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Wie thematisiert man „Querdenker“ im Schulunterricht, Herr Rohde?

Wie thematisiert man „Querdenker“ im Schulunterricht, Herr Rohde?
Foto: Irving Villegas

Klaus Rohde ist Politiklehrer an der IGS in Hannover-Linden. Im Interview spricht er über Herausforderungen in der Corona-Pandemie und seine Erfahrungen mit unserem Projekt Medien an der Schule (MADS).


Herr Rohde, welche Erfahrungen haben Sie mit dem medienpädagogischen Projekt Medien an der Schule (MADS) gemacht?

Sehr gute. Hier bekommen die Kinder Gelegenheit, an ein Printmedium zu gelangen, was in vielen Familien nicht mehr selbstverständlich ist. Und dann ist es noch eine Zeitung, die ein breites Spektrum des Journalismus abbildet. Mein hauptsächliches Interesse ist, bei Schülerinnen und Schülern bereits im jungen Alter das Interesse an Politik zu fördern, sodass sie mündige Bürgerinnen und Bürger werden. Wir haben hier Kinder aus ganz unterschiedlichen Elternhäusern, die teilweise schlimme Erfahrungen gemacht haben, auf der Flucht gewesen sind. So haben auch sie die Möglichkeit, sich mit der pluralistischen Gesellschaft auseinanderzusetzen.

Für diese, aber auch andere Kinder ist die Zeitung etwas Unbekanntes. Wie reagieren die jungen Menschen darauf?

Teilweise dauert es etwas, bis sie herangeführt werden können. Wenn man es zu Hause nicht gelernt hat, fällt der Zugang natürlich schwer. Mir ist dabei nicht wichtig, ob die Kinder ein Printmedium nutzen. Die HAZ ist ja genauso im Internet verfügbar. Man muss die jungen Menschen dort abholen, wo ihre Lebenswelt nun mal ist. Immerhin sind wir eine iPad-Klasse und mit den Digitalzugängen, die zum MADS-Projekt dazugehören, ist es für die Schülerinnen und Schüler noch angenehmer – und auch nachhaltiger.

Medien an der Schule: Richtig informieren

Was bringt das Zeitunglesen im Unterricht? 

Schülerinnen und Schüler lesen Nachrichten, die sie sonst vielleicht nicht mitbekommen. So werden sie an gesellschaftspolitische Fragen herangeführt, lernen Meinungen kennen und können selbst eine Position beziehen. Und sie lernen, wie sie sich in seriösen Medien informieren können.

Klaus Rohde (61) unterrichtet Politik, Geschichte und Sport an der IGS Linden, zudem ist er Jahrgangsleiter des zehnten Jahrgangs. Foto: Irving Villegas

Durch die sozialen Medien wird das Thema Medienkompetenz immer wichtiger. Haben Schülerinnen und Schüler ein Gefühl dafür, wie relevant das ist?

Ja, aber es ist ein Prozess. In der fünften Klasse zum Beispiel war der Umgang mit sozialen Medien noch relativ unreflektiert. Wir als Schule müssen es als unsere Aufgabe betrachten, die Jugendlichen schrittweise daran heranzuführen. Damit sie die sozialen Medien auch so nutzen können, dass sie möglichst nicht gefährlich für sie werden.

Sind Sie selbst in den sozialen Medien aktiv? Wie können Sie jungen Leuten bei diesem Thema weiterhelfen?

Ich folge Hannover 96 auf Twitter, sonst nutze ich nur die Messengerdienste Signal und Whatsapp. Aber wir holen uns externe Coaches, die die Projekte mit den Schülerinnen und Schülern machen und auf Gefahren hinweisen.

„Wir haben versucht zu hinterfragen“

In der Pandemie hat sich gezeigt, dass sich Verschwörungsideologien in den sozialen Medien sehr schnell weiterverbreiten. Haben Sie das im Unterricht thematisiert?

Ja, gerade über die „Querdenker“ haben wir gesprochen. Wir haben versucht zu hinterfragen: Was versuchen die auszusagen? Was passiert da, wo wird Wahrheit verfälscht? Diese Verfälschung von Aussagen und das Weglassen hat ja mittlerweile schon Tradition, wenn man sich ansieht, was der amerikanische Ex-Präsident gemacht hat.

Schulen können sich für MADS anmelden

MADS fördert die Medienkompetenz der Schülerinnen und Schüler vom siebten bis zum zwölften Jahrgang. Schulklassen können im Zuge des Projekts sechs Monate lang ihre Tageszeitung im Unterricht lesen. Zudem bekommen sie auf die Jahrgangsstufen abgestimmtes Unterrichtsmaterial zur Medienkunde. Anmeldungen sind noch bis Donnerstag, 8. Oktober, unter www.mads.de/anmeldung möglich. Unser MADS-Projektbüro ist montags bis freitags von 9 bis 17 Uhr unter der gebührenfreien Telefonnummer (0800) 5052478 erreichbar. Die Projektteilnahme ist für Schulen kostenlos. 

Auch die Digitalisierung an Schulen ist durch Corona noch einmal in den Fokus gerückt. Sind die Schulen in Niedersachsen mittlerweile gut aufgestellt?

Ich glaube, dass wir insgesamt bei der Digitalisierung in Niedersachsen und auch in ganz Deutschland weit hinterherhinken, wenn ich das mit anderen Staaten vergleiche. Aber für unsere Schule kann ich sagen: Wir hatten Glück, in ein Projekt der Stadt Hannover mitreingerutscht zu sein, und sind daher relativ gut aufgestellt. Ein Jahrgang umfasst sechs Klassen, und mindestens drei Klassen sind von Anfang an mit iPads ausgestattet. Zudem gibt es interne Schulungen durch jüngere Kolleginnen und Kollegen. In Sachen Digitalisierung nehmen wir von der IGS Linden für die Stadt Hannover sicher eine Vorreiterstelle ein.

Hat das in der Krise geholfen?

Auf jeden Fall. Natürlich hatten einige Probleme, mit der Situation umzugehen. Wichtig war, dass sie auch im Homeschooling einen geregelten Tagesablauf hatten. Schwierig wird es für Schülerinnen und Schüler, die allein gelassen werden. Wenn sie erst mittags aufstehen und aus eigenem Antrieb etwas machen müssen, dann nutzt auch das iPad nichts. 

„Ich wünsche mir, dass wir im Präsenzunterricht bleiben“

Was wünschen Sie sich für das neue Schuljahr? 

Dass wir im Präsenzunterricht bleiben können. Und dass in Schulen investiert wird. Das ist generell ein Punkt, der ausbaufähig ist. Wenn ich mir ansehe, was Deutschland als sehr reiches Land in die Bildung investiert, dann stehen wir im europäischen Vergleich schlecht da.


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Über den Autor/die Autorin:

Johanna Stein

Johanna (27) leitet das MADS-Projekt.

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