Trotz Brexit und Corona: Sarah (19) studiert in England
Jedes Jahr zieht es Tausende deutsche Abiturientinnen und Abiturienten nach Großbritannien, um an einer internationalen Universität zu studieren. Der Brexit und der damit verbundene Ausstieg aus dem Erasmus-Programm wird ein Auslandsstudium im Vereinigten Königreich zukünftig erschweren. MADS-Autorin Sarah studiert seit September in England und erzählt, wieso sie trotz Brexit und Corona auf die britische Insel gezogen ist.
Nach meinem Abitur bin ich für drei Monate zu Freunden meiner Eltern nach England gezogen. Ich habe in einer relativ kleinen Stadt gelebt und so nicht wirklich viel vom „British way of life“ mitbekommen, aber nach meinen Tagestrips nach London wusste ich einfach, dass ich in England studieren wollte. Nicht nur um meine Englischkenntnisse zu verbessern, sondern auch wegen der Diversität unter den Menschen. Es tut ziemlich gut, manchmal die Anonymität der Großstadt zu genießen. Das hat mir teilweise in Deutschland gefehlt. Zudem bin ich mir ziemlich sicher, dass mir ein internationaler Bachelor einige Türen in meinem zukünftigen Berufsfeld öffnen wird. Also habe ich mich für den Studiengang „Journalism and Media and Communication“ eingeschrieben.
Brexit und Bafög
Im Januar 2020 begann ich damit, Bewerbungen abzuschicken. Mir wurde dabei aber schnell klar, dass ich mir die Studienkosten ohne staatliche Unterstützung oder ein Stipendium nicht leisten kann. In Großbritannien müssen EU-Studenten bisher 9250 Pfund pro Jahr zahlen, um einen Bachelor zu machen – Lernmaterialien wie Bücher sind dabei nicht mit inbegriffen. Außerdem kommen Miet- und Einkaufskosten dazu, weshalb ein monatliches Einkommen durch BAföG die beste Lösung für mich war.
Nach viel Papierkram und einigen Nervenzusammenbrüchen hatte ich es dann geschafft, die BAföG-Formulare auszufüllen. Mein Antrag wurde wenig später genehmigt – jedoch erstmal nur bis zum 31. Dezember, der Tag an dem das Vereinigte Königreich die EU verlassen würde. Ich hatte zwar etwas Angst vor der Möglichkeit, ab Januar kein Geld mehr zu bekommen, aber frei nach dem Motto „faith over fear“, glaubte ich an meine Weiterförderung.
Letztendlich war meine Panik unbegründet, denn vor zwei Wochen kam der Bescheid über die Weiterzahlung bis zum Ende der Regelstudienzeit. Ich hatte großes Glück, denn „ein nach dem 31.12.2020 beginnendes Studium in Großbritannien oder Nordirland kann aufgrund des Austritts aus der EU nicht mehr gefördert werden“. So heißt es in den aktuellen Brexit-Informationen der BAföG-Förderungen für Ausbildung in Großbritannien und Irland. Dabei werden die Studienkosten für EU-Studenten 2021 auf 14,250 bis 14,750 Pfund erhöht.
Corona in England
In England herrscht seit dem 26. November 2020 ein dreistufiges Lockdown-System. Die Einschränkungen sind in Abhängigkeit von der festgelegten Alarmstufe der jeweiligen Regionen geregelt. Ich lebe mittlerweile in einem Tier-3-Gebiet, also einer sehr gefährdeten Region, in der ich mich nicht mit Menschen aus anderen Haushalten treffen darf und alle nicht lebenswichtigen Geschäfte geschlossen sind.
Eine Ersti-Woche mit Saufeskapaden gab es also nicht. Auch habe ich wegen des wenigen Unterrichts auf dem Campus kaum Menschen kennenlernen oder neue Freundschaften schließen können. Meine Mitbewohnerinnen und ich verbringen dementsprechend viel Zeit miteinander, was auch dazu führt, dass wir uns an manchen Tagen echt auf die Nerven gehen. Das angeblich typische britische Uni-Leben habe ich bisher also nicht erlebt – dafür aber den Regen auf meiner Haut. Es regnet wirklich jeden Tag.
Brexit: Das Ende von Erasmus
Großbritannien hat nach mehr als 30 Jahren das Erasmus-Programm verlassen, obwohl Englands Premierminister Boris Johnson genau das Gegenteil versprochen hatte. Johnson begründete den Ausstieg mit den zu hohen Kosten für das Land. Für EU-Studierende könnte ein Studium im Vereinigten Königreich also teurer und eine Bewerbung schwerer werden.
Erasmus ist ein „Europäisches Aktionsprogramm zur Förderung der Mobilität von Hochschulstudenten“ und bietet Studenten finanzielle Unterstützung bei ihren Auslandsaufenthalten. Johnson plane ein alternatives Programm, welches britischen Studenten weiterhin ermöglichen soll, in und außerhalb von Europa zu studieren.
Von Sarah Danquah
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