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„1899“: Neues Meisterwerk der „Dark“-Produzierenden

„1899“: Neues Meisterwerk der „Dark“-Produzierenden
Foto: Rasmus Voss/Netflix

Die Produzierenden der Mystery-Serie „Dark“ haben ein neues Projekt veröffentlicht. „1899“ erzählt die Geschichte eines rätselhaften Auswandererschiffs ebenso spannend wie die vorangegangene Erfolgsserie. Der Vergleich der beiden starken Serien ist nicht ganz fair, ihn nicht zu ziehen aber ebenso wenig möglich.


Nachdem die drei Staffeln von „Dark“ ab 2017 großen Anklang fanden, haben die Macherinnen und Macher der ersten deutschen Netflix-Serie zum nächsten Schlag ausgeholt: „1899“ heißt das neue Projekt von Regisseur Baran bo Odar und Drehbuchautorin Jantje Friese und ist ebenfalls im Genre Mystery-Thriller angelegt.

Mysteriöses Auswandererschiff

Die Serie spielt auf einem Auswandererschiff, das von Europa auf dem Weg nach New York ist. Auf der gleichen Route ging vor einigen Monaten ein anderes Schiff derselben Firma verloren. Die Stimmung an Bord ist daher angespannt. Hinzu kommen die persönlichen Motive der unterschiedlichen Passagiere auf ihrer Reise nach Amerika. Als sie mitten im Ozean auf das vermisste, ausgestorben wirkende Schiff stoßen, häufen sich seltsame Ereignisse.

Die Serie verfolgt dabei viele unterschiedliche Figuren: Kapitän Eyk Larsen (Andreas Pietschmann) und seine Mannschaft, Passagiere der ersten Klasse, zu denen die allein reisende Gehirn-Medizinerin Maura Franklin (Emily Beecham) gehört, sowie Bordgäste mit weniger Geld. Jede Folge rückt in parallelem Aufbau eine andere Figur ins Porträt, wodurch sich langsam auch Verbindungen zwischen den scheinbar so individuellen Schicksalen aufdecken. Neue Offenbarungen und dadurch Cliffhanger am Ende jeder Folge animieren verlässlich zum Weiterschauen.

„1899“: Offizielles Release-Poster. Foto: Netflix

Vielschichtige Spannung

Es ist wie mit „Dark“: Der Versuch, die Handlung oder Figuren herunterzubrechen, könnte bereits ein Spoiler sein. Auf besonders starke Plotpunkte einzugehen, ist daher schwierig. Was für die Mystery-Serie jedoch gesagt werden kann: Das Setting funktioniert sehr gut. Kostüme, Setdesign, Cast – die Atmosphäre des späten 19. Jahrhunderts kommt überzeugend daher. Besonders interessant ist vor allem letztgenanntes, die Schauspielerinnen und Schauspieler sind international, die Figuren sprechen alle unterschiedliche Sprachen. Als Originalsprache gibt Netflix zwar Englisch an, doch mindestens genauso viel wird in „1899“ auch Deutsch, Französisch, Dänisch, Kantonesisch, Norwegisch, Spanisch, Portugiesisch und Polnisch gesprochen. Dass die Kommunikation zwischen den Figuren, die um die Jahrhundertwende herum natürlich auch noch nicht alle mehrere Fremdsprachen sprechen, dadurch teilweise ins Leere geht, erhöht die bedrohliche Situation auf dem Schiff immens. Andersrum ist es interessant zu beobachten, wie viel sie einander dann doch vermitteln können – sei es über seltene mehrsprachige Dolmetscherinnen und Dolmetscher oder einfach nur über Mimik und Gestik.

Ebenfalls bemerkenswert effektiv ist das Sounddesign. Beunruhigende Geräusche, wie das Knarzen des Schiffes, das Tropfen von Wasser auf Metall oder flirrende Musik, lassen es wirken, als würde unter der Oberfläche ständig etwas lauern. Hinzu kommen Glitches in Bild und Audio sowie verzerrte Erinnerungen der Figuren, die unterstreichen, dass mit dem Schiff etwas nicht stimmt. Das vorherrschende Gefühl ist Angst – auch, als langsam Verständnis einsetzt.

„1899“: Trennung von „Dark“ schwer möglich

Wie heißt es in „Dark“ so schön? „Alles ist miteinander verbunden.“ Und so sind auch die beiden Serien von Baran bo Odar und Jantje Friese selbst irgendwie nicht trennbar. Natürlich stehen sie inhaltlich für sich, doch so ganz lässt sich kein Strich ziehen. Hat man „Dark“ gesehen und verstanden, wie die beiden Filme machen, fällt es nämlich deutlich leichter, „1899“ frühzeitig zu entschlüsseln. Nicht, weil die Serie einem die Lösung ins Gesicht sagt, sondern weil man ahnt, worauf man achten kann. Wichtige Details sind in den ersten Folgen bereits da, der Titelsong tut sein Übriges. Auch das Motiv des rätselhaften Fremden, der eindeutig mehr weiß als die übrigen Figuren und seine eigenen Ziele mit eigenartiger Technik verfolgt, taucht wieder auf. Doch nur weil „1899“ vermutlich besser wirkt, wenn man „Dark“ nicht kennt, fällt nicht direkt Spannung weg. Im Gegenteil: Die Handlungsbögen sind großartig, das Tempo, in dem Zuschauerinnen und Zuschauer mit Informationen gefüttert werden, führt zu einigen angeknabberten Fingernägeln. Auch ist das Setting von „1899“ anders genug, um kein Abklatsch zu sein. Um Vergleiche mit ihrem letzten großen Hit werden Baran bo Odar und Jantje Friese wohl an keiner Stelle herumkommen. Doch eigentlich sind sie nicht wirklich fair, unterschlagen sie doch, wie stark „1899“ ist.

Alle acht Folgen sind auf Netflix verfügbar, jede hat eine Laufzeit von etwa einer Stunde.


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Über den Autor/die Autorin:

Annika Eichstädt

Annika (24) macht ihren Master in Neuerer Deutscher Literaturwissenschaft. Das ist zwar brotlose Kunst, aber sie liest oder schreibt nun einmal den ganzen Tag. Bei MADS rezensiert sie am liebsten Musik oder Serien.

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