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Mascara als Codewort auf Tiktok: Was steckt dahinter?

Mascara als Codewort auf Tiktok: Was steckt dahinter?
Foto: Solen Feyissa von Unsplash

Unter dem Hashtag #MascaraTrend berichten derzeit viele Frauen auf Tiktok von ihren Erfahrungen mit Mascara. Gemeint ist damit aber nicht das Beauty-Produkt. Es ist ein Codewort, um auf sexuellen Missbrauch aufmerksam zu machen, ohne von der Plattform gesperrt zu werden. Doch ist das der richtige Weg?


Auf Tiktok geht derzeit der #MascaraTrend viral. Mehr als 117 Millionen Aufrufe hat der Hashtag auf Tiktok bereits, und es werden täglich mehr. Aber: „It’s not about Mascara“, wie oftmals in den Videos zu lesen ist.

Auf den ersten Blick mag es kryptisch erscheinen, wenn es heißt: „Ich hatte eine Weile Probleme damit, Mascara zu tragen aber es wird besser“ oder „Ich habe den besten Mascara gefunden, aber er hat sich verändert und ließ meine Wimpern ausfallen, und jetzt weiß ich nicht, ob ich jemals wieder einem anderen Mascara vertrauen kann“.

„Mascara“ ist ein Codewort

Doch dahinter steckt eine tiefere Botschaft. Denn das Beautyprodukt für die Augen ist ein Codewort und wird meist von Frauen verwendet. Oftmals steht Mascara in den Tiktok-Videos für sexuellen Missbrauch, den die Personen in ihrem Leben erfahren haben. Andere verwenden das Wort aber auch für toxische Beziehungen oder im positiven Sinne für den aktuellen Partner. In den Kommentaren teilen einige andere Nutzerinnen und Nutzer ebenfalls ihre Erfahrungen. Für sie ist es ein Zeichen, damit nicht allein zu sein.

Auch Autorin und Feministin Sophie Passmann hat den Trend entdeckt und ein Video dazu hochgeladen.

Dabei sind es nicht ausschließlich Frauen, die davon betroffen sind. Längst haben sich auch Männer getraut, ihre Geschichte öffentlich zu machen.

@kaydenxcoleman

This isn’t about mascara. 💔

♬ constellations by duster – ‍

Auch andere Wörter wie Mascara Wand, Lashes oder Tube werden als Codewörter genutzt und sind Metaphern, um über das Sexleben oder die Beziehung und Gefühle zu schreiben. Als Musik für die Videos wird das Lied „Constellations“ von Duster genutzt. Mit der langsamen und traurig klingenden Melodie des Liedes wird das Thema musikalisch untermalt. Der Sound bleibt im Ohr. Auch auf Instagram ist der Trend inzwischen zu sehen.

Dass das Codewort aber nicht immer direkt verstanden wird, zeigt Julia Fox, an der der Mascara-Trend zunächst vorbei gegangen ist. Unter einem Video einer Userin, die das Codewort für einen sexuellen Übergriff nutze, kommentierte Fox, dass die Userin ihr nicht leidtue. Daraufhin waren viele ziemlich erschüttert, bis die Ex-Freundin von Kanye West klarstellte, dass sie keine Ahnung von dem Trend hatte und es ihr sehr leid tue.

Zensur bei Tiktok

Doch warum sind die Codewörter überhaupt nötig? Tiktok präsentiert sich als familienfreundliche Plattform und hat strenge Richtlinien. Auch in anderen Medien gab es bereits häufig Kritik daran, dass viele Wörter, die nicht in die Welt der Plattform passen, gesperrt werden. Dadurch fallen unter anderem Themen über Sex, LGBTQ und ähnliches weg. Viele Jugendliche wollen sich aber auf Tiktok austauschen und ihre persönlichen Erfahrungen auch über sensible Themen teilen. Damit das möglich ist, verwenden sie Codewörter.

Falsche Plattform für sensible Themen

Social-Media-Experte Hendrik Unger kennt den Mascara-Trend. Er hält Tiktok aber für die falsche Plattform, um über ein so sensibles Thema wie sexuellen Missbrauch zu sprechen. Er gibt zu bedenken, als was Tiktok eigentlich gedacht ist und wo der Ursprung der App liegt. Nämlich: als Spaßplattform mit Tanz- und lustigen Tiervideos.

„Da muss man sich die Frage stellen, ob die Botschaft dort richtig platziert ist“, sagt Unger. Zwischen einem Burritorezept und einer tanzenden Oma würden persönliche Erfahrungen zu solchen Themen zu kurz kommen, meint er. Zudem erweckten die Videos ohne Kontext oft den Anschein, dass leichtfertig mit ernsten Themen umgegangen werde.

Social-Media-Experte Hendrik Unger. Foto: 36grad Kreativagentur

Ihm fehlen Hintergründe und tiefergehende Informationen zu dem Thema und vor allem der intensive Austausch mit anderen. In den Kommentaren sei dies nur selten der Fall. Seiner Meinung nach sollten sensible Themen auf anderen Plattformen aufgegriffen werden. So könnte das Thema Missbrauch mittels Fotoreihen oder Text-Bild-Kombinationen beispielsweise auf Instagram vielfältiger behandelt werden. Auch bei persönlichen Erfahrungen könnten die Nutzerinnen und Nutzer dort besser in den Dialog miteinander treten. Das sei ergiebiger als in einem Zehn-Sekunden-Video. Tiktok bietet mit einer großen Reichweite zwar einen Ort für die Info, allerdings ohne dabei in die Tiefe zu gehen.

Tiktok könnte auch Codewörter verbieten

Dass die Bedeutung oder die Schreibweise von Wörtern auf Tiktok verändert wird, ist allerdings nicht neu. So ist bereits das Wort „Sex“ durch „seggs“ ersetzt worden, damit es nicht gesperrt wird. Hendrik Unger zufolge werde der Trend mit den Codewörtern weitergehen. „Irgendwann könnte es auch sein, dass auch diese vom Algorithmus erkannt und eingeschränkt werden“, meint er. „Stellt sich nur die Frage, wer schneller ist.“

von Gina Henning


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