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Die Referendarin: Im Bewerbungsstress

Die Referendarin: Im Bewerbungsstress
Foto: Amelie Rook/Unsplash.com

Helena (26) ist eine von rund 30.000 Lehramtsanwärtern in Deutschland. Was passiert eigentlich hinter der sagenumwobenen Lehrerzimmertür? Wie ist es, Schülerinnen und Schüler zu unterrichten, die nur ein paar Jahre jünger sind als man selbst? Und wie kommt Helena mit dem Druck klar? Davon erzählt sie – unter Pseudonym – in ihrer MADS-Kolumne: die Referendarin.


„Frau Fischer, übersetzen Sie bitte ,res publica‘ aus dem Lateinischen.“ Überrascht runzle ich die Stirn. Was ist das für eine Frage an eine Deutsch- und Sportlehrerin? Innerlich krame ich in meinen nicht vorhandenen Lateinkenntnissen. „Irgendwas mit Öffentlichkeit“, antworte ich dem Schulleiter, an dessen Gymnasium ich mich auf eine Stelle bewerbe.

Obwohl meine Prüfung noch nicht stattfand, ist der Bewerbungsprozess schon gestartet. Auf einer zentralen Plattform werden alle Stellen ausgeschrieben. Ähnlich wie in der freien Wirtschaft müssen wir uns darauf bewerben und im Gespräch durchsetzen. Anders ist nur, dass es einen festen Bewerbungszeitraum gibt. Wegen meiner Fächerkombination konnte ich mich – absoluter Luxus – auf sechs Stellen in meiner Stadt bewerben. Das hieß jedoch auch: vier Vorstellungsgespräche an einem Tag, zwei am nächsten. Im dritten Gespräch konnte ich von „Warum wollen Sie Lehrerin werden?“ zu „Warum interessieren Sie sich für unsere Schule?“ selbst überleiten. Im Flow stiefelte ich zu Schule vier. Fast schwärmte ich der Schulleitung dort von ihrem Kenia-Austausch vor – den jedoch Schule fünf anbietet. Das war knapp.

Schwere Entscheidung

Am Ende der Bewerbungsrunde erstellen die Schulen ein Ranking ihrer Kandidatinnen und Kandidaten und wollen so schnell wie möglich eine Unterschrift. Doch was tun, wenn sich meine Lieblingsschule noch nicht gemeldet hat, die anderen aber verlangen, dass ich mich heute noch entscheide? Woher weiß ich, welche Schule die richtige für mich ist? Als dann ein Mitreferendar anrief und sagte, dass die Stelle an Schule eins seine einzige Option auf einen Job sei und ich sie doch bitte nicht annehmen solle, war das Chaos perfekt.

Am Ende ist keiner von uns an dieser Schule gelandet. Er hat eine andere Stelle gefunden. Ich habe mich für die Schule entschieden, die ich mit dem Rad erreichen kann, die ein sehr junges Kollegium hat und bei der ich ein gutes Bauchgefühl hatte, als ich das erste Mal durch die Flure gegangen bin – trotz der kuriosen Lateinfrage im Bewerbungsgespräch. Ob es die richtige Entscheidung war, wird sich zeigen.

Von Helena Fischer


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Über den Autor/die Autorin:

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