Urban Jungle: Sheila (20) hat einen Dschungel im WG-Zimmer
Vor wenigen Jahren standen Pflanzen für die Einrichtung unserer Großeltern oder von Bürokomplexen. Jetzt sind die grünen Mitbewohner, die Monstera, Sanseveria oder auch Calathea heißen – in immer größerer Zahl – im Zuhause vieler junger Menschen zu finden. So auch bei Sheila (20), die fast 50 besitzt. Der Trend heißt „Urban Jungle“.
Eine ruhige grüne Oase in den eigenen vier Wänden – umgeben von der Stadt, ihrem Lärm und Schmutz. Ein „Urban Jungle“. Beim Betreten von Sheilas Zimmer ist es grün: Die Studentin ist Pflanzenliebhaberin. Auf ihren rund 13 Quadratmetern hat sich die 20-Jährige ihren eigenen kleinen Dschungel geschaffen: Egal wo man hinschaut – es ist immer mindestens eine ihrer Zimmerpflanzen in Sichtweite. Die fast 50 Pflanzen, in unterschiedlichen Größen, sind überall im Zimmer der Studentin verteilt. Von ihrem Bücherregal ranken die weiß marmorierten Blätter der Efeutute herunter, neben ihrem Bett steht ihre größte Zimmerpflanze – ein Drachenbaum – und in der Hand hält Sheila ihre geliebte Caladium.
Urban Jungle auch auf Instagram
„Ich mag es Pflanzen im Raum zu haben: Zum einen macht es optisch was her, aber vor allem geben sie dem Raum etwas Lebendiges“, so die Studentin. Von Los Angeles, New York oder Berlin zieht der Urban-Jungle-Trend in die Wohnungen vieler junger Menschen – weltweit. In den letzten Jahren ist der Trend immer populärer geworden. Auf Instagram setzen sogenannte Plantfluencer ihre Zimmerpflanzen gekonnt in Szene. Einige von ihnen haben sogar eigene Pflanzenratgeber geschrieben oder verkaufen Ableger, Stecklinge und Pflanzzubehör in eigene Onlineshops.
Die Pflanzen-Community in den sozialen Medien wächst: Allein unter den Hashtags #urbanjungle und #houseplants haben Pflanzenliebhaber aus aller Welt bereits jeweils mehr als vier Millionen Beitrage auf Instagram veröffentlicht. Auch die 20-jährige Studentin hat sich von den sozialen Medien inspirieren lassen. „In meinem Fall habe ich nun nicht unbedingt auf Instagram eine Influencerin mit vielen Pflanzen gesehen und dachte mir: „Das will ich auch“, aber man ist durch das Internet unterbewusst sicherlich daran gewohnt, Zimmerpflanzen mit etwas Schönem, Wohnlichen zu assoziieren“, sagt die Studentin.
„Zimmerpflanzen geben einem ein Gefühl von ‚Verantwortung übernehmen‘“
Sheila hat schon immer ein paar Zimmerpflanzen besessen, aber das wirkliche Sammeln begann erst während der Corona-Pandemie. Wie viele andere hatte auch sie seitdem mehr freie Zeit und musste sich in ihren vier Wänden beschäftigen. „Ich glaube, dass Zimmerpflanzen einem ein kleines Gefühl von ‚Verantwortung übernehmen‘ geben. Sie sind etwas, worum man sich kümmern kann, aber brauchen trotzdem nicht so viel Aufmerksamkeit und Pflege wie ein Haustier“, sagt die 20-Jährige. Die Pflanzenpflege mache achtsamer und lasse die Pflanzenbesitzer Rituale, wie das Gießen oder das Untersuchen der Pflanzen nach Krankheiten und Schädlingen in den Alltag integrieren, die einem im stressigen Alltag Ruhe bringen. „Zu sehen wie auch Pflanzen leben, sich bewegen – wenn auch in einer ganz anderen Zeit als wir in unserer schnellen Welt gewohnt sind – finde ich wirklich faszinierend“, sagt Sheila.
Im Freundeskreis werden Ableger und Stecklinge getauscht
Mit der steigenden Popularität von Zimmerpflanzen und der wachsenden Community steigt auch das Angebot von Stecklingen. Auf Ebay-Kleinanzeigen oder in Facebook-Gruppen bieten Zimmerpflanzenenthusiasten Ableger und Stecklinge zum Verkauf oder Tausch an. Auch in Freundeskreisen werden Ableger und Stecklinge untereinander getauscht. So ist auch Sheila zu einigen ihrer Pflanzen gekommen. Die Freunde der Studentin, die sich auch für Pflanzen interessieren seien begeistert von ihrem 13 Quadratmeter Urban Jungle. Den Anderen sei es relativ egal: Der Trend begeistert eben nicht jeden so, wie die 20-Jährige.
Mehr Zimmerpflanzen passen zur Zeit kaum noch in Sheilas Zimmer. „Sobald ich ein größeres Zimmer oder sogar eine eigene Wohnung habe, werde ich meine Sammlung mit Sicherheit erweitern. Aber jetzt gerade müssen es nicht zwingend mehr sein – aber mir springt bestimmt bald wieder eine Pflanze ins Auge, die ich unbedingt haben möchte“, sagt die Studentin.
Von Lucas Kreß und Tomma Petersen