Hilft „Avatar: The Way of Water“ den Kinos aus der Krise?
Netflix, Disney+ und Amazon Prime Video: Immer mehr Streamingdienste scheinen dem Kino Konkurrenz zu machen – gerade beim jungen Publikum. „Avatar: The Way of Water“ soll die Menschen wieder vor die große Leinwand bringen.
Jugendliche streamen Filme und Serien nur noch bei Netflix und Co. und stürzen das Kino damit in die Krise? Von wegen! Tatsächlich machen Jugendliche in Deutschland den größten Teil der Kinobesucher aus. Im Jahr 2020 nahmen die Zehn- bis 19-Jährigen einen Anteil von 20 Prozent ein. Alle anderen Altersgruppen sind in den Kinos weniger vertreten. „Wir spüren an den Zahlen, dass im Moment ein wenig mehr Jugendliche ins Kino kommen. Wir hatten in diesem Jahr Filme von Marvel und jetzt auch „Avatar“, das finden Jugendliche interessant“, sagt Christine Berg, Vorstandsvorsitzende des HDF Kinoverbandes.
Doch weil auch solche Filme oft schon kurz nach dem Kinostart auf den Streamingdiensten landen, müssen sich die Kinos dennoch irgendwie absetzen. Das gelingt beispielsweise durch die neue technische Ausstattung in den Kinos. Es gibt besondere Sessel, Liegen und Sofas oder auch die größte IMAX-Leinwand der Welt in Leonberg bei Stuttgart. Außerdem veranstalten Kinos immer mehr Events, die das Angebot erweitern. Theaterstücke, Opern, die „Met“ oder auch die Comedy-Sendung „LOL – Last One Laughing“ wandern in die Kinosäle. Auch aktive Veranstaltungen wie Tanzabende in einem Kasseler Kino werden angeboten. Mal für Ältere, mal für Jüngere. „Wir schaffen einen neuen Charakter neben dem klassischen Kino, das wir alle lieben. Wir überlegen neu, und gehen neue Wege“, sagt Berg
Kino: „Wundervolle Stunden ohne Handy“
Berg ist davon überzeugt, dass das Heimkino da nicht mithalten kann. Schließlich könnten sich die meisten an ihren ersten Film im Kino erinnern – nicht aber an den ersten Film, den man auf Netflix gesehen habe. „Es ist etwas ganz Besonderes, wenn ich mich in einen Raum setze, das Licht geht aus, und ich sitze dort mit 100 anderen Menschen. Ich kann zwischendurch nicht auf mein Handy gucken oder rausgehen, und trotzdem habe ich die wundervollsten Stunden, die ich haben konnte“, sagt sie.
Laut einer Studie der Filmförderungsanstalt (FFA) aus dem Jahr 2019 haben die Streamingdienste und das Kino aber hauptsächlich dasselbe Publikum. 67 Prozent der 14- bis 29-Jährigen, die Abonnenten eines Streamingdienstes sind, gehen auch ins Kino. Von denen, die nicht streamen, gehen nur 30,5 Prozent ins Kino. Wer Serien auf Netflix ansieht, genießt also auch die große Leinwand. Daher müssen Streamingdienste und Kino eigentlich nicht in den Konkurrenzkampf treten.
Ein besonderer Hoffnungsschimmer, um Groß und Klein wieder in die Kinos zu locken, ist aktuell „Avatar: The Way of Water“. „Ich glaube, dass es im doppelten Sinne großartig ist“, sagt Berg. „Da sind zum einen die Technik und die Bilder. Zum anderen haben wir jetzt seit zwei Jahren Pandemie, hohe Energiekosten und in unserer Nähe herrscht Krieg. In so einer Zeit möchte man sich einfach verzaubern lassen, und das schafft „Avatar“ auf unglaublich intelligente Art und Weise.“ Auch sind sich Berg und andere Experten einig, dass „Avatar 2“ in 3D gesehen werden sollte, auch wenn der Trend dazu in den vergangenen Jahren eher rückläufig war.
Die Jugend möchte träumen
Berg erwartet, dass der zweite Teil des erfolgreichsten Filmes aller Zeiten gut ankommt – und das nicht nur bei alteingesessenen Fans, die schon den ersten Teil vor 13 Jahren im Kino gesehen haben. „Ich glaube, das ist so ein Film, der alle anspricht. Außer die, die nicht träumen möchten. Die Jugend mag das auch“, sagt Berg. Sie sei großer Fan der jetzigen Jugend, sagt sie. Es sei unglaublich, mit welcher Kraft sie an Themen herantrete und wie wissbegierig sie sei.
Dass die Generation Z das Kino nicht abgeschrieben hat, zeigt sich auch in den sozialen Medien. Trends wie die „Gentleminions“ gehen schnell viral und beeinflussen die Kinos. Mitte dieses Jahres besuchten etliche Teenager den Kinderfilm „Minions 2“. Dabei trugen sie Anzüge und filmten den Kinobesuch. Teilweise kam es zu Ausschreitungen und randalierenden Jugendlichen. „Ich weiß noch, wie die Kinobetreiber uns das geschickt haben und meinten: Ihr glaubt nicht, was hier passiert!“, sagt Berg. Doch war der Trend nun hilfreich oder eher schädlich? „Das Kino ist ein offener Ort. Manchmal muss man sich einfach aneinander gewöhnen. Es ist natürlich nicht in Ordnung, wenn Menschen ins Kino gehen und sich dann gestört fühlen. Man muss also sehen, wie man miteinander zurechtkommt. Wir sind da aber sehr offen, solange das Vergnügen nicht darunter leidet.“
Von Emelie Trimpel
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