Gutachten sieht E-Sport nicht als Sport an: Spieleforscher widersprechen
Der Deutsche Olympische Sportbund sieht sich durch ein von ihm in Auftrag gegebenes Gutachten bestärkt: Konsolenspiele sind kein Sport. Die körperlichen Anforderungen sind nicht hoch genug. Spieleforscher üben scharfe Kritik an dem Gutachten.
E-Sport ist kein Sport – zu diesem Schluss kommt ein 120 Seiten starkes Gutachten, das der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) bei dem Düsseldorfer Juristen Peter Fischer in Auftrag gegeben hatte. Spieleforscher eines Berliner Instituts haben an dem Gutachten scharfe Kritik geübt und widersprechen. Alle vom DOSB gegen den E-Sport ins Feld geführten Argumente seien „obsolet und inhaltlich nicht haltbar“, hieß es am Mittwoch in einer Stellungnahme der Berliner SRH Hochschule für Kommunikation und Design. Das dortige Institut für Ludologie forscht zu allen spielwissenschaftlichen Phänomenen.
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E-Sport wird nicht gemeinnützig
In dem DOSB-Rechtsgutachten hieß es, dass der Begriff Sport „durch die langjährige Rechtssprechung im traditionellen Sinne der Anforderungen an die Körperlichkeit konkretisiert“ sei. Jegliches Spiel an der Konsole falle nicht unter diesen und sei „kein Sport im Sinne des geltenden Rechts“. Dem Verlangen des E-Sports, als gemeinnützig anerkannt zu werden und damit unter anderem steuerliche Vorteile zu genießen, erteilt das Gutachten damit eine Absage.
Geht es um Fördergelder?
„Der DOSB lehnt E-Sport ab, versucht dies nun aber anhand kruder Verengungen auf bestimmte Definitionsmerkmale hinsichtlich des Sportbegriffs auf rechtliche Beine zu stellen. Das macht in meinen Augen vor allem deutlich, dass der DOSB seine Felle davonschwimmen sieht“, sagte Instituts-Sprecher Timo Schöber. Der DOSB habe Angst, „dass der E-Sport an Fördertöpfe des klassischen Sports gelangen möchte.“ Der DOSB sollte sich klar zum E-Sport als Sport bekennen.
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Kritiker sehen unfaire Verteilung des Begriffs „Sport“
Vor allem die Definition des Begriffes Sport durch die Körperlichkeit stellt das Institut mit Blick auf DOSB-Mitglieder wie Billard, Dart, Minigolf, Schach und Schützensport massiv in Frage. „Von einer umfassenden Körperlichkeit kann bei diesen Sportarten vollständig oder in Teilen weniger die Rede sein als beim E-Sport“, hieß es in der Erklärung.
Gerade beim Schützensport stelle sich die Frage, warum das Schießen mit echten Waffen für den DOSB sportethisch in Ordnung zu sein scheint, Shooter-Spiele wie „Counter-Strike“ oder gar Strategiespiele wie „League of Legends“ aber nicht.
Der DOSB unterscheidet seit dem Herbst vergangenen Jahres beim E-Sport zwischen Sportartensimulationen wie dem Fußballspiel FIFA, die sich eng am eigentlichen Sport orientieren und für Vereine und Verbände Potenzial für deren Weiterentwicklung böten, und den von ihm als eGaming bezeichneten sportfernen Spielen wie Counter Strike, League of Legends oder virtuelle Kartenspiele.
Politik rudert zurück
Seitdem die Bundesregierung im Frühjahr 2018 die Förderung des E-Sports in ihren vorläufigen Koalitionsvertrag geschrieben und sogar von der „Schaffung einer olympischen Perspektive“ gesprochen hatte, gibt es den Streit um die Anerkennung des E-Sports als Sport. Die Politik ruderte allerdings zurück und verwies auf die Autonomie der Verbände bei der Anerkennung von Sportarten.
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RND/dpa