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Gehypte Frucht: Welchen Einfluss Instagram auf unseren Avocado-Konsum hat

Gehypte Frucht: Welchen Einfluss Instagram auf unseren Avocado-Konsum hat
Foto: Quelle: obs/warenvergleich.de
  • Seitdem es Instagram gibt, ist die weltweite Avocado-Produktion um die Hälfte angestiegen.
  • Allein in Deutschland hat sich die Importmenge von Avocados um mehr als 300 Prozent erhöht.
  • Doch die Ökobilanz ist schlecht: Um ein Kilo Avocado zu produzieren, werden etwa 1000 Liter Wasser benötigt.

Ab und zu gibt es sie noch, die wirklich großen Trends. Veränderungen, die niemand voraussagen kann, die uns aber noch lange prägen. So geschehen mit der Avocado: Vor zehn Jahren hätte sich vermutlich niemand träumen lassen, dass eine geschmacklich relativ nichtssagende Frucht mit warziger Schale und einem verhältnismäßig großen Kern weltweit Begeisterungsstürme auslöst. Nun fragt man sich: Wie konnte aus einem weitgehend unbekannten, mittelamerikanischen Lorbeergewächs das meistfotografierte Nahrungsmittel der Welt werden?

Die Erklärung ist absurd: Schuld hat möglicherweise das soziale Netzwerk Instagram. Denn seitdem es die Foto-Plattform gibt, ist der Anbau von Avocados rapide angestiegen. Allein in Deutschland hat sich die Importmenge seit der Instagram-Gründung im Jahr 2010 um mehr als 300 Prozent erhöht. Doch der Avocado-Boom hat auch seine Schattenseiten. Denn die grüne Luxusbeere sorgt auf unseren Vollkornbroten, bestreut mit Salz, Pfeffer und Kresse, zwar für kulinarische Genüsse, aber auf der anderen Seite der Welt leidet die Natur und die dort lebende Bevölkerung unter dem steigenden Avocado-Konsum.

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Warum wir Avocados lieben

Keine Frage, Avocados sind beliebt wie nie. Das ist nicht weiter verwunderlich, denn die birnenförmige Frucht gilt unter Ernährungsexperten als Superfood – und rangiert damit auf einem Platz mit Chia-Samen, Goji-Beeren und Açaí. Avocados enthalten jede Menge ungesättigte Fettsäuren, Kalium und Folsäure. Letztere regt die Serotoninbildung an, weshalb wir den Verzehr von Avocados auch mit Glücksgefühlen verbinden.

Ihre buttrig-weiche Konsistenz und der leicht nussige Geschmack machen die Avocado außerdem vielseitig einsetzbar. Zum Beispiel mit Gewürzen, im Salat, in einer Bowl oder im beliebten Guacamole-Dip. Der Fantasie sind bei der Verwendung der grünen Superfrucht keine Grenzen gesetzt – es gibt buchstäblich nichts, was es nicht gibt. Denn Avocados werden ebenso als Brötchenersatz für Burger verwendet, in Kombination mit Schokolade als leckeres Dessert serviert oder als Kaffeetasse genutzt, wenn man einem Foodtrend aus Australien (Avocado Latte) glauben möchte.

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Der Einfluss von Instagram

Seitdem es die Foto-Plattform Instagram gibt, ist die weltweite Avocado-Produktion um fast die Hälfte angestiegen. Waren es 2010 noch knapp vier Millionen Tonnen, sind es heute gut sechs Millionen. Ein Zufall? Wohl kaum! Auch wenn die Frage nach der Ursache – wie bei der Henne und dem Ei – bisher nicht geklärt werden konnte, lässt sich doch ein nicht zu leugnender Zusammenhang erkennen.

Denn soziale Medien haben einen erheblichen Einfluss auf unsere Wahrnehmung. Dabei muss hinter Fotos von wunderschön drapierten Avocado-Bowls nicht einmal ein werblicher Zweck stecken. Schon die Vielzahl der Avocado-Bilder, die tagtäglich in unseren Feed gespült werden, sorgt für Aufmerksamkeit.

Essen als Statussymbol

Das wirklich interessante an Avocados ist aber weder ihr Geschmack noch sind es die tollen Nährwerte, sondern schlicht die Tatsache, dass Tausende Menschen die grüne Frucht fotografieren und ihre Bilder in sozialen Netzwerken wie Instagram teilen. Einige Food-Blogger und Influencer haben schließlich die absurde Fotogenität der Avocado erkannt und damit die Geburtsstunde eines globalen Hypes gekennzeichnet.

Dabei ist die Avocado längst mehr als ein simpler Brotbelag. In Zeiten, wo Ernährungsphilosophien wie der Veganismus zum trendigen Massenphänomen verkommen und Schweinesteaks wegen der furchtbaren Haltungsbedingungen die Rolle des kulinarischen Halunken eingenommen haben, kommt die unschuldige Avocado doch gerade recht. Mit ihrem zurückhaltenden Geschmack, der pflanzlichen Herkunft und ihrem hervorragenden ernährungswissenschaftlichen Ruf steht die mittelamerikanische Superbeere geradezu ritterlich da.

Und diese verquere Psychologie führt nicht nur zu der unfassbaren Anzahl von 10,2 Millionen Avocado-Bildern auf Instagram, sondern wirkt sich auch auf unser Handeln aus: Was Trend ist, wollen alle haben. Das war nicht nur beim Tamagotchi in den Neunzigern so, sondern gilt auch heute für den „Healthy Lifestyle“.

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Eine Frage der Ökobilanz

Der Hype hat jedoch seine Schattenseiten. Um ein Kilo Avocado zu produzieren (das sind gerade einmal zweieinhalb Früchte), werden rund 1500 Liter Wasser benötigt. Das ist etwa zehnmal so viel wie für den Anbau von Tomaten, Kartoffeln oder Salat. Dieser enorme Wasserverbrauch ist in Anbauländern wie Mexiko oder Chile, die regelmäßig mit Hitze und Dürreperioden zu kämpfen haben, besonders problematisch. Circa 80 Prozent des knappen Trinkwassers fließen dort in die Landwirtschaft.

Bis zu 27.000 Liter Wasser pro Kilo: Diese Lebensmittel verbrauchen in ihrer Herstellung am meisten Wasser. Quelle: obs/warenvergleich.de

Dazu kommt, dass für die Schaffung geeigneter Anbauflächen Mexikos Wälder teilweise illegal abgeholzt werden. Laut der mexikanischen Organisation Gira fallen dem lukrativen Geschäft jedes Jahr bis zu 4000 Hektar Pinienwald zum Opfer. Besonders betroffen sind die Dorfgemeinschaften im Bundesstaat Michoacán westlich von Mexiko-Stadt: Zahlreiche Bewohner wurden umgesiedelt, um Platz für neue Plantagen zu schaffen.

Ganz gleich, wie gut Avocados für unseren Körper sein mögen, das Superfood hat eine schlechte Ökobilanz. Ein weiteres Problem stellt der Transport dar. Denn bis die Avocados bei uns sind, legen sie weite Strecken zurück. Avocados aus Übersee sind drei bis vier Wochen per Schiff unterwegs, die spanischen kommen mit dem Lastwagen.

Und das ist in Zeiten von „Fridays for Future“ gar nicht mehr angesagt. Für Avocados gilt deshalb dasselbe wie für Mango oder Ananas: Sie sollten kein Grundnahrungsmittel sein. Stattdessen könnte man die grüne Frucht wieder als das ansehen, was sie Jahrzehntelang war: Ein Genuss, den man sich nur von Zeit zu Zeit leistet.

Von Michèle Förster/RND


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