Kommentar: Cheerleading verdient mehr Aufmerksamkeit
33 Sportarten und 51 Disziplinen sind bei den Olympischen Sommerspielen in Tokio vertreten – Cheerleading zählt nicht dazu. Die Sportart hat mit Klischees zu kämpfen und fristet zu Unrecht ein Nischendasein, meint MADS-Autorin Chantal.
„Ist das nicht das mit diesen Puscheln?“: Das ist wohl der häufigste Spruch, den Cheerleader im Laufe ihrer Sportkarriere zu hören bekommen. Auf Platz zwei folgt: „Das ist doch dieses Rumgehüpfe?“ Es nervt, dass ich immer wieder erklären muss, wie Cheerleading funktioniert – und dass es eben nicht nur Gehüpfe ist, sondern ein Leistungssport. Verkürzt gesagt: Hauptsächlich werfen wir Menschen in die Luft und fangen sie wieder auf. Und ja, das ist gefährlich. Cheerleading ist ein Teamsport, der mit keinem anderen zu vergleichen ist. Ich muss meinen Teamkolleginnen und -kollegen vertrauen können. Wir gehen an unsere Grenzen, um in 2:30 Minuten das perfekte Programm auf die Matte zu bringen. Cheerleading ist genauso ein Wettkampfsport wie Fußball, Basketball und Handball.
Cheerleading ist noch keine olympische Disziplin
Doch anders als Fußball, Basketball und Handball fehlt dem Cheerleading die Sichtbarkeit. Zwar gilt es seit diesem Jahr als olympische Sportart – ein wichtiger erster Schritt, der längst überfällig war. Doch eine olympische Disziplin ist der Leistungssport noch nicht. Viele denken bei Cheerleadern noch immer an die bösen Mädchen aus kitschigen amerikanischen Teeniefilmen. Die eigentliche Sportart findet kaum Öffentlichkeit, erst recht nicht in Deutschland. Dabei gibt es laut dem Cheerleading und Cheerperformance Verband Deutschland auch hierzulande mittlerweile rund 300 Vereine mit mehr als 20.000 Mitgliedern.
Sexismus-Debatte führt am Thema vorbei
Zumindest ein bisschen Aufsehen gab es, als vor zwei Jahren eine Sexismusdebatte in der Basketballszene aufflammte. Doch auch hier ging es nicht um den Sport an sich. Stattdessen diskutierten Menschen, die mit Cheerleading wenig zutun haben, ob es moralisch vertretbar sei, dass junge Frauen in kurzen Röcken Männern beim Sport anfeuern. Wer hat die Cheerlader gefragt? Richtig, niemand. Das wäre eine Chance gewesen, dem Sport eine vernünftige Plattform zu bieten und nicht nur kurze Röcke zu thematisieren. Genutzt wurde sie nicht.
Auch die deutschen Cheerleader-Vereine feuern andere Teams an: Die Rebels Cheerleader aus Bremen etwa feuern ein Football-Team an, die Cheerleader vom Turnklubb zu Hannover cheeren, wenn die Basketball-Damen spielen. Das ist aber eben nicht alles – im Fokus stehen die Wettkämpfe. Für mehr Popularität und öffentliches Interessen könnte eine eigene Disziplin bei den olympischen Spielen im Jahr 2024 sorgen. Dann würden die Cheerleader endlich einmal vom Spielfeldrand auf die Mitte der Matte vorrücken.
Von Chantal Moll
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