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„Der Schwarm“: Aus der Zeit gefallene Thriller-Verfilmung

„Der Schwarm“: Aus der Zeit gefallene Thriller-Verfilmung
Foto: ZDF

Die neue Thriller-Serie „Der Schwarm“ ist die teuerste deutsche TV-Serien-Produktion aller Zeiten – und kann trotzdem nicht mit der Buchvorlage mithalten, meint MADS-Autor Jasper.


Das neue Serien-Highlight „Der Schwarm“, basierend auf Frank Schätzings Roman aus dem Jahr 2004, ist mit 44 Millionen Euro die teuerste TV-Serien-Produktion aller Zeiten in Deutschland. Die Macherinnen und Macher rund um Showrunner Frank Doelger („Game of Thrones“) lösten damit „Babylon Berlin“ ab. Die ersten drei Folgen sind nun in der ZDF-Mediathek erschienen. Das Konzept ist so simpel wie spannend: Weltweit häufen sich mysteriöse Ereignisse aus der Tiefe der Ozeane, und ein Forscherteam vermutet die Existenz einer unbekannten Spezies, die den Menschen angreift.

Hochkarätig, hektisch, unruhig

Hochkarätig besetzt ist die Serie allemal: Mit Schauspielerinnen wie Leonie Benesch („The Crown“) und Rosabell Laurenti Sellers („Game of Thrones“)  preist sich die internationale High-End-Produktion, die ausschließlich auf Englisch gedreht wurde. In insgesamt acht Episoden möchte die Serie eine Story erzählen, die Autor Schätzing vor knapp 20 Jahren auf rund 1000 Seiten zusammengeschrieben hat. Das hat auf der einen Seite seine Stärken: Während das Buch einige 100 Seiten braucht, um mit der packenden Handlung des Thrillers in Fahrt zu kommen, geht es in der Serie direkt los. Schnell greifen die ersten Orcas die Boote vor der kanadischen Küste von Vancouver Island an. Schon in der zweiten Folge rafft es einen französischen Koch dahin, indem er von einem Hummer mit Gift bespuckt wird. Die Forscher arbeiten von Beginn an zusammen, um die Katastrophe aus der Tiefsee aufzuhalten.

Gleichzeitig wirkt die Serie in vielen Teilen hektisch. Als wüsste sie, dass es unmöglich ist, in acht Teilen à 45 Minuten das abzubilden, was es auf 1000 bedruckte Seiten geschafft hat. Die Hauptfigur, der brillante Forscher Sigur Johanson (Alexander Karim), jettet offenbar nicht nur täglich zwischen Vancouver Island, Norwegen und Genf hin und her. Nein, er rettet einerseits die Welt und verzettelt sich gleichzeitig in seiner persönlichen Liebesgeschichte mit der Forscherin Tina Lund (Krista Kosonen), was unecht wirkt. Die Serie verzichtet zudem größtenteils auf jegliche Angaben zu den Orten der Geschehnisse. Gerade die dritte Episode kommt dadurch äußerst unruhig daher.

„Der Schwarm“: Keine Modernisierung

Zudem ignoriert „Der Schwarm“ einige der spannendsten Konflikte im Buch, etwa zwischen dem kanadischen Walforscher Leon Anawak und der cleveren Studentin Alicia Delaware. Der Umweltaktivist und Walschützer Jack „Greywolf“ O’Bannon spielt in den ersten drei Folgen überhaupt keine Rolle. Die regelmäßigen Konflikte zwischen ihm und Anawak gehörten zu den interessantesten im gesamten Buch.

Besonders sticht aber die Aussage des Autos Frank Schätzing im „ZEIT“-nterview zur Serie hervor: Dort moniert er, dass sich die Serie zu wenig vom Roman entfernt habe, dass keine Modernisierung stattgefunden habe. Tatsächlich fühlt man sich beim Schauen der Serie häufig so, als finde die gesamte Handlung vor rund 20 Jahren statt. Die Forscherin Charlie Wagner (Leonie Benesch) hält sich beispielsweise auf einem alten PC-Bildschirm auf dem Laufenden, Social Media ist kein Thema.

Verpasstes Potenzial

Die Serie hätte unglaubliches Potenzial gehabt, aktuelle Themen mit in die Handlung einfließen zu lassen. Mit aktuellen Phänomenen wie Klimademonstrationen und Verschwörungstheorien hätte man dem Thriller einen neuen Anstrich geben können. Stattdessen klammert er die Medien komplett aus – eine Entscheidung, durch die der Handlung Spannung abhandenkommt. Zudem ist ein so globales Großereignis ohne mediale Berichterstattung nicht mehr denkbar. Dass die Protagonisten an der kanadischen Küste tagelang ungestört einen gestrandeten Wal untersuchen können, ignoriert die Realität.

Info: Die Folgen vier bis sechs erscheinen am 1. März in der ZDF-Mediathek. Ab dem 6. März ist die Serie gebündelt auch im Fernsehen zu sehen.

Von Jasper Bennink


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Über den Autor/die Autorin:

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