Schüler in der Politik: „Sie dürfen sich nicht unterbuttern lassen“
Bruno Hönel ist Grünen-Fraktionsvorsitzende in Lübeck. MADS hat mit dem 24-Jährigen darüber gesprochen, wie sich junge Menschen in die Politik einbringen können und warum das gar nicht so langweilig ist.
Lübeck. Was können junge Menschen und Schüler in der Politik erreichen und vor allem wie? Diese Frage hat sich Nachwuchsjournalist Jannik Wigger (16) schon oft gestellt. Mit Bruno Hönel (24), dem Fraktionsvorsitzenden der Grünen in der Lübecker Bürgerschaft, hat er deshalb für die Jugendredaktion der Lübecker Nachrichten ein Interview zu diesem Thema geführt.
MADS: Herr Hönel, viele Jugendliche denken, Politik ist langweilig. Wie sieht es in der Lübecker Bürgerschaft aus?
Bruno Hönel: Wenn man in die Kommunalpolitik geht, darf man nicht den Anspruch haben, die großen Fragen zu klären. In der Bürgerschaft fragen wir uns eher, wie können wir unseren öffentlichen Personennahverkehr attraktiver machen? Wie können wir Baugebiete so planen, dass verschiedene Interessen befriedigt werden? Wenn man Lust hat, kleinteiligere Dinge zu bewegen, dann ist die Bürgerschaft nicht uninteressant. Die Debatten machen Spaß – das Reden und auch das Reinrufen hin und wieder. Aber ja, es gibt auch Phasen in der Bürgerschaft, wenn mich bestimmte Themen nicht so interessieren und einfach nur geredet wird, um zu reden, die mich langweiligen.
Haben Sie Tipps für Schüler, die sich politisch engagieren wollen?
Der erste Tipp für Schüler ist schon, dass sie echt selbstbewusst mit den Lehrern sprechen und sich nicht unterbuttern lassen. Denn auch sie haben Mittel, Druck auszuüben. Es gibt viele Möglichkeiten, wie zum Beispiel die Jugendberatung an den Schulen. Da können junge Menschen ihre Interessen vortragen. Ich würde wetten, dass – zumindest bei mir in der Fraktion – darauf gehört wird. Es gab zum Beispiel mal eine Jugendvertretung, die sich dafür eingesetzt hat, dass die Beteiligung von Jugendlichen in der Stadt viel größeres Gewicht bekommt. Wir haben uns mit denen ausgetauscht und bei den letzten Haushaltsverhandlungen bewirken können, dass da Geld verwendet wird von der Stadt, um die Jugendbeteiligung zu verbessern. Und das ging eben voll auf die Schüler zurück.
Apropos Interessenvertretung von Schülern: Fridays for Future ist da aktuell ja eine große Bewegung. Kommt das überhaupt bei der Lübecker Politik an oder bleibt das unterwegs hängen und bewirkt gar nichts?
Doch, das kommt auf jeden Fall an. Fridays for Future ist in Lübecksehr, sehr stark und eine einflussreiche Gruppe. Das liegt vor allem daran, dass sie nicht nur die großen und globalen Klimafragen ansprechen, sondern auch überlegen, was konkret in Lübeck in Sachen Klimaschutz besser laufen muss.
Was steht jetzt für Sie als Politiker an oberster Stelle, was ist da das wichtigste Thema?
Ich bin ja eher Gesundheits- und Sozialpolitiker, mache Finanzpolitik und kommunale Finanzen – bin also nicht per se Klimapolitiker. Doch trotzdem würde ich sagen, das Wichtigste für die neue Bundesregierung– hoffentlich mit Grüner Beteiligung – wird sein, dass man ein knallhartes Klimaschutzgesetz verabschiedet. Darin muss ein Restbudget an CO2-Treibhausgasemissionen festgelegt werden, um unsere Klimaziele einzuhalten. Es müssen sofort radikale Maßnahmen ergriffen werden – mit ganz klaren Milestones, die immer wieder evaluiert werden, wie gut diese sind. Dann muss man noch darauf achten – und das ist dann eher mein Job –, dass diese ganzen Maßnahmen auch sozial verträglich ausgestaltet sind.
Während der Corona-Pandemie spielt ja gerade die Digitalisierung an Schulen eine große Rolle. Fällt das bei der ganzen Klimadebatte vom Tisch?
Nein, absolut nicht! Die Digitalisierung ist ein absolutes Schwerpunktthema, weil sie uns in vielen Bereichen hilft. Aber es müssen alle Menschen an der Digitalisierung teilhaben können. Schule ist ein gutes Beispiel: Jetzt während der Corona-Pandemie muss sichergestellt werden, dass alle Schüler, unabhängig ob die Eltern Ärzte sind oder Hartz IV empfangen, Zugriff auf digitale Endgeräte haben. So können sie auch von der Digitalisierung profitieren und Bildung beispielsweise in Zeiten eines Shutdowns erfahren.
Sie wollen 2021 in den Bundestag. Was wollen Sie bis dahin noch speziell für junge Leute in Lübeck erreichen?
Also zum einen ist die Jugendbeteiligung erst einmal ein großes Thema. Dann haben wir die großen Schwerpunkte hinsichtlich Jugendzentren. Jugendliche in Lübeck sollen die Möglichkeit haben, sich auszutauschen und zu treffen, zu vernetzen und auch Freundschaften zu schließen. Das gilt im Übrigen auch für Jugendliche, die eine andere sexuelle Orientierung haben oder einer Minderheit angehören. Sie müssen beraten werden und die Möglichkeit haben, Gleichgesinnte zu treffen. Ein dritter Punkt sind Sportanlagen/Sportzentren, wo Jugendliche kostenlos Sport machen können. Wir müssen generell dafür sorgen, dass die Jugendlichen in Lübeck gute Möglichkeiten haben, zu leben und aufzuwachsen.
Von Jannik Wigger
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