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Kommentar: Warum Bafög in der Krise wenig hilft

Kommentar: Warum Bafög in der Krise wenig hilft
Foto: Unsplash/Annie Spratt

Inflation und globale Krisen bringen steigende Mieten und Lebenshaltungskosten – auch für Studierende. Wer an der Uni ist, schlägt sich mit Nebenjobs oder Unterstützung der Eltern durch. Die augenscheinliche Lösung: Bafög. Doch das reicht nicht, meint MADS-Autor Ben.


Erst die Corona-Pandemie, dann der russische Angriffskrieg auf die Ukraine und in der Folge immer weiter steigende Energie- und Lebenshaltungskosten. Diese Entwicklungen treffen junge Menschen besonders hart. Wer sich in Ausbildung oder Studium befindet, hat oft kein oder nur ein geringes Einkommen und ist auf Unterstützung der Eltern angewiesen. Auch die sind allerdings von der Energiekrise und allgemeinen Preissteigerungen betroffen. Dazu kommt, dass gerade in Großstädten und kleinen Studienorten mit geringem Wohnungsangebot die Mieten seit Jahren steigen. Der Druck auf die Politik wächst, geeignete Mittel bereitzustellen, die Situation zu verbessern und im Sinne der sozialen Gerechtigkeit nicht nur denen ein Studium zu ermöglichen, die es sich leisten können.

Einmalzahlungen: Keine langfristige Lösung

Die viel diskutierte 200-Euro-Einmalzahlung ist dafür nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Einerseits ließ sie lange auf sich warten, und der Beantragungsweg ist unnötig kompliziert. Zusätzlich ist die Zahlung eben, wie ihr Name schon sagt, eine einmalige Hilfsleistung. Das ist aller Ehren wert, nur eben keine dauerhafte Lösung für die langfristigen strukturellen Probleme. Wirft man einen Blick auf die Unterstützungsmöglichkeiten für Studierende, wird schnell klar: Das Bundesausbildungsförderungsgesetz, kurz Bafög, wäre das geeignete Mittel, eine große Anzahl junger Menschen in der aktuellen Situation zu unterstützen. Das Absurde: Trotz Bafög-Reformen erhalten immer weniger Studierende die Ausbildungsförderung.

Bafög: Zahlen stagnieren

Schaut man sich die Zahlen an, ist seit 2012 ein klarer Abwärtstrend zu erkennen. Mit der Reform im vergangenen Jahr wurde die Zahl der Berechtigten etwas vergrößert, die Höchstsätze wurden angepasst. Der große Wurf ist die Reform trotzdem nicht: In Berlin beispielweise erhielten sogar weniger Studierende die Ausbildungsförderung, wie der „Tagesspiegel“ berichtet. Kein Vergleich zu vergangenen Zeiten. Bekamen 1973 noch 47 Prozent der Studierendenschaft Bafög, sind es heute gerade einmal elf Prozent. Die Zahl der Studierenden wächst, die absolute Zahl der durch Bafög Geförderten stagniert. Dazu kommen eine undurchsichtige Antragsstellung und lange Bearbeitungszeiten. Und auch wer es schafft und endlich eine Bewilligung erhält, kann oft trotzdem nicht ohne finanzielle Sorgen durchs Studium gehen, denn nur etwa die Hälfte der Bafög-Empfängerinnen und -Empfänger erhält tatsächlich den Höchstbetrag. Der Rest muss mit einer Teilförderung zurechtkommen – und sich so oft trotzdem um knappe Nebenjobs bemühen.

Studierendenvertretungen fordern elternunabhängige Unterstützung

Klar, es ist nicht alles schlecht am Bafög. Vielen jungen Menschen ermöglicht die Förderung ein Studium. Ebenso gibt sie, selbst wenn nur eine Teilförderung gewährt wird, eine gewisse finanzielle Sicherheit. Von einem wirksamen Mittel gegen soziale Ungleichheit, steigende Mieten und immer höhere Lebenshaltungskosten ist sie dennoch weit entfernt. Statt sich an der Debatte um die 200-Euro-Einmalzahlung aufzuhängen, muss die Politik langfristige Hürden problematisieren. Das wäre ohne große Umsetzungsschwierigkeiten anstelle einmaliger Hilfsleistungen durch eine dauerhafte Ausweitung oder Elternunabhängigkeit des Bafög möglich, wie sie auch viele Studierendenvertretungen schon lange fordern. Statt komplizierten Einzelmaßnahmen braucht es jetzt eine schnelle Reform, die ihren Namen verdient. Nur so kann die Situation von Studierenden, auch in Zeiten hoher Inflation und eines ohnehin schon angespannten Wohnungsmarkts, effektiv und langfristig verbessert werden.

Von Ben Bresgott


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Über den Autor/die Autorin:

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