„Barbie“: Überdreht und doch erschreckend realitätsnah
Die heißersehnte „Barbie“-Realverfilmung ist endlich da und sorgt für volle Kinosäle. Zurecht, denn der Film begeistert mit treffsicheren Pointen, beeindruckender Bildsprache, aber auch tiefgründiger Gesellschaftskritik, meint MADS-Autor Jeffrey.
Seit mehr als 70 Jahren ist die Barbie-Puppe fester Bestandteil vieler Kinderzimmer und war dabei immer ein Abbild des jeweiligen Zeitgeists. Anfangs, bekleidet mit eleganten Kleidern aus Brokat oder Seide, ein Spielzeug für die Wohlhabenden, wurde die Puppe später bezahlbar für alle und trug bunte Disco-Outfits oder das, was eben gerade im Trend war. Sie stand dabei nicht selten in der Kritik: Zu weiß, zu dürr, zu oberflächlich sei sie. Hersteller Mattel reagierte auf die Kritik, und so gibt es die Puppe mittlerweile mit verschieden Körperformen, mit Hidschab oder als Darstellung bedeutender weiblicher Persönlichkeiten wie Amelia Earhart und Frida Kahlo. Nun schafft die Lieblingspuppe vieler Kinder erstmals als Realverfilmung den Sprung auf die Kinoleinwand. Zwar erschienen bereits seit 2001 „Barbie“-Filme, diese sind allerdings animiert und wurden nur auf DVD veröffentlicht.
„Barbie“ spielt mit gesellschaftlichen Rollenbildern
Vorweggesagt: Wer mit pastellfarbener Ästhetik, ganz viel Pink und überzogenem Schauspiel nichts anfangen kann, der wird vermutlich nach der Vorstellung den Kinosaal so schnell wie möglich verlassen wollen. In dem Film leben Barbie (Margot Robbie) und Ken (Ryan Gosling) in „Barbieland“, einer komischen Parallelwelt basierend auf der Spielzeugkollektion. Als Barbie allerdings Veränderungen an sich bemerkt, muss sie zusammen mit Ken in die echte Welt reisen, um den Grund dafür herauszufinden.
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„Barbie“ spielt dabei mit den gesellschaftlichen Rollenbildern, verdreht und überzieht diese auf den ersten Blick teilweise sehr unrealistisch. Bei genauerem Nachdenken erkennt man dann doch, wie realitätsnah die Kritik dahinter ist – und erschreckt. Die Kritik ist sehr humorvoll verpackt und damit leicht verdaulich. Dazu passt das schrille Schauspiel der Besetzung, besonders Margot Robbie überzeugt, ohne sie könnte man sich den Film gar nicht vorstellen.
Bei Ryan Gosling wirkt die durchgeknallte Rolle zuerst etwas ungewohnt. Schließlich ist er aus anderen Filmen für sein zurückgenommenes, teils kühles Schauspiel bekannt. Doch dieser fast unbequeme Kontrast passt perfekt zur Grundstimmung des Films, der Ästhetik und Kritik bestens vereinen kann. Feminismus findet nämlich auch in der beeindruckenden Bildsprache von Regisseurin Greta Gerwig seinen Platz – „every frame a painting“ ist hier keine Übertreibung.
Kleiner Tipp zum Schluss: Schnell hat sich ein inoffizieller Dresscode zum „Barbie“-Kinobesuch etabliert. Und der lautet natürlich: pink.
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