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Sonny Loops im Interview: „Oft sind es in der Szene eher Zweckgemeinschaften als Freunde“

Sonny Loops im Interview: „Oft sind es in der Szene eher Zweckgemeinschaften als Freunde“
Foto: Sonny Loops

„Früher war sie noch geil“, „Sport würde ihr gut tun“, „Die ist fett geworden“: Das sind Kommentare, mit denen sich Content-Creatorin Sonny Loops täglich unter ihren Posts herumschlagen muss. Wie Kommentare über ihren Körper die Influencerin beeinflussen und warum es vielen Influencer*innen nur ums Geld geht, offenbart Sonny Loops im Interview mit MADS-Autorin Tara.


Die 29-jährige Sonja Maria Denning ist seit neun Jahren unter dem Namen Sonny Loops auf YouTube bekannt. Themen auf ihrem Kanal sind Unterhaltung, Lifestyle und Beauty. In den letzten Jahren spricht sie auch ernstere Themen wie Bodyshaming an und berichtet von den Schattenseiten auf Social Media. In dem von ihr veröffentlichen Video „Darum bin ich so fett geworden“ bezieht Sonny Loops Stellung und reagiert auf die vielen Hate-Kommentare, die sie täglich unter ihren Videos erhält.

Sonny, du warst in den letzten Monaten besonders viel von Hate-Kommentaren über deinen Körper betroffen. Was hat das mit dir gemacht?

Dadurch, dass ich schon seit 2014 in der Öffentlichkeit stehe, bin ich es gewohnt, dass sich Leute über meine Optik austauschen. Früher ging es aber eher in eine sexualisierende Richtung. Ich habe das letztens erst reflektiert und gemerkt, dass sich damals viele an mir richtig ekelhaft aufgegeilt haben. Je mehr ich zugenommen habe, desto stärker war der Switch von Leuten, die das jetzt wiederum sexualisieren oder eben respektlose Kommentare schreiben. Das trifft einen schon manchmal. Vor allem, wenn ich mir gerade denke, dass ich gut aussehe und dann zehn Kommentare lese, wie fett ich ja geworden sei.

Inzwischen sagst du selbst, dass du dir eine härtere Schale angelegt hast. Wie hast du das geschafft? 

Das hört sich jetzt dumm an, aber ich versuche mir bei den Leuten vorzustellen, was falsch mit ihnen ist. Menschen, die sowas schreiben, müssen so unzufrieden mit ihrem eigenen Leben sein, was mir dann eine Genugtuung gibt. Mir geht es gut und die müssen ihren Frust an mir rauslassen – scheiß drauf. Ich will gar nicht sagen, dass ich über denen bin und schon mehr erreicht habe im Leben. Das Mitleid, was sich daraus entwickelt, hilft mir allerdings die harte Schale aufrechtzuerhalten.

Social Media ist ein sehr oberflächliches Berufsfeld. Wie hast du es geschafft, dich mehr von deinem Aussehen als konstantes Druckmittel zu lösen? 

Richtig lösen kann man sich davon glaube ich nie, weil man dauerhaft der Meinung anderer Leute ausgesetzt ist. Dadurch, dass momentan aber immer mehr der Video-Content im Fokus steht, sieht man immer realistischere Aufnahmen, als auf bearbeiteten Fotos. Das hilft mir sehr. 

Die Influencer*innen-Szene kann sehr oberflächlich sein. Welche Erfahrungen hast du gemacht? 

Ich denke immer, alle Menschen sind gut und öffne mich dann zu schnell. Das ist mir in der Vergangenheit leider schon zum Verhängnis geworden, weil viele Social Media einfach nur als Business sehen. Einmal hat eine Person zum Beispiel drei Mal bei mir übernachtet und gesagt: „Krass, es gibt wirklich Influencer, die denken, dass man ehrlich befreundet sein kann. Im Endeffekt schieben wir uns doch alle nur die Reichweite hin und her.“ Und man sitzt dann verblüfft da, weil man dachte, dass man wirklich befreundet ist.

Vor allem nach außen hin sieht es dann so aus, als wären alle miteinander befreundet und haben so viel Spaß auf den Events. Viele vergessen aber, dass wir alle irgendwo Entertainer sind und auch, wenn viele oberflächlich super nett sind, sie es dann doch nur als Beruf ansehen. Oft sind es in der Szene eher Zweckgemeinschaften als Freunde. Man sieht auch selten große Creator, die mit kleinen Creatorn befreundet sind und das posten. Das sind dann immer eher zwei große. Daran könnte man auch schon hinterfragen, ob man in der Bubble nicht nur voneinander profitieren will. 

