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Serien bingen oder jede Woche eine neue Folge?

Serien bingen oder jede Woche eine neue Folge?
Foto: Unsplash/Jonas Leupe

Streamingdienste bieten Tausende Serien, häufig sind alle Folgen einer neuen Staffel auf einmal verfügbar. Das führt zu neuem Konsumverhalten gegenüber dem linearen Fernsehschauen. Schaut man die Lieblingsserie nun also Folge für Folge oder doch die Staffel am Stück? MADS-Autorin Gina und MADS-Autor Amir kommentieren.


Vorfreude durch langsameres Schauen

In einer Welt von Amazon Prime, Netflix und Co. war es nie leichter, eine ganze Serie am Stück zu schauen. Nach drei Folgen fragt Netflix dann, ob man noch dabei ist. Natürlich! Einfach Folge für Folge weiterschauen, bis die Staffel vorbei ist, die Serie beendet ist oder der nächste Morgen ansteht. Dabei Grenzen zu setzen, fällt oftmals schwer. Aber macht uns das wirklich glücklich? Oder fallen wir danach nicht viel eher in ein Loch, weil wir nun nichts mehr haben, worauf wir uns freuen können? Denn alle Folgen sind geschaut und verschwinden von der Watchlist.

Der Gedanke, nach der Arbeit mit Partner oder Partnerin die nächste Folge der gemeinsamen Serie zu schauen, löst hingegen schon am Morgen Glücksgefühle aus. Ist die Folge zu Ende, freut man sich auf den nächsten Tag – und Vorfreude ist doch bekanntlich die schönste Freude! Dass das nicht nur eine Floskel ist, beweisen inzwischen auch Studien. Sozialwissenschaftliche Untersuchungen stellten fest, dass Menschen vor und nach ihrem Urlaub glücklicher waren als währenddessen. Zudem belegen neurologische Tests, dass Vorfreude dieselben Botenstoffe aussendet wie akute Glücksmomente. Sich täglich neu auf eine Serie zu freuen, kann also regelrecht glücklich machen.

Der Mensch ist außerdem ein Gewohnheitstier, weshalb Routinen für uns enorm wichtig sind. Jeden Morgen um 7 Uhr aufstehen, um 12 Uhr Mittagspause oder eben: Jeden Tag zur gleichen Uhrzeit eine Serie gucken. Nicht umsonst laufen schließlich Daily-Soaps wie „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ (GZSZ) auch nach 30 Jahren noch und begeistern ein großes Publikum. Warum also beim Streaming nicht genauso vorgehen? Immerhin beweist das eine Menge Selbstdisziplin, wenn doch schon alle Folgen verfügbar sind.

Wer die Serie also nicht am Stück durchschaut, bekommt keine nervige Nachfragen von Netflix, ob man noch schaut. Zudem ärgert man sich beim Aufstehen am nächsten Morgen nicht, dass man zu lange vor dem Fernseher gehangen hat und nun super müde ist. Man kann sich stattdessen auf den Tag freuen und abends die nächste Folge schauen. Das steigert vielleicht auch die Wertschätzung der Serienmacher. Wer sparsam lebt, hat außerdem länger etwas von der Geschichte. Diesen Moment, eine tolle Serie zum ersten Mal zu schauen, bekommt man schließlich nie wieder. Daher sollten wir das auch genießen.

Von Gina Henning

Foto: Unsplash/Glenn Carstens-Peters

Serien bingen als Ausflug in eine andere Welt

Die Getränke gekühlt, die Snacks bereitgestellt, die Streaming-App gestartet – der Ausflug in die Welt einer neuen Serie kann beginnen. Wer sich schon einmal die Zeit genommen hat, eine ganze Serienstaffel am Stück durchzuschauen, versteht die Faszination am Bingen. Sobald die alltäglichen Gedanken verschwinden, können Zuschauerinnen und Zuschauer voll und ganz in die Welt der Serie eintauchen und beinahe so etwas wie einen Kurzurlaub erleben. Zugegeben, einige Welten wie beispielsweise die Postapokalypse in der neuen HBO-Serie „The Last of Us“ wirken nicht wie das ideale Urlausszenario – aber genau das macht den Reiz aus. Es ist vollkommen irrelevant, ob die Story einer Serie in einer realistischen oder fantastisch-spannenden Welt erzählt wird, denn alles ist möglich. Bei einer Auswahl von Magier-Duellen in Fantasy-Welten bis hin zu Teenie-Dramen in amerikanischen High Schools werden alle irgendwo fündig.

Wer es jetzt sogar noch schafft, das Smartphone stummzuschalten und alle anderen Ablenkungsquellen aus dem Weg zu räumen, taucht Minute für Minute tiefer in die Umgebung ein. So lernt man die Figuren richtig kennen und erlebt im Idealfall alles genau so, wie es von den Macherinnen und Machern der Serie vorgesehen war. Das wichtigste Argument für das Bingen von Serien lautet passend dazu: Immersion. Der Begriff beschreibt das vollständige Eintauchen der Zuschauer in die dargestellte Welt, bis zu dem Punkt, an dem sie als realistisch empfunden wird. Bingen erleichtert das natürlich, und wer schon einmal geschafft hat, sich ohne Ablenkung und mit möglichst wenigen Unterbrechungen dem Inhalt einer Serie hinzugeben, behält diese sicher in ganz besonderer Erinnerung. Positiver Nebeneffekt ist zudem die Gefahrlosigkeit von gnadenlosen Story-Spoilern, schließlich ist nach einer Binge-Sitzung schon alles bekannt. Heißt im Endeffekt: Wenn die eigene Zeit es zulässt und die Streamingdienste neue Folgen der Serie nicht im Wochentakt releasen, können einige „nur-Serie-gucken-Tage“ zum absoluten Erlebnisausflug in eine andere Welt werden.

Von Amir Khalifa


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Über den Autor/die Autorin:

MADS-Team

Unter diesem Namen sammeln wir Beiträge von Gastautorinnen und -autoren, Autorenkollektiven oder freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bei MADS. Die Namen des jeweiligen Autors oder der jeweiligen Autorin stehen unter dem einzelnen Beitrag.

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