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Artemis Bookshop: Leonie (27) eröffnet einen queeren Buchladen

Artemis Bookshop: Leonie (27) eröffnet einen queeren Buchladen
Foto: Unsplash/Tom Hermans

Der Artemis Bookshop in Aachen soll ein Buchladen für queere und feministische Literatur sein – und ein Safespace für Mitglieder der LGBTQ+-Community. Inhaberin Leonie Reißmann hat MADS erzählt, wie sie sich den Laden vorstellt. In wenigen Tagen ist die Eröffnung.


Angefangen hat alles mit einem Tweet. „Der sagte, jeder queere Mensch wolle eine Buchhandlung aufmachen und einen Safespace für die Community schaffen“, erzählt Leonie Reißmann aus Aachen. Sie fühlte sich angesprochen. Also beschloss die 27-Jährige, ihren Wunsch Wirklichkeit werden zu lassen. Das war Anfang des Jahres. Am 1. Oktober eröffnet sie ihren Artemis Bookshop. Queere Buchläden gibt es bereits in einigen deutschen Städten, vor allem in Berlin, Hamburg und Köln. In Aachen ist es der erste.

Foto: Leonie Reißmann

„Ich finde es einfach schade, dass große Buchhandlungen häufig nur ein kleines Regal mit queeren Büchern anbieten“, sagt Leonie, die selbst lesbisch ist. „Das sind dann immer die gleichen zehn Titel, die durcheinander im Regal stehen.“ Zwar könne man sich auch andere Bücher in die Buchhandlung liefern lassen, doch dabei gehe das Einkaufserlebnis verloren, so Leonies Kritik. „Ich persönlich liebe es einfach, ein bisschen zu stöbern. Und genau das möchte ich auch Kundinnen und Kunden der queeren Literaturszene ermöglichen.“ Von Kategorien wie „Women Loving Women“ und „Men Loving Men“, über Transgender- bis hin zur Nonbinary-Literatur soll alles dabei sein.

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„Ich möchte aber nicht nur einen Buchhandel betreiben, sondern einen Ort der Begegnung schaffen“, sagt Leonie. So soll es in ihrem Laden Sitzecken zum gemeinsamen Entspannen, eine Studierecke und frischen Kaffee geben. „Außerdem will ich queere Künstlerinnen und Künstler unterstützen und gemeinsame Workshops ermöglichen.“

Als Quereinsteigerin in die Branche

Als sie anfing, sich mit dem Thema zu beschäftigen, stellte sie fest: „Eigentlich braucht es nur einen guten Business- und Finanzplan, um eine Buchhandlung zu eröffnen.“ Um diesen zu schreiben, besuchte Leonie mehrere Seminare. Erfahrung bringt sie aus ganz unterschiedlichen Bereichen mit. Leonie brach zwei Studiengänge (Fitnessökonomie sowie Sozialwissenschaften und Gender Studies) und eine Ausbildung zur Tischlerin ab, arbeitete als Personal Trainerin und Barista. „Ich habe zwar eigentlich schon alles gemacht, aber im Bereich Buchhandel bin ich Quereinsteigerin“, sagt sie und lacht. Allerdings sieht sie auch Vorteile in ihrem Werdegang: „Dadurch, dass ich schon so viel gemacht habe, fühle ich mich voll in der Lage, dieses Projekt zu starten.“

Auch stehen Leonies Eltern ihr unterstützend zur Seite. Besonders ihr Vater habe das Potenzial der Idee erkannt. „Er meinte sofort, dass die Idee toll ist und ich damit einen Nerv getroffen hätte“, sagt Leonie. „Aber dass gerade er meine größte Unterstützung sein würde, überraschte mich. Ehrlich gesagt bin ich immer davon ausgegangen, dass er ein bisschen homophob ist.“ Ebenso begeistert sind Freundinnen und Freunde aus der queeren Community. Doch auch Gegenstimmen hört Leonie. Viele fragen mich: Braucht man denn sowas überhaupt? Sind wir nicht eh alle gleich? Bevor ich dann aber irgendwelche Reden schwinge, warum es notwendig ist, lasse ich das Thema einfach sein“, sagt die junge Buchhändlerin. „Es sei denn, ich merke, es besteht echtes Interesse. Dann mache ich darauf aufmerksam, dass es eine Welt gibt, in der Menschen Nachteile erfahren oder sich dafür hinterfragen müssen, mit wem sie zusammen sind.“

