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Auf Nimmerwiedersehen: Videochat-Website Omegle ist down

Auf Nimmerwiedersehen: Videochat-Website Omegle ist down
Foto: Unsplash/John Schnobrich

Nach 14 Jahren geht die Website Omegle, auf der Userinnen und User per Zufall mit Fremden zum Videochatten verbunden wurden, vom Netz. Trotz Millionen von Nutzerinnen und Nutzern trauert der Seite öffentlich kaum jemand nach.


Selten sammeln sich unter Meldungen zur Schließung einer populären Website so viele Kommentare, die den Abschied feiern, wie aktuell im Fall der Videochat-Website Omegle. Nur sehr wenige Userinnen und User erinnern sich an lustige Chats zurück oder versinken in nostalgischen Erzählungen von ihren ersten Erfahrungen mit der Website. Vereinzelt berichten Nutzende davon, Seelenverwandte auf Omegle gefunden zu haben, ein paar mehr geben zu, dass sie sich häufig Compilations von lustigen Omegle-Videochats angesehen haben.

Gründer spricht über virtuelle Freiheit

Aufrichtige Trauer oder gar Empörung über den Shutdown ist jedoch kaum zu finden. Die einsame Ausnahme ist die einstige Startseite der Chatplattform: Wer sie jetzt aufruft, sieht das Bild eines Grabsteins mit der Inschrift „Omegle 2009-2023“. Darunter wendet sich der Gründer, Leif K-Brooks, in einem langen Brief an die ehemaligen Userinnen und User. Darin erzählt er von seinem großen Traum: einen virtuellen Ort zu kreieren, an dem Menschen einander begegnen und ohne Hindernisse miteinander ins Gespräch kommen können.

Heute sieht der Gründer, der den Chatdienst als 18-Jähriger launchte, diesen Ort destruktiven Angriffen ausgesetzt und stilisiert die Schließung der Website zu einer Gefahr für die virtuelle Freiheit eines jeden Einzelnen – konkreter wird er nicht. Laut seiner Aussage wird Omegle eingestellt, weil er als Freiheitskämpfer an seine Grenzen gestoßen ist. Die Seite unter diesen Umständen weiter zu betreiben sei für ihn weder finanziell noch mental tragbar.

Omegle als „Himmel für Pädophile und Voyeure“

Dass kaum jemand diese Ansicht teilt, liegt wohl daran, dass Omegle für die meisten moralisch schon immer untragbar war. Bis 2022 lag die offizielle Altersbegrenzung bei 13 Jahren – obwohl bekannt war, dass Erwachsene die Plattform auch nutzten, um Kinder sexuell zu belästigen, zu groomen und zu missbrauchen. Medieal wurde Omegle unter anderem als „Himmel für Pädophile und Voyeure“ bezeichnet: Allein 2021 und 2022 wurde Omegle laut einer Recherche der BBC in mehr als 50 Verfahren gegen Pädophile weltweit erwähnt.

Die Möglichkeit, andere Teilnehmende zu melden, schien das Problem kaum einzudämmen. Trotzdem drohten der Website erst 2021 ernstzunehmende Konsequenzen: Erstmals wurde die Plattform für ihr Nutzungsdesign und den damit einhergehenden fehlenden Jugendschutz angezeigt. Eine 21-jährige US-Amerikanerin forderte von Omegle 22 Millionen Dollar, weil sie jahrelang online von einem Mann missbraucht worden sei, dem sie als Elfjährige erstmals auf der Website begegnet sei. Damit wurde Omegle offiziell beschuldigt, durch seinen Aufbau sexualisierte Begegnungen zwischen Menschen jeden Alters zu fördern und es damit wahrscheinlich zu machen, dass Kinder auf Täter und Täterinnen treffen. Mehr noch: Omegle würde auch direkt von dieser Art des Missbrauchs profitieren, so der Vorwurf. Als erste Reaktion auf die Forderungen erhöhte Omegle das Mindestalter im Jahr 2022 auf 18 Jahre. Als finale Reaktion geht die Website nun vom Netz.

Gescheiterte Bemühungen

Obwohl K-Brooks in seinem Abschiedsbrief behauptet, hinter den Kulissen stets einen enormen Aufwand betrieben zu haben, um den Missbrauch auf seiner Website zu verhindern, und mit strafverfolgenden Behörden so gut wie möglich zusammenzuarbeiten, ist eins offensichtlich: Am Ende hat er es nicht geschafft, seine Vorstellung von einem freien Begegnungsort mit funktionierendem Kinder- und Jugendschutz zu vereinbaren.

Von Luna Gebauer


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