Du bist jetzt schon seit vielen Jahren Influencerin. Was hat sich am Stärksten verändert? 

Es ist alles schnelllebiger geworden. Früher hat man ein Video die Woche hochgeladen, heute drei Tiktoks am Tag. Es gibt Trends, die zwei Wochen anhalten und dann gibt es schon wieder was Neues. Damals haben sich Themen viel länger gezogen und Leute haben mehr Videos dazu gemacht. Die Schnelllebigkeit kann aber auch gut sein, wenn es beispielsweise um Shitstorms geht. Trotzdem finde ich das alles sehr schade. Viele Creator auf Tiktok gehen viral, obwohl sie überhaupt keinen Mehrwert oder Fähigkeiten besitzen. So viele junge Leute konsumieren diese kurzen Videos und kommentieren, dass sie genauso aussehen wollen und eifern unrealistischen Schönheitsidealen hinterher. Das finde ich sehr problematisch. 

Was machst du als Teil der Influencer-Szene dagegen? 

Ich möchte nicht, dass es cheesy wirkt. Viele versuchen dagegen zu wirken und merken, dass es einmal gut angekommen ist und zeigen dann in jedem Video ihren Bauch, der nicht „perfekt“ ist und bauen ihren Content dann nur noch darauf auf. Das wirkt dann so, als würden sie auch davon wieder nur profitieren wollen. Was jeder machen kann: Sich auf Social Media auch mal ungeschminkt und in Gammel-Klamotten zu zeigen und Realtalk zu sprechen.

Du hast mit deinem Video „Ich bin fett geworden“ für eine Sensibilisierung des Themas gesorgt. Was waren weitere Auswirkungen? 

So ein Video bewirkt natürlich beides. Auf der einen Seite habe ich viele positive DMs und Kommentare bekommen. Mir war aber auch klar, dass viele dann erst recht weiter haten würden. Vor ein, zwei Jahren habe ich noch zehn Kilogramm weniger gewogen, als ein Youtuber meinte: „Früher war sie mal geil, aber jetzt ist sie fett geworden“. Seine Fans haben daraufhin natürlich richtig reingeschlagen. Das tut weh. Aber umso wütender ich darüber bin, desto mehr fange ich an, mich selbst zu lieben. Ich weiß, dass nichts falsch mit mir ist. Ich wollte das Video drehen, damit Leute, die so aussehen wie ich, nicht denken, dass sie fett sind. 

Warum beziehen nicht mehr Influencer*innen öffentlich Stellung? 

Ich habe das Gefühl, dass durch die Tiktok-Generation jeder noch selbstbezogener geworden ist. Man macht sich auch immer angreifbar, wenn man etwas zu einem Sachverhalt sagt. Viele äußern sich ja inzwischen noch nicht mal zu eigenen Shitstorms. Heutzutage schauen viele nur auf sich selbst und wollen perfekt kundenfreundlich sein. 

Was wünschst du dir diesbezüglich von Menschen auf Social Media? 

Zum einen wünsche ich mir, dass sich Creator untereinander noch mehr unterstützen. Das gabs früher auch noch mehr als heute. Dass man Stellung bezieht und auch öffentlich hinter der Person steht, auch wenn man sich privat schon schreibt, dass es ihnen Leid tut. Und dann wünsche ich mir, dass man erst überlegt, welche Kommentare man verfasst und was das mit einem Menschen machen kann, der das liest.

Interview von Tara Yakar


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Über den Autor/die Autorin:

MADS-Team

Unter diesem Namen sammeln wir Beiträge von Gastautorinnen und -autoren, Autorenkollektiven oder freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bei MADS. Die Namen des jeweiligen Autors oder der jeweiligen Autorin stehen unter dem einzelnen Beitrag.

1 Kommentar

  1. dubi Daniel

    Der Fluch der Bekanntheit. Wer sich bewußt und immer wieder der Öffentlichkeit stellt, (und damit auch Geld verdienen will und es gut tut), muß mit solchen Neidkommentaren leben. Es wäre anders herum ein Leichtes, seine Konten aufzulösen und sich einem normalen Beruf zu widmen. Ein Schlosser, Sanitärinstallateur oder Krankenschwester ist von derlei eher nicht betroffen.

    Antworten

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