulden an.
Dementsprechend haben sich auch die Ansprüche an die eigene Zukunft geändert. Als größter Anspruch an den Beruf steht mit 60 Prozent Geld. Der Abstand zu Spaß (43 Prozent) und dem Erreichen von Zielen (33 Prozent) ist groß. Mit knapp über 20 Prozent Zustimmung folge die Sinnhaftigkeit der Arbeit sowie Anerkennung. „[Geld steht] in Zeiten der Krisen für Sicherheit und stellt für viele die Grundvoraussetzung für Leistungsmotivation dar“, erklärt Studienautor Schnetzer.
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