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Die Referendarin: Geheimort Lehrerzimmer

Die Referendarin: Geheimort Lehrerzimmer
Foto: Unsplash.com/Amelie Rook

Helena (25) ist eine von rund 30.000 Lehramtsanwärtern in Deutschland. Was passiert eigentlich hinter der sagenumwobenen Lehrerzimmertür? Wie ist es, Schülerinnen und Schüler zu unterrichten, die nur ein paar Jahre jünger sind als man selbst? Und wie kommt Helena mit dem Druck klar? Davon erzählt sie – unter Pseudonym – in ihrer MADS-Kolumne: die Referendarin.


Die Tür zum Lehrerzimmer übte während meiner Schulzeit eine gewisse Faszination auf meine Freundinnen und mich aus. Wie verhalten sich Lehrkräfte hinter dieser Tür? Wer ist mit wem befreundet? Wie sieht es dort überhaupt aus? In unserer Fantasie gab es plüschige Sofas, Massagesessel, mindestens drei Kaffeemaschinen (bei den Mengen, mit denen die Lehrkräfte dort herauskamen) – und einen Schrank mit Hausschuhen, die manche Lehrkräfte vergessen auszuziehen, wenn sie zurück zu den Klassenzimmern gehen.

Helena wird Lehrerin – und
schreibt darüber unter Pseudonym. Grafik: Amelie Rook

Grüppchenbildung auch im Lehrerzimmer

Die Realität an meiner Schule sieht zwar anders aus. Trotzdem ist das Lehrerzimmer für mich eine Oase. Der Grund ist jedoch nicht die (zugegeben sehr große) Kaffeemaschine, sondern das Gefühl, nicht permanent beobachtet zu werden. Ich komme rein und atme durch, kann mich auf einen Stuhl fläzen und als Referendarin auch mal kurz die Fassung über einen schlechten Unterrichtsbesuch verlieren. Neben den großen Mengen von Kaffee gibt es jeden zweiten Tag Kuchen und Süßigkeiten, weil jemand Geburtstag hat. Zusätzlich kann man sich am „Bermudadreieck“ bedienen. Hier werden Geleefrüchte oder andere unliebsame Süßigkeiten abgeladen, die auf wundersame Weise verschwinden. Wie bei Schülerinnen und Schülern kommt es auch im Lehrerzimmer schnell zu Grüppchenbildung. Besonders präsent sind beispielsweise die Sportlehrkräfte. Neue Kolleginnen und Kollegen werden sofort geduzt, mit High five begrüßt und direkt zum Grillabend in den Schrebergarten eingeladen.

Und natürlich sprechen wir hinter verschlossenen Türen auch über Schülerinnen und Schüler. Wir klatschen, loben und lästern. Wer geht mit wem? Wer ist übermäßig begabt, wer nur aus Sicht seiner Eltern? Zugegeben: Es wird sich häufig beschwert. Aber das ist auch gut so: Das Lehrerzimmer ist wie ein Ventil. Manchmal muss man einfach seinen Frust rauslassen, von anderen Lehrkräften hören, dass es ihnen ähnlich geht, oder gemeinsam Pläne schmieden, wie man Dinge ändern kann. Das ist definitiv besser, als Ärger und schlechte Laune an der nächsten Klasse auszulassen.

Von Helena Fischer


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Über den Autor/die Autorin:

MADS-Team

Unter diesem Namen sammeln wir Beiträge von Gastautorinnen und -autoren, Autorenkollektiven oder freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bei MADS. Die Namen des jeweiligen Autors oder der jeweiligen Autorin stehen unter dem einzelnen Beitrag.

1 Kommentar

  1. Honky

    Musste immer Arbeiten im Lehrerzimmer ( wir hatten 3 bei tausend Schülerinnen) nachschreiben, waren so Stellpulte wie bei der Post Art Stellbord für Pauker. Was dort erörtert wurde, ging gar nicht, wir waren so naiv, aber die Gang wusste bald bescheid! Man mogelte sich durch und schwänzen wurde zum Volxsport, trotzdem Abschluss geschafft.

    Antworten

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