„Man lernt fürs Leben“: So vielseitig ist ein Job im Handwerk
Am 18. September ist Tag des Handwerks. MADS-Autorin Rabea hat drei junge Menschen aus der Branche getroffen. Sie erzählen, was ihnen an ihren Berufen so gut gefällt.
Der Geruch von Lack und Bremsenreiniger liegt in der Luft, laute Geräusche ertönen vom Schrauben, Bohren und Flexen. Menschen laufen in Schutzkleidung umher und hantieren mit schweren Geräten aus Metall. Mittendrin steht Henri Dietze – und fühlt sich pudelwohl. Der 25-jährige Handwerker kennt sich hier, in der Werkstatt von Willenbrock Fördertechnik in Hannover, bestens aus. Denn Henri macht hier seine Ausbildung zum Land- und Baumaschinenmechatroniker. Im Januar wird er sie nach dreieinhalb Jahren abschließen.
Mechatroniker Henri kommt viel rum
„Ich bin hauptsächlich im Außendienst tätig“, berichtet Henri. Dabei ist er viel in der Umgebung unterwegs: Salzgitter, Goslar, Braunschweig und Wolfsburg sind nur einige Zielorte. Zu seinen täglichen Aufgaben gehören vor allem die Reparatur und Montage von sogenannten Flurförderfahrzeugen. Diese werden in erster Linie zum Transport von Waren eingesetzt, zum Beispiel in Lagerhallen von Supermärkten. Man kennt sie auch als Gabelstapler. Willenbrock verkauft diese Fahrzeuge der Marke Linde an verschiedene Kunden in Niedersachsen und Bremen.
Jeden Tag neue Herausforderungen
Seine Arbeit beschreibt Henri als vielseitig. Der angehende Geselle muss sich jeden Tag neu auf die jeweilige Technik der einzelnen Geräte einstellen. „Es sind immer wieder andere Fehler und andere Schäden, die ich beheben muss“, erzählt er. Das sei zwar eine große Herausforderung, aber auch das Spannende an seinem Beruf. „Ich habe mich durch meine Arbeit persönlich weiterentwickelt. Schließlich kann ich im Außendienst nicht einfach sagen: ,Ich schaff‘ das nicht.‘ Dann muss ich mir halt was überlegen, und am Ende klappt das auch.“
Seine Begeisterung fürs Handwerk teilt Henri mit anderen jungen Menschen, er ist als sogenannter „Jungprofi“ für die Handwerkskammer Hannover tätig. Dabei hält der gebürtige Wolfenbütteler Vorträge über seinen Job in Schulen und bei der Bundesagentur für Arbeit. „Ich möchte dafür werben, wie abwechslungsreich die Arbeit ist. Im Handwerk lernt man fürs Leben.“
Immer weniger Lehrlinge im Handwerk
Obwohl junge Menschen wie Henri fürs Handwerk brennen, ringt die Branche seit Jahren um Nachwuchs. Laut dem Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) wurden im Jahr 2020 insgesamt 130.127 neue Lehrverträge abgeschlossen. Das entspricht einem Minus von mehr als sechs Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Insgesamt erhielten in 2020 knapp 363.400 Menschen eine handwerkliche Ausbildung in Deutschland.
Henrik wurde Kälteanlagenbauer statt Fluglotse
Die Ausbildung hat Henrik Fernholz aus Lübeck bereits hinter sich. Der 23-Jährige ist Kälteanlagenbauer und arbeitet seit zweieinhalb Jahren im Familienbetrieb Fernholz Kälte- und Klimatechnik. Dabei hatte Henrik ursprünglich ganz andere Pläne. „Ich habe Abi gemacht und wollte dann eigentlich Fluglotse werden.“ Mit seiner Bewerbung hatte er damals jedoch keinen Erfolg. „Da ich keinen Studiengang gefunden habe, der mir gefiel, habe ich meinen Anspruch dann im Handwerk gesucht – und gefunden“, erzählt er.
So absolvierte Henrik schließlich seine Ausbildung zum Kälteanlagenbauer in der Nähe von Göttingen. „Es ist einer der technisch anspruchsvollsten Berufe“, sagt er. „Man ist eben Elektriker, Metallbauer, Heizungsbauer und hat gleichzeitig noch mit der Kältetechnik zu tun.“ So werde die Arbeit niemals langweilig. Außerdem könne sich jeder das Tätigkeitsfeld aussuchen, das ihm am meisten zusagt.
Jüngster Meister am Elbcampus
Nach der Ausbildung zog Henrik zurück in seine Heimat und machte die Meisterprüfung am Elbcampus in Hamburg. Dort ist er nun der jüngste Meister seines Faches. Aus Erfahrung weiß er: „Wer diesen Beruf ausüben möchte, sollte auf jeden Fall Lust dazu haben, sich mit Problemen auseinanderzusetzen.“ Was viele zudem nicht wüssten: Der Job erfordere auch soziales Geschick. „Man muss auf die Bedürfnisse diverser Kunden eingehen und sich immer wieder mit Kollegen austauschen“, sagt Henrik.
Werkstatt statt Zahnarztpraxis
In Neustadt am Rübenberge geht Lisa Mesenbring ihrem Traumberuf nach – und der ist ganz schön bunt. Die 21-Jährige macht zurzeit eine Ausbildung zur Malerin und Lackiererin bei der Firma Temps Malereibetriebe. Ihre Freude an der Farbtechnik entdeckte Lisa schon während der Schulzeit. „Dabei wollte ich eigentlich immer schon beim Zahnarzt arbeiten“, erinnert sich die junge Handwerkerin. Da dieser Wunsch nach dem Abschluss nicht in Erfüllung ging, orientierte sie sich um. „Ich dachte, ich probiere es einfach mal aus als Malerin. Und mittlerweile fühle ich mich richtig wohl in dem Job.“
Arbeit im Handwerk ist abwechslungsreich
Lisas Arbeitstage beginnen um 7 Uhr in der Früh. „Daran muss man sich gewöhnen“, gibt sie schmunzelnd zu. Dann fährt sie meist mit ihren Kollegen raus auf die Baustelle. Dort werden Wände und Fußböden tapeziert, gestrichen oder beschichtet und poliert. „Wir wissen eigentlich nie, was es zu tun gibt, bevor wir morgens in die Firma kommen“, sagt Lisa. Und das sei gerade das Spannende am Job. „So bleibt die Arbeit immer abwechslungsreich und kreativ.“
Nach Angaben des ZDH ist die Maler- und Lackiererbranche in den vergangenen Jahren bei Frauen beliebter geworden. Demnach stieg der Anteil weiblicher Auszubildender von acht Prozent im Jahr 2005 auf 14 Prozent im Jahr 2019. Dennoch machen Frauen weiterhin die Minderheit aus. Lisa lässt sich davon aber nicht abschrecken. Die Arbeit sei zwar hin und wieder körperlich anstrengend, sagt sie, doch man helfe sich stets gegenseitig. „Wenn wirklich mal was zu schwer ist, sind alle Kollegen sehr hilfsbereit“, erklärt die 21-Jährige.
Wer in die Malerbranche einsteigen möchte, sollte laut Lisa kein Problem mit Dreck haben, denn Farbe, Staub und Schmutz gehörten nun mal dazu. Wenn Lisa im nächsten Jahr ihre Ausbildung abschließt, möchte sie auf jeden Fall weiter als Malerin arbeiten, „um noch mehr Erfahrungen zu sammeln“. Langfristig hat sie große Pläne: „Irgendwann wage ich mich vielleicht noch an den Meister heran.“
Von Rabea Osol
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