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Wirtschafts-Influencer David Döbele: „Kann an einer Hand abzählen, wie viele Tage ich dieses Jahr nicht gearbeitet habe“  

Wirtschafts-Influencer David Döbele: „Kann an einer Hand abzählen, wie viele Tage ich dieses Jahr nicht gearbeitet habe“  
Foto: Unsplash/Bench Accounting

80-Stunden-Wochen, kaum Freizeit und ein getakteter Tagesplan: Was sich für viele nach Folter anhört, ist für Wirtschafts-Influencer David Döbele Alltag. Als „Highperformer“ will er sich von anderen Studierenden abheben. Doch eignen sich Business-Influencer wirklich als Vorbild für junge Menschen? 


Wie gehört man zu den oberen 5 Prozent? Jungunternehmer und Influencer David Döbele will es seinen Social-Media-Followern verraten. Irgendwo zwischen Satire und Ernst bewegt sich sein Onlineauftritt als „Highperformer“ und erfolgreicher Vertreter der „Hustle Culture“.  

Wer ist David Döbele?  

David Döbele wurde 1997 in Gerlingen in Baden-Württemberg geboren und gründete nach seinem BWL-Bachelor gemeinsam mit Jonas Stegh die Karriereberatung pumpkincareers für Studierende. Außerdem gibt er auf Youtube, Instagram und Tiktok Tipps zum Thema Studium, bewirbt sein Unternehmen und spielt mit dem Klischee des „BWL-Justus“. Knapp 100.000 Menschen folgen dem Jungunternehmer auf Instagram Tiktok und Youtube. 

Foto: David Döbele

Gewohnheiten sind laut Döbele das Geheimnis zum Erfolg. „Man sollte sich schon früh im Studium Kommilitonen suchen, die ambitioniert und lernbereit sind. Dann kommt man sich nämlich schon komisch vor, wenn man nicht lernt“, meint er. Der Influencer verkörpert den Gegenentwurf zum klassischen Bild der Generation Z, die sich für gute Arbeitsbedingungen und ausreichend Raum für ein Sozialleben einsetzt. Entgegen dem Bild, was er auf Social Media von sich vermittelt, gibt aber auch der Jungunternehmer zu, dass er nicht jede Woche 80 Stunden arbeitet. 40 bis 60 Stunden seien es auch mal.  

Doch selbst der Influencer sagt, dass der High-Performer-Lifestyle nicht für jeden etwas ist. Das hohe Arbeitspensum sollte man nicht unterschätzen. Burn-out-Betroffene werden immer jünger, und das Berufsleben sowie hohe Selbstansprüche zählen neben privaten Konflikten zu den Top drei der größten Stressfaktoren.

David Döbele kennt auch die Schattenseiten des Erfolgs  

Döbele sagt, dass er Methoden erarbeitet habe, um dem Leistungsdruck gewachsen zu sein. „Ich glaube, Selbstbewusstsein ist ein wichtiges Tool, um mit Stress umzugehen. Wenn man an sich selbst glaubt und sich Input von Leuten holt, die schon ähnliche Phasen durchlebt haben, kann das helfen“, meint er. „Man sollte stressige Phasen und Rückschläge nur nicht zu sehr an sich als Person und seine Karriere heranlassen.“ 

Der Lebensstil macht sich in seinem Privatleben bemerkbar. „Ich kann an einer Hand abzählen, wie viele Tage ich dieses Jahr nicht gearbeitet habe. Große Ausflüge sind dann auch nicht drin, aber man muss eben gewisse Opfer erbringen.“ Doch wieso eigentlich? Döbeles Eltern und der frühe Tod seines Vaters hatten nur einen bedingten Einfluss auf seine Beziehung zum Arbeiten. Sie hatten nie eine Erwartungshaltung an ihn. Manchmal frage seine Mutter ihn sogar, ob er nicht mal langsamer machen möchte – was für Döbele nicht infrage kommt. „Ich mache das alles für mich und für die ganzen Personen, die von meiner Arbeit profitieren. Meine Mitarbeiter, meine Kunden, meine Follower. Denen gegenüber fühle ich mich verantwortlich, die will ich nicht enttäuschen. Wenn ich 30 Jahre alt bin, möchte ich keine 80 Stunden pro Woche mehr arbeiten. Jetzt bin ich allerdings jung und habe keine familiären Verpflichtungen“, sagt er.  

Foto: David Döbele

Eine Investition in die eigene Zukunft also. Jetzt leiden, später genießen. Döbele und viele andere „Hustler“ opfern viel für die Ziele und Vorstellungen, die sie von ihrer Zukunft haben. Es ist die Vision einer Zukunft, von der man gar nicht wissen kann, ob sie erstens so eintritt und zweitens überhaupt glücklich macht.  

Probleme der Arbeitskultur  

Wirtschaftsinfluencer wie David Döbele mögen für manche Follower motivierend wirken, allerdings vermitteln sie auch ein krankhaftes Verhältnis zur Arbeit und Selbstoptimierung. Außerdem hat Döbele aus der Angst junger Menschen vor der Arbeitswelt ein Geschäft gemacht. Für die Basis-Programme der Beratung bei seinem Unternehmen pumpkincareers zahlen Studierende rund 3000 bis 4500 Euro und erhalten dafür Coaching-Videos, Live-Calls und einen Ansprechpartner bei Fragen. Ob das Tausende Euro Wert ist und ob man als Studierender überhaupt solche Summen zur Verfügung hat, muss wohl jeder selbst entscheiden. 

Der Journalist, Wirtschaftswissenschaftler und Soziologe Ole Nymoen bezeichnet Döbeles Arbeitsverhalten und seine Karriereberatung als problematisch. Er spricht in seinem Podcast „Wohlstand für Alle“ über viele wirtschaftliche Themen und hat sich unter anderem auf Influencer spezialisiert. 

Foto: Ole Nymoen

60 bis 80 Stunden pro Woche zu arbeiten ist laut Nymoen in jedem Fall ungesund – und auch nicht zwangsläufig der Schlüssel zum Reichtum.  „Es gibt viele Menschen, die ähnlich viel arbeiten und die es nur mit Ach und Krach schaffen, den Lebensunterhalt für sich und ihre Familie zu bestreiten. Gerade diejenigen, die viel arbeiten und schlecht entlohnt werden, schaffen den Reichtum für die David Döbeles dieser Welt“, sagt er. Nymoen ist überzeugt, dass Döbele jungen Studierenden ein illusionäres Bild von Reichtum und Arbeit vermittelt. Cleverness und Fleiß reichten nicht aus, um es an die Spitze der Einkommenspyramide zu schaffen.  

Dass in Deutschland noch keine Chancengleichheit besteht und es eben nicht jeder mit nur genug harter Arbeit schaffen kann, lässt sich auch an Zahlen belegen. Oft bestimmt zum Beispiel der soziodemografische Hintergrund, ob jemand studieren kann oder nicht. Daten des Deutschen Zentrums für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW) zeigen, dass von 100 Kindern aus Akademikerfamilien 79 ein Studium an einer Universität oder Fachhochschule aufnehmen. Von Kindern, deren Eltern nicht studiert haben, sind es dagegen nur 27 Prozent.  

„Die meisten Menschen arbeiten in mäßig bis schlecht bezahlten Berufen und halten damit die Ökonomie am Laufen“, sagt Nymoen. Sein Tipp: „Wer sich also um sein eigenes ökonomisches Interesse kümmern will, der sollte sich lieber gewerkschaftlich organisieren, um höhere Löhne zu erwirken, als irgendwelchen Business-Influencern hinterherzulaufen.“ 

Von Tara Yakar


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