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Die Referendarin: Tag eins im neuen Job

Die Referendarin: Tag eins im neuen Job
Foto: Unsplash/Amelie Rook

Helena (26) ist eine von rund 30.000 Lehramtsanwärtern in Deutschland. Was passiert eigentlich hinter der sagenumwobenen Lehrerzimmertür? Wie ist es, Schülerinnen und Schüler zu unterrichten, die nur ein paar Jahre jünger sind als man selbst? Und wie kommt Helena mit dem Druck klar? Davon erzählt sie – unter Pseudonym – in ihrer MADS-Kolumne: die Referendarin.


„Entschuldige“, spricht mich eine Lehrerin an, „das hier ist der Gang für die Sekundarstufe II. Bist du schon in der Oberstufe?“ Verdutzt schaue ich sie an, mein Mund klappt auf. Das sieht meine Kollegin hinter meiner FFP2-Maske jedoch nicht und wartet auf eine Antwort. Dreimal wurde ich am ersten Tag an meiner neuen Schule für eine Schülerin gehalten.

Es heißt, eine neue Schule nach dem Referendariat sei von Vorteil, weil ich dort nicht mehr ewig als Auszubildende gelte. Bisher habe ich aber mit ganz anderen Dingen zu kämpfen – als eine Schülerin durchgehen, ist nur ein Aspekt. Körperlich ist die volle Stelle ein anderes Level. Mittwochs falle ich regelmäßig nach den acht Stunden ins sogenannte Lehrerkoma. Ich brauche ein 30-minütiges Schläfchen, um mich von vier Stunden Sport und zwei Stunden Hausaufgabenbetreuung in der fünften Klasse zu erholen. 

Dazu kommt das Organisationschaos mit neuen Mailprogrammen, unbekannten Abkürzungen für Räume und der zu planende Unterricht. Das sind nicht mehr zehn, sondern 24 Stunden – was für ein Stress. Leider kann ich meine Vorbereitungszeit nicht verdoppeln und Nachtschichten schieben, sondern muss von Qualität auf Quantität umschwenken.

Bauchschmerzen, lange Abende, aber auch Spaß

Die geplanten Stunden sind lange nicht so ausgearbeitet wie im Referendariat. Das bereitet mir Bauchschmerzen – und am Ende doch den einen oder anderen langen Abend. Denn noch kann ich mich nicht davon lösen, eigene Aufgaben und Arbeitsblätter zu erstellen und immer den interessantesten Weg für die Schülerinnen und Schüler zu suchen.

Aber: Es macht auch Spaß. Im Sportunterricht spiele ich zum Abschluss spontan Zombieball mit den Fünfern, in Deutsch sprechen wir ausgehend von einem 800 Jahre alten Gedicht über Slutshaming. Einfach weil ich Zeit habe und mir nicht der nächste Unterrichtsbesuch im Nacken sitzt. 

Langsam dringt es zu mir durch: Ich bin fertig. Nach siebeneinhalb Jahren habe ich mein Ziel erreicht. Ich freue mich auf den neuen Lebensabschnitt. Aber ich habe auch Angst: Der Antrieb für mein ständiges Lernen fällt plötzlich weg. Worauf arbeite ich nun hin? Das werde ich herausfinden müssen. 

Liebe Leserinnen und Leser, mit dem Abschluss meines Referendariats endet auch diese Kolumne. Es war eine spannende Zeit!

Von Helena Fischer


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Über den Autor/die Autorin:

MADS-Team

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