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Roman „Im Prinzip ist alles okay“: Yasmin Polat spricht aus, was anderen zu schmerzhaft ist

Roman „Im Prinzip ist alles okay“: Yasmin Polat spricht aus, was anderen zu schmerzhaft ist
Foto: Karim Taha

Yasmin Polat ist mit „Im Prinzip ist alles okay“ ein berührend ehrliches Debüt gelungen. Die Geschichte handelt von Miryam, die sich zwischen ihren Ansprüchen ans Muttersein und den eigenen Kindheitstraumata fast verliert – und lernen muss, dass die Vergangenheit sie auch nach Jahrzehnten noch einholen kann.


„Im Prinzip ist alles okay“ – mit diesen Worten beginnt der gleichnamige Debütroman von Yasmin Polat. Und macht so von Anfang an klar, dass eigentlich nichts okay ist. Denn wenn es nur im Prinzip gut läuft, bedeutet das, dass zwar die Eckpfeiler des guten Lebens stehen. Aber dazwischen, im Mauerwerk, rumort es.

Das gilt auch für die 30-jährige Miryam. In ihrem Leben gibt es vieles, was schön ist. Sie ist vor einigen Monaten Mutter geworden, hat keine finanziellen Nöte, kann in der Elternzeit den ganzen Tag mit ihrem Baby verbringen. Doch dieses Schöne ist eben nur das Prinzip. Miryams eigentliches Leben ist ein anderes. Eines, das von ihrem Innenleben bestimmt wird.

Yasmin Polat beschreibt Sorgen, die anderen peinlich wären

Miryam zweifelt daran, eine gute Mutter zu sein, sorgt sich um ihre Beziehung, fühlt sich eingeengt in ihrer kleinen Wohnung. Und sie kämpft mit ihrer eigenen Kindheit, die von Gewalt geprägt war. Wie soll sie eine gesunde Beziehung zu ihrem Kind aufbauen, wenn sie von ihren Eltern nicht gelernt hat, wie das geht?

Polat nimmt die Leserinnen und Leser mit in Miryams Inneres, indem sie die Geschichte über einen Strom von Gedanken erzählt. Die erscheinen auf den Buchseiten so, wie sie der Protagonistin durch den Kopf gehen. Man fühlt sich Miryam beim Lesen so nah, als höre man ihr bei einem inneren Monolog zu.

Auch die Sorgen, die Miryam umtreiben, machen sie nahbar. Denn die sind schmerzhaft, peinlich, ungeschönt. Es sind Gedanken, die sich viele machen, die aber die wenigsten zugeben: Wer würde schon laut aussprechen, dass man vermutet, dass einen der eigene Säugling hasst? Oder wie wichtig es einem ist, was andere Mütter im Drogeriemarkt von einem denken?

Manchmal tut es fast weh, weiterzulesen

In Rückblenden beschreibt Polat Miryams Kindheit und ihr Leben als junge Erwachsene. In der Jetzt-Zeit der Erzählung wird vor diesem Hintergrund eines immer größer: der Wunsch, das Durchlebte verarbeitet zu haben. Doch so einfach kann Miryam ihre Vergangenheit nicht abschütteln.

Polat beschreibt Miryams Erleben so eindringlich, dass es manchmal fast wehtut, weiterzulesen. Auch gewaltvolle Szenen schönt sie nicht, schlachtet sie aber auch nicht aus. Sie schreibt die Dinge ganz einfach so, wie sie sind. Unaufgeregt und doch so intensiv, dass man ihr Buch nicht aus der Hand legen möchte.

Es ist ein beeindruckendes, ehrliches und zutiefst berührendes Debüt. Einzig das Ende des Buchs kommt etwas plötzlich. Man wünscht sich, Miryam hätte noch ein bisschen mehr Zeit und Platz gehabt. Vielleicht, weil man 333 Seiten lang mit ihr mitgefiebert hat – und sich jetzt einfach noch nicht von ihr trennen mag.

Von Franziska Wessel


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