Mai Thi Nguyen-Kim von „maiLab: „Wir sollten nicht weniger streiten, sondern besser“
„maiLab“, spätestens seit Corona ist der Youtube-Kanal ziemlich bekannt. Die Wissenschaftlerin Mai Thi Nguyen-Kim erklärt dort regelmäßig komplexe Themen aus dem Feld von Forschung und Wissenschaft – zuletzt vermehrt Corona. In ihren neuestem Video aber geht es um etwas anderes: Nguyen-Kim hat keine Lust mehr aufs Streiten.
„Über Corona reden heißt streiten“, sagt Mai Thi Nguyen-Kim zu Beginn. Nguyen-Kim, die bei Youtube auf ihrem Channel „maiLab“ komplexe wissenschaftliche Themen erklärt, spricht in ihrem neuesten Video „Versöhnung“ über die Debatten, die mit der Coronakrise immer wieder aufkommen, über Lager und über das „wir gegen die“, obwohl die Ansichten vielleicht gar nicht so unterschiedlich sind, wie wir annehmen.
„maiLab“ zeigt komplexe wissenschaftliche Themen einfach verständlich
Was sie besonders stört: Persönliche Angriffe. Die seien seit Corona schlimmer geworden. Auf „maiLab“ informiert sie immer wieder über die Krise und das Virus, unter anderem viral ging auch ihr Video zum Thema „So endet Corona“. Für ihre Informationsarbeit auf „maiLab“ erhielt Nguyen-Kim im vergangenen Jahr sogar das Bundesverdienstkreuz und wurde 2020 „Journalistin des Jahres“. Ab April wird sie außerdem mit einer eigenen Show bei ZDFneo zu sehen sein und die Reihe „Terra X“ mitgestalten.
Sie greift immer wieder die neuen Debatten rund um das Coronavirus auf, erklärt, warum das Virus so gefährlich ist. Und muss sich auch verteidigen. Die Angriffe seien allerdings nicht deswegen so frustrierend, weil sie sich wünscht, alle würden sich gut verstehen, sondern weil diese einfach Zeitverschwendung wären. „Zeit, die wir in lösungsorientierte Debatten stecken könnten“, so Nguyen-Kim. Doch vielleicht ist der Graben, der die beiden Lager teilt, gar nicht so tief, vermutet sie weiter. Warum, soll ihr Video klären. Es ist ein Versöhnungsversuch.
So manche Meinungen in der Corona-Krise seien einfach extrem, beispielsweise wenn man Corona nur für eine Inszenierung halte, sagt sie. Diese Denkweise lässt Nguyen-Kim in ihrem Video allerdings außen vor. Stattdessen konzentriert sie sich auf die zwei Punkte von Gesundheit versus Wirtschaft. Der gemeinsame Nenner, den beide Lager hätten, wäre gar aber nicht so unterschiedlich, wie man annehmen könnte, erklärt sie. Beide wollten letztendlich ja die Kontrolle über das Virus zu behalten – Konsens sei also da. Auch in der Frage, wie es weitergehen soll: So wie jetzt nämlich nicht.
Streitkultur sollte sich ändern
Nguyen-Kim fragt aber auch: Was ist dann der richtige Weg? Öffnungen zugunsten der Wirtschaft, jedoch zum Schaden des Gesundheitswesens oder harter Lockdown, um Krankenhäuser und Personal zu entlasten, die Infektionszahlen niedrig zu halten? „Es ist ein Balanceakt für Wirtschaft und Gesundheit“, so die Wissenschaftlerin.
Aber warum das Video? Eigentlich geht es Nguyen-Kim nicht nur um Dinge wie die „No-Covid-Strategie“ und die vielen Meinungen dazu. Das ist nur der Aufhänger für die eigentliche Thematik des Videos. Sie will über die Art reden, wie wir heute Meinungen vertreten, nicht, dass wir es überhaupt tun. Es sei wichtig, dass man über diese Strategie diskutiere – jedoch ohne Missverständnisse. Und davon gebe es viele. Es gehe zum Beispiel nicht darum, Covid-19 komplett auszurotten, sondern lokale Ansteckungsgeschehen einzudämmen. Für sie sei diese Strategie sinnvoll, oder zumindest die Idee, möglichst nah an dieses Ziel zu kommen. „Aber, das ist meine Meinung. Die man nicht teilen muss“, sagt sie und kommt zum Kern.
„Mich frustriert, das wir momentan nicht debattieren können, ohne uns direkt komplett zu zerfleischen, obwohl wir so viele gemeinsame Interessen haben!“ Und das, obwohl sie als Wissenschaftlerin Diskussionen liebt. „Debatte is my love language“.
Sie appelliert daran, das stattdessen klar sein sollte, das jeder in einer anderen Realität lebt und in der eigenen Realität kämpft – aber wir alle letztendlich im gleichen Boot sitzen. Sie will, dass sich die Menschen einander zuhören und zumindest versuchen, uns gegenseitig zu verstehen. Sie betont, man könne zwar nicht jeden Streit beilegen, das will sie auch nicht. Man müsse um die beste Lösung ringen. „Wir sollten nicht weniger streiten, sondern besser, konstruktiver, lösungsorientierter“, und unnötige Debatten vermeiden, denn „wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte“, und der sei in diesem Fall das Virus selbst.
von Vanessa Gregor
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