Tiktok-Hit „Für immer Frühling“: Newcomerin Soffie im MADS-Interview
So schnell kann’s gehen: Innerhalb weniger Tage ist Soffie mit einem Snippet ihrer Single „Für immer Frühling“ auf Tiktok viral gegangen. Im MADS-Interview erzählt die Studentin von Selbstzweifeln, der Geschichte hinter ihrem Song und was man tun kann, um ein Land zu schaffen, in dem „für immer Frühling ist“.
Soffie, dein erstes Lied hast du mit sechs Jahren geschrieben. Worum ging es da?
Ich erinnere mich noch sehr deutlich an dieses erste Lied, weil ich dafür von meinem Klavierlehrer einen Stern bekommen habe. Es geht in dem Song um einen Wolf, der durch den Wald läuft und ein Reh sucht, das er essen kann. Ich habe dazu noch Noten aufgeschrieben und das Ganze illustriert. Auch wenn das Lied sehr einfach war, war das sicherlich ein wichtiger Eintritt in die Welt des Songwritings.
Du hast also schon sehr früh dein musikalisches Talent entdeckt. Wer oder was hat dich dazu inspiriert?
Tatsächlich habe ich nach diesem Lied eine Weile keins mehr geschrieben. Ich habe nämlich sehr, sehr lange mit dem Gedanken gekämpft, dass ich gar keine gute Songwriterin bin. Ein guter Freund hat mir geholfen, das zu überwinden, indem er meinte: „Komm, wir machen jetzt zusammen eine Songwriting-Session.“ Da war ich etwa 15. Wir haben dann zusammen mit einem anderen Freund etwa drei Jahre lang Musik gemacht. Gerade diese kleine Freundesgruppe spielt eine sehr große Rolle in meinem Songwriting.
Zur Person:
Sofie Aspacher aka Soffie ist 24 Jahre alt und kommt aus der Nähe von Stuttgart. Aktuell studiert sie Popular Music im Master in Mannheim. Die meisten kennen sie durch ihren Song „Für immer Frühling“, der zum viralen Hit auf Tiktok wurde und gleichzeitig zur Protesthymne gegen rechts. Mitte Februar erschien die akustische Version des Songs.
Wie würdest du deine Musik beschreiben?
Ich würde meine Musik grob beschreiben als Indie-Pop mit elektronischen Einflüssen – upbeat, tanzbar. Ich liebe alles, was Energie hat: große Sounds, fette Vocal-Arrangements. Ich experimentiere gerne mit meiner Stimme und gebe ihr gerne Platz.
Kommt daher auch das Doppel-F in deinem Künstlernamen Soffie?
Ja, in der Musik steht das Doppel-F für fortissimo, also für sehr laut. Mir wird oft gesagt, dass ich ein bisschen zu laut bin oder zu viel. Das habe ich mir jetzt einfach zum Steckenpferd gemacht, da ich das eigentlich sehr gerne bin.
Deine dritte Single „Für immer Frühling“ ist auf Tiktok viral gegangen und hat auch auf Spotify inzwischen mehr als acht Millionen Aufrufe. Wie ging es dir, als du realisiert hast, was für einen Hit du da veröffentlicht hast?
Richtig gut. Ich glaube, anders kann man es nicht beschreiben. Mir ist ein bisschen das Blut aus allen Gliedmaßen entwichen. Ich hatte eine Woche lang ganz taube Hände, weil sich das einfach völlig wahnsinnig angefühlt hat. Ich habe auch sehr viel Tagebuch geschrieben in den letzten Wochen, um das festzuhalten.
Soffie: „Der Song war als tröstende Umarmung gedacht“
Ist es komisch, das eigene Lied in zahlreichen Covern und anderen Beiträgen wiederzufinden?
Ich bin natürlich immer wieder überrascht, wenn ich das sehe. Neulich habe ich gesehen, wie eine Sängerin „Für immer Frühling“ auf Französisch übersetzt hat. Das klang wunderschön. Da saß ich erst mal ein bisschen sprachlos vor meinem Handy. Und wenn Künstler wie Alligatoah den Song covern, wird das glaube ich nie aufhören, sich verrückt anzufühlen.
Kannst du etwas zur Entstehungsgeschichte von „Für immer Frühling“ verraten? War die Single von Anfang an als politisches Statement geplant?
Der Song war eher als eine Art tröstende Umarmung für mich selbst gedacht, ein metaphorischer Zufluchtsort für mich selbst. Der ist in einer ganz ruhigen Minute zwischen den Jahren entstanden auf dem super alten Klavier, das im Haus von meinem Papa steht.