Schwierigkeiten bei der Finanzierung

Die 27-Jährige ließ sich beraten, welche Finanzierungsmöglichkeiten es für den Laden gibt. „Die Beraterin hat mir da wirklich keine Hoffnungen gemacht.“ Deshalb lieh sie sich Geld von Freunden und Familie, bevor sie auf eine Bank zuging. „Dass ein Kredit schwer zu bekommen sein würde, war klar. Gerade weil ich unerfahren bin und vermutlich weiße Cis-Männer von einer Idee überzeugen musste, in der sie keine Notwendigkeit sehen“, meint Leonie. „Aber da ich zu dem Zeitpunkt dann ja schon ein bisschen Kapital hatte, war es viel leichter, das nötige Geld zu bekommen.“

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Aktuell sammelt Leonie zusätzlich über eine Crowdfunding-Kampagne Spenden, bei der seit Anfang August gut 3500 Euro zusammengekommen sind. Denn am Ende gilt: Je mehr Kapital sie hat, desto diverser kann sich Leonie inhaltlich aufstellen. Bei der Plattform gofoundme.com hat sie zwar ein Spendenziel von 17.000 Euro angegeben, ist sich aber sicher: Selbst wenn sie das Ziel nicht erreicht, wird es irgendwie gehen. „Es ist nur so, dass gerade jeder Cent bei mir eingeplant ist“, erklärt Leonie. Das liegt nicht zuletzt daran, dass sie beim Kauf einer 2000-Euro-Spülmaschine übers Ohr gehauen wurde. „Ich habe mich an die Polizei gewandt“, sagt sie – wiedergesehen habe Leonie das Geld trotzdem nicht. Sie ist dennoch guter Dinge, dass das Geschäft laufen wird. Mindestens zehn Bücher müsse sie dafür am Tag verkaufen, hat sie ausgerechnet. „Ich schätze meine Chancen gut ein, weil zum Beispiel auch der Laden She Said in Berlin super läuft.“

Artemis Bookshop hat schon jetzt Fans

Schon vor der Eröffnung hat der Artemis Bookshop einige Fans. „Aktuell bin ich zwar alleinige Inhaberin des Ladens, aber ich fühle mich nicht allein“, sagt Leonie. Ursprünglich hatte sie Tiktok und Instagram ausschließlich zu Marketingzwecken gestartet, doch mittlerweile ist es ihre Verbindung zu Menschen geworden, die das Projekt unterstützen wollen. „Gerade haben wir eine Volunteering-Gruppe mit 30 Leuten, die ich immer um Hilfe bitten kann.“ Egal ob Leonie gerade Unterstützung beim Abholen von etwas brauche oder Kleinigkeiten im Laden erledigen müsse: „Die Hilfsbereitschaft ist groß.“ Überrascht sei sie davon aber nicht, sie habe von der queeren Community nichts anderes erwartet. „Eigentlich habe ich damit mein Ziel, Menschen zu verbinden, bereits vor der Eröffnung erreicht“, sagt Leonie und grinst.

Foto: Leonie Reißmann

Auf die Eröffnung am 1. Oktober freut sich die Inhaberin dennoch sehr. „Ich muss zugeben, dass es gerade echt viel und anstrengend ist. Gefühlt läuft mir die Zeit weg.“ Damit, dass bis zur Eröffnung nicht alles fertig sein wird, hat sie sich abgefunden. „Ich denke, es ist in Ordnung, wenn der Laden einfach mit mir wächst“, sagt sie. „Und solange ich meine Bücher, meine Kasse und meinen Kaffee habe, kann ich loslegen.“

Von Jule Trödel


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