Kommentar: Ist der Hass gegen den Tiktok-Account „Mitreden“ berechtigt?
Eigentlich soll der Tiktok-Account „Mitreden“ über Diskriminierung aufklären. Die Moderatorinnen und Moderatoren stehen allerdings in der Kritik. Doch sind die negativen Kommentare unter den Videos berechtigt? Ein Kommentar.
Was bedeutet BIPoC, und wofür stehen eigentlich die Farben der Regenbogenflagge? Solche Fragen beantworten die Moderatoren und Moderatorinnen des Tiktok-Accounts @mitreden. Sie sprechen über Sexismus, Rassismus und klären über Themen der LGBTQIA+-Community auf. Das kommt allerdings nicht bei allen gut an: In den Kommentarspalten häufen sich Hasskommentare und Beleidigungen. Mittlerweile haben sich deshalb sogar zwei Moderatorinnen von dem Format getrennt.
Klischeehafte Darstellung von dümmlichen Männern
Menschen, die rassistische, homophobe, transfeindliche oder sexistische Aussagen treffen, werden in einigen Videos parodiert. Verkleidet mit Fake-Bart und einer tiefen, dümmlichen Stimme stellen die Moderatorinnen Menschen dar, die sich diskriminierend verhalten. Die höhnischen Parodien können also vor allem Männer provozieren, die sich durch die Pauschalisierungen in die Ecke gedrängt fühlen. Sobald dann auch noch Videos veröffentlicht werden, deren Argumentationen nicht ganz schlüssig sind, breitet sich in den Kommentarspalten der Hass aus. Kritiker teilen die Videos, machen sich über sie lustig und fördern die Hate-Kommentare.
Ein Beispiel für ein Video mit einer recht unschlüssigen Argumentation: Eine Moderatorin regt sich darüber auf, dass Blut in Tampon-Werbungen durch blaue Flüssigkeit ersetzt wird, während in Horrorfilmen „das Blut nur so spritzt“. Vergleichbar ist Periodenblut allerdings sicher nicht mit dem Blut in Horrorfilmen. Immerhin ist das Ziel einer Tampon-Werbung, Menschen zum Kauf anzuregen und nicht – wie in einem Horrorfilm – Menschen Angst einzujagen. Blut könnte bei Tampon-Werbungen kontraproduktiv wirken. Außerdem wird das Publikum vor Horrorfilmen vor blutigen Szenen gewarnt – denn: Nicht jeder Mensch kann und möchte Blut sehen.
Unkonstruktive Kritik an „Mitreden“-Videos
Auch wenn ein paar Argumentationen der Videos etwas schräg sind, sprechen die Moderatoren und Moderatorinnen über alltägliche und wichtige Themen. Sie erläutern etwa unterschiedliche Arten des Gender Pay Gaps, setzen sich für die Selbstbestimmung von Frauen ein und weisen daraufhin, mit welchen Worten man seine Mitmenschen rassistisch verletzen könnte.
Konstruktive Kritik gehört auf einem Kanal, der sich selbst „Mitreden“ nennt, auf jeden Fall dazu. Ein Spam aus Hass-Sprüchen dagegen nicht. Diese Kommentare bringen niemandem etwas und zeigen erst recht, wie wichtig die Aufklärung in den Bereichen Sexismus, Rassismus und LGBTQIA+ noch immer ist.
Mittlerweile sind die Videos von „Mitreden“ auch nicht mehr ganz so provokant wie früher. Unkonstruktive Kritik gibt es zwar immer noch. Doch immerhin: Die nervigen Spam-Kommentare sind verschwunden – vielleicht hat auch der Moderatorenwechsel geholfen.
Von Victor Li