Hast du jemals erwartet, dass dein Lied zu einer Hymne gegen rechts in Deutschland wird?
Niemals. Ich glaube, wenn ich das geplant hätte, wäre das auch nicht passiert. So was kann man gar nicht planen, das ist auch mit Authentizität verbunden. Ich glaube, dass Menschen spüren, wenn man einfach nur hinter Klicks her ist – ich hatte eben null Intention. Und ich glaube, der Song findet so großen Anklang, weil sich sehr viele Menschen damit identifizieren und an einem Strang ziehen können.
Warum ist „Für immer Frühling“ gerade jetzt so wichtig?
Der Song ist wichtig, weil so viele Menschen aus denselben Gründen gerade Trost darin finden. Wir haben eine Generation, die sich hoffnungslos fühlt und aus einer Verzweiflung heraus aktiv wird. Man organisiert Demos ja nicht nur zum Spaß, sondern weil man sich der Dringlichkeit bewusst ist, dass sich was verändern muss. Und dieses sich hilflos fühlen, alleine, verzweifelt – ich glaube, das kann der Song gerade ganz gut bekämpfen, weil viele Menschen sich damit gegenseitig etwas unterstützen. Und wenn wir alle zusammenarbeiten, ist alles ein kleines Stückchen weniger schlimm.
Was können wir alle tun, um für ein Land zu sorgen, „in dem für immer Frühling ist“?
Es ist wichtig, eigene Privilegien anzuerkennen. Ich bin mir auch meiner eigenen privilegierten Situation bewusst aufgrund meiner weißen Hautfarbe, meiner Herkunft und meines deutschen Passes. Klar, ich bin eine Frau, auch ich erfahre in gewissen Maßen Unterdrückung. Aber in den Bereichen, in denen ich privilegiert bin, versuche ich, Schwächere zu unterstützen und mich laut zu machen für andere. Also hört einander mehr zu, erkennt eigene Privilegien an und steht für Schwächere ein.
Für deinen Song gibt es nicht nur Lob. Ist dir ein Kommentar in Erinnerung geblieben, der dich sehr berührt hat, und einer, der dich sehr getroffen hat?
Ein Kommentar, der mir auf bittersüße Art und Weise im Gedächtnis geblieben ist, kam von einem Rettungssanitäter. Er schrieb, dass er aufgrund seines Jobs große Probleme mit seiner psychischen Gesundheit hat. Und dass mein Song ihm da gerade durchhilft. So was zu lesen, hat mich sehr berührt. Auf der anderen Seite gibt es super viele Clowns, die aus verschiedensten Gründen sehr hässlichen Kommentare hinterlassen. Ich wünschte, ich könnte die einfach wieder vergessen. Aber es ist teilweise einfach schockierend, was sich die Leute ausdenken, und das vergisst man dann leider nicht mehr.
Wie gehst du mit den negativen Kommentaren um?
Ich arbeite daran, das ist noch super neu für mich. Die digitale Welt vermischt sich ja immer mehr mit der realen. Es hilft mir am meisten, das Handy wegzulegen und mich dann bei einer Freundin aufs Sofa zu kuscheln und einen Film zu schauen.
In deiner Instagram-Biografie versprichst du „ffetten deutschen Indie-Pop“. Was grenzt dich von anderen Pop-Artists ab?
Ich habe immer schon gerne mit mehr Stimmen gesungen. Das war auch der Grund, warum ich mir meine allererste Musikproduktionssoftware geholt habe. Ich habe dann angefangen, selbst Chöre zu bauen. Dieses mächtige Einsetzen von Vocals, von mehrstimmigen Harmonien grenzt mich wahrscheinlich soundtechnisch ab.
Planst du Features – und wer steht ganz oben auf deiner Wunschliste?
Fest geplant ist noch nichts. Ich hätte total Bock auf ein Feature mit Berq, einfach wegen seiner Art und Weise. Er verwendet auch supergeile Vocal-Arrangements. Ansonsten finde ich Dilla auch ganz cool.
Wann können wir mit neuer Musik und deiner ersten Tour rechnen?
Ich bin fleißig am Planen. Neue Musik kommt früher, als vielleicht einige vermuten. Auch live-mäßig ist einiges geplant. Wir sind gerade am Koordinieren einiger Festivalshows. Und wir überlegen auch, eine Herbsttour zu machen.
Interview: Lisa Hofmann
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