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Familie in der Ukraine: Wenn die Verwandten plötzlich im Kriegsgebiet leben

Familie in der Ukraine: Wenn die Verwandten plötzlich im Kriegsgebiet leben
Foto: Alex Brandon/AP/dpa

Margarita Medvedev (17) fürchtet um ihre Familie. Ihr Vater kommt aus Kiew, ihre Mutter aus Charkiw. Nicht alle Verwandten konnten aus der Ukraine fliehen. Sie hat MADS erzählt, was der Krieg für sie und ihre Familie bedeutet.


Niemand meiner Familie hatte ernsthaft mit diesem Krieg gerechnet. Obwohl die Lage über Wochen hinweg angespannt war, war meine Familie nicht auf eine derartige Eskalation vorbereitet. Als der Krieg dann in der Nacht ausbrach, war meine Verwandtschaft in der Ukraine mittendrin. 

Eine Flucht ist nicht für jeden möglich

Meine Oma wohnt in Charkiw, der zweitgrößten Stadt nach Kiew. Damit ist sie besonders von russischen Angriffen bedroht. Ein lauter Knall holte sie in der ersten Kriegsnacht aus dem Schlaf, wie sie uns später berichtete. Schon am folgenden Morgen konnte sie mit Freunden an die polnische Grenze fahren. Allen war klar: Eine Flucht musste schnell erfolgen, bevor die Bombardierungen mehr werden würden. In Polen haben meine Eltern sie abgeholt, seitdem wohnt meine Oma bei uns. 

Margarita und ihre Familie erreichen immer wieder Fotos von zerstörten Orten in der Ukraine. Foto: Efrem Lukatsky/AP/dpa

Doch nicht alle meine Verwandten konnten die Ukraine bereits verlassen. Meine Cousine befindet sich momentan bei Freunden in einem Vorort etwas außerhalb von Kiew. Zurzeit scheint es dort noch sicherer zu sein als in der Hauptstadt. Da ihre Eltern nicht aus dem Land können, möchte sie ebenfalls bleiben. Ihr Vater ist unter 60, weshalb er die Ukraine nicht verlassen darf. Die Mutter will bei der 90-jährigen Oma meiner Cousine bleiben, die aus gesundheitlichen Gründen nicht reisen kann. Natürlich versuchen wir, in ständigem Kontakt mit ihr und unseren Freunden in der Ukraine zu bleiben. Regelmäßig erzählen sie uns von Explosionen oder schicken Bilder von Zerstörungen. 

Ukraine: Zwischen Trauer und Solidarität

Während ich in Deutschland geboren bin und mein Leben in Hannover stattfindet, musste meine Oma ihres in der Ukraine zurücklassen. Aus diesem Grund ist es für sie viel emotionaler und belastender, wenn uns Bilder von zerstörten Stadtteilen erreichen. Immer wieder erkennt sie Orte wieder, die sie noch vor Kurzem täglich besucht hat. Damals ahnte sie ja nicht, dass diese einst in Trümmern liegen werden. Unter den Bildern ist auch die nun von Bomben zerstörte Fabrik, in der sie den Großteil ihres Lebens gearbeitet hat. Trauriger ist es noch, wenn einer ihrer Freunde in der Ukraine verletzt wird. Auch das musste sie leider schon erfahren.

Besonders stark zeigt sich der Zusammenhalt der ukrainischen Gemeinschaft in diesen Tagen. Jeder ist bereit, Geflüchtete bei sich zu Hause aufzunehmen. Auch wir haben neben meiner Oma noch eine weitere Frau vorübergehend bei uns untergebracht. Noch nie zuvor habe ich meine Eltern so engagiert erlebt. Zusammen mit vielen anderen Freiwilligen verpacken wir Sachspenden, die ein Kollege meines Vaters direkt zur polnisch-ukrainischen Grenze fährt. Meine Mutter leistet zudem als Dolmetscherin Hilfe. 

In ganz Europa gehen Menschen auf die Straße, um gegen den Krieg zu demonstrieren. Foto: Imago

Dieser Krieg ist für alle angsteinflößend, am schlimmsten ist er jedoch für diejenigen, die aus der Ukraine flüchten mussten oder noch im Land sind. Deshalb freut sich meine Familie sehr über die Solidarität, die viele auf Demonstrationen zeigen. Doch viel bedeutsamer ist die Bereitschaft der Menschen in Europa zu helfen, wo es nur geht. 

Aufgezeichnet von Maja Walkowiak


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Über den Autor/die Autorin:

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