Die Corona-Pandemie lehrt uns im Warten – oder auch nicht
Wegen der Pandemie heißt es immer wieder warten: erst auf den Impfstoff, dann auf den dazugehörigen Plan und jetzt auf das Ergebnis der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA). Das führt zu Frustration und Ratlosigkeit. Ein Erfahrungsbericht.
Zurzeit wird der Impfstoff Astrazeneca von der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) untersucht. Denn er steht im Verdacht gefährliche Thrombosen auszulösen. Demnach ist, meiner Meinung nach, die Entscheidung von Gesundheitsminister Jens Spahn richtig. Er hört auf das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) und lässt das Vakzin vorerst nicht weiter impfen. Jedoch führt diese Entscheidung zu Verwirrung und Angst.
Nebenwirkungen von Astrazeneca waren bekannt
Die Menschen, die bereits eine Dosis von dem britisch-schwedischen Impfstoff erhalten haben, wissen nicht, wann und ob sie überhaupt eine zweite Dosis vom gleichen Hersteller bekommen. Meine Mutter gehört zu diesen Personen. Sie ist 55 Jahre alt und arbeitet in einer Grundschule. Gemeinsam mit ihren Kolleginnen und Kollegen wurde sie am vergangenen Samstag geimpft. An dem Tag ging es ihr gut, darüber war sie selber erstaunt. Denn wir wussten, dass heftige Nebenwirkungen auftreten können. Somit stießen wir gut gelaunt am Abend an: Endlich geht es voran, die Sicherheit rückt näher, der Lockdown hat bald ein Ende.
In der Nacht bekam sie starke Gliederschmerzen, Schüttelfrost, Kopfschmerzen, Schwindelgefühl und Fieber. Andere Kolleginnen hatten ähnliche Symptome. Große Sorgen haben wir uns aber nicht gemacht, da sie über die Nebenwirkungen aufgeklärt wurde. Zudem wissen wir, dass solche Reaktionen ein gutes Zeichen sind, weil sie eine starke Immunantwort des Körpers zeigen. Am Montag fühlte sie sich immer noch nicht fit genug für die Arbeit, so war es auch bei einigen anderen Kolleginnen und Kollegen. Die Grundschule bat daher Notbetreuung an.
Corona ist weiter auf dem Vormarsch
Am Dienstag wurden dann die Impfungen mit Astrazeneca ausgesetzt, die Termine verschoben oder abgesagt. Das Coronavirus ist also weiter auf dem Vormarsch. Und die Enttäuschung bei den Menschen über die regierenden Politiker wird immer größer. Auf Twitter fordern sogar einige unter #WirwollenKarl den Rücktritt von Gesundheitsminister Jens Spahn.
Dabei hatte er keine andere Wahl, als den umstrittenen Wirkstoff vom Markt zu nehmen. Jeder weitere Todesfall in Verbindung mit dem Vakzin wäre ihm zur Last gelegt worden – und dann wären die Rufe nach Konsequenzen noch lauter.
Das Warten fällt schwerer
Die EMA will die Entscheidung über Astrazeneca am Donnerstag fällen. Und somit müssen wir warten. Das sollten wir aufgrund der einjährigen Pandemie eigentlich bereits kennen. Doch das Warten fällt von Tag zu Tag schwerer. Denn neben dem Warten mischt sich noch ein weiteres Gefühl unter: Die Angst davor, dass der Astrazeneca-Impfstoff als zu unsicher bewertet wird. Die Folge könnte sein, dass der Impfplan nicht wie geplant umgesetzt werden kann und der eigene Termin in weitere weite Ferne rückt.
Meine Großeltern sind über 80 und wurden bereits geimpft. Meine Mutter wurde geimpft, weil sie in der Grundschule arbeitet. Als sie ihre Spritze bekam, war ich zuversichtlich, dass ich mit meinen 29 Jahren noch in diesem Jahr die Impfung bekomme. Doch nun spüre ich Frustration und Ratlosigkeit. Denn die Wahrscheinlichkeit, dass wir jungen Menschen noch in diesem Jahr geimpft werden, wird immer geringer.
Von Ann Kathrin Wucherpfennig
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