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Lena (14) aus Lubmin und ihre Leidenschaft für Orgelmusik

Lena (14) aus Lubmin und ihre Leidenschaft für Orgelmusik
Foto: privat

Lena Bade geht in die 8. Klasse und spielt Orgel. Sie wird in Rostock, Greifswald und Wolgast unterrichtet. Aber nicht nur an der Orgel.

Würde die 14-jährige Lena heute Organistin sein, wenn ihre Mutter nicht zufällig und aus Versehen vor sechs Jahren für 23 Euro ein Harmonium ersteigert hätte? Und wenn dann die Grundschülerin nicht die Tasten berührt hätte und das Kind ungeduldig geworden wäre und die Lubminer Kantorin nicht vorgeschlagen hätte, es mal zu probieren? Wer weiß. Lena Anna Marie Bade aus dem Seebad Lubmin am Greifswalder Bodden spielt Orgel.

„Das ist ein tolles Instrument, es ist immer groß und hat einen bewundernswerten Klang“, sagt Lena, die in Wolgast in die 8. Klasse geht. Na ja, zurzeit ist Homeschooling angesagt. „Ich vermisse die Klasse und die Freunde – allmählich findet man auch die Motivation für Schule nicht mehr“, sagt die Einser-Schülerin. Mit ihren beiden Brüdern muss weiterhin zu Hause gepaukt werden, sie hangeln sich, wie alle Schüler, von Meeting zu Meeting. Aber Lena klagt nicht, klingt frisch und wach, trägt eine Brille mit auswechselbaren Bügeln, heute hat sie weiße Bügel mit schwarzen Noten gewählt.

Mit Orgel und Querflöte bei „Jugend musiziert“ dabei

Lena ist das, was man landläufig ein Talent nennt. Schon früh, berichtet ihre Mutter Sonja Bade (47), wurde eine sogenannte Inselbegabung festgestellt. „Was ihre Augen sehen, können ihre Finger schnell umsetzen – mit Flöten- und Klavierunterricht war sie wohl noch nicht genug gefordert“, erzählt sie. „Mit der Orgel, bei der sie mit allen Extremitäten spielen muss, ist nun auch der Kopf ausgelastet“, scherzt Sonja Bade. Querflöte spielt sie ja nach wie vor. So wie die Orgel, auf relativ hohem Niveau. Immerhin: Mit beiden Instrumenten ist sie beim Bundeswettbewerb „Jugend musiziert“ dabei, mit beiden Instrumenten ist sie bei der Young Academy Rostock (Yaro), dem Internationalen Zentrum für musikalische Frühförderung an der HMT der Hansestadt, vertreten. „Einmal im Monat habe ich dort, mit der Querflöte, Präsenzunterricht.

Ballettschuhe beim Orgelspiel

Wenn Lena Orgel spielt, trägt sie dünne Ballettschuhe, die mit einem kleinen Absatz versehen sind. „Mit diesen Schuhen habe ich eine gute Verbindung zu den Pedalen“, erklärt sie. An den Handgelenken trägt sie in den kühlen Gotteshäusern, in denen sie an den mächtigen Instrumenten sitzt, Stulpen, „damit der Puls warm bleibt“. Aber eigentlich, sagt sie, werde ihr beim Spielen nicht kalt, selbst wenn es mal nur knapp über null Grad Celsius warm ist, wie etwa im Greifswalder Dom oder in der Kirche von Wusterhusen. „In der kleinen Lubminer Petri-Kirche, in der ich meist spiele, gibt es eine Heizung.“

Lena hört gern Deutsch-Pop

Unterrichtet wird sie, was die Orgel betrifft, von Prof. Frank Dittmer vom Institut für Kirchenmusik und Musikwissenschaft in Greifswald. Sie lässt Bach erklingen, Mendelssohn, Nicolaus Bruhns. „Ich mag auch die Stücke aus der Romantik“, berichtet Lena. Kann man Popsongs auf einer Orgel spielen? „Das kommt auf die Orgel an, aber es ist schwierig“, sagt sie. Privat hört sie gern deutschen Pop, etwa Ina Müller. Was ist mit Rammstein? „Das ist eher der Geschmack meines Vaters.“

Ohne Hilfe wären Kosten kaum zu stemmen

Ach ja, im Chor singt Lena auch noch. Ihre gesamte Familie singt im Chor, alle nehmen Gesangsunterricht. Lena hat an der Kreismusikschule Wolgast auch Klavier- und Querflötenunterricht, Musiktheorie gehört ebenfalls dazu. Kostet alles Geld. Die Achterkerke-Stiftung aus Heringsdorf unterstützt die Ausbildung von Lena. „Ohne diese Unterstützung – Lenas Kosten belaufen sich auf gut 1600 Euro pro Jahr – würden wir es nicht schaffen“, sagt Sonja Bade. Gerade in diesen Zeiten nicht. Die Bades betreiben eine Pension. Und was Hotels und Pensionen derzeit für Einkünfte haben, ist bekannt: So gut wie keine. Von staatlichen Hilfen hat die Familie seit dem 1. Januar nichts mehr gesehen.

Und nach dem Abi?

„Ich möchte nach dem Abitur Kirchenmusik und Chorleitung studieren“, blickt Lena voraus. Es gibt aber nicht nur die Musik. Früher hat Lena voltigiert. Aber aufgrund einer Stauballergie und des Risikos von Handverletzungen musste sie dieses Hobby aufgeben. „Dafür fahre ich jetzt Wave Board.“ Oder trainiert ab und zu beim Rollstuhlbasketball mit – ihre Mutter ist im Verband für Behinderten- und Rehabilitationssport angestellt und ist, das kann hier erwähnt werden, ausgebildete Sängerin. Lena ist oft mit ihrer Freundin am Strand von Lubmin unterwegs, der nicht weit von ihrem Zuhause entfernt liegt. Oder sie liest – vorzugsweise Fantasy-Romane, beispielsweise die Fantasy-Reihe „Warrior Cats“.

Elektrische Orgel steht zu Hause

Beinahe täglich übt Lena gut 90 Minuten Klavier, Orgel oder Querflöte. Eine elektrische Orgel, ähnlich einem Keyboard, mit zwei Tastenreihen und einer Pedalreihe, steht bei ihr daheim. Auch die Lubminer Kirche ist immer wieder Übungsraum. Sie hofft, irgendwann einmal in der Stralsunder Kulturkirche St. Jakobi spielen zu können. „Die Orgel dort ist sehr groß, verfügt über viele Register und einen so schönen Klang.“

Wie ist das beim Orgelspiel, kann man dabei in einen „schwebenden“ Zustand geraten? Lena überlegt kurz. „Bei neuen Stücken konzentriere ich mich. Aber wenn ich ein Stück automatisiert spielen kann, ich nicht mehr darüber nachdenken muss und es wie von selbst fließt, werde ich immer ruhiger.“

Von Klaus Amberger

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