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„Blind Side“ – basiert der Blockbuster über NFL-Star Michael Oher auf einer Lüge?

„Blind Side“ – basiert der Blockbuster über NFL-Star Michael Oher auf einer Lüge?
Foto: Ralph Nelson/AP Photo/Warner Bros

Der Film „Blind Side“ wurde 2009 zu einem großen Erfolg. Darin geht es, basierend auf einer angeblich wahren Begebenheit, um Michael Oher, der es mithilfe seiner Adoptiveltern vom vernachlässigten Jugendlichen zum NFL-Profi schaffte. Doch nun wirft Oher dem Paar vor, ihn nie legal adoptiert, sondern vielmehr betrogen zu haben.


Die Geschichte von Michael Oher rührte seit dem Erscheinen des Films „Blind Side“ Millionen von Menschen: Ein Jugendlicher aus prekären Verhältnissen schafft es dank einer wohlhabenden Familie aus der Armut und wird in der NFL zum American-Football-Profi. Nicht nur das, die Familie adoptiert Michael und gibt ihm ein Zuhause.

Bis heute gilt diese Geschichte als eine Art modernes Wohlfühl-Märchen. Sandra Bullock erhielt einen Oscar für ihre Rolle als Michaels Adoptivmutter Leigh Anne Tuohy. Micheal Oher wurde 2012 mit den Baltimore Ravens Super Bowl Sieger. Doch nun bröckelt die Fassade. Oher wirft dem Ehepaar Tuohy vor, ihn nie legal adoptiert, sondern ausgenutzt zu haben.

Geldgier statt Mitgefühl?

Wie das Sportnachrichtenportal ESPN berichtet, wirft Michael Oher seiner angeblichen Adoptivfamilie vor, ihn überhaupt nicht legal adoptiert zu haben. Stattdessen habe Familie Tuohy ihn ein Dokument unterschreiben lassen, dass sie zu seinen Vormunden gemacht habe. Somit sei es ihnen möglich geworden, geschäftliche und finanzielle Dinge für Oher zu entscheiden, während dieser im Glauben gelassen wurde, durch seine Unterschrift Teil der Familie zu werden.

Er selbst habe davon erst im Februar diesen Jahres durch seinen Anwalt erfahren. Dieser sagte (aus dem englischen übersetzt): „Michael ist ohne eine stabile Familie aufgewachsen. Als die Familie Tuohy ihm sagte, dass sie ihn lieben würde und ihn adoptieren wolle, füllte das eine große Lücke in seinem Leben. Herauszufinden, dass er überhaupt nicht adoptiert wurde, hat Michael schwer getroffen.“

Ehepaar Tuohy weist Vorwürfe zurück

In einem Gerichtsdokument beschuldigt Oher die Familie nun, sich nur an ihm bereichert haben zu wollen. Er selbst habe für „Blind Side“ keinen Cent bekommen, während die Tuohys Anteile an den Gewinnen erhielten. Sie sollen in den Deals für die Gewinne des Films sogar ihre leiblichen Kinder involviert und Oher absichtlich außen vor gelassen haben. Der Film spielte alleine in den USA 300 Millionen Dollar ein.

Außerdem bezeichnet die Familie Oher bis heute als ihren Sohn und nutzt das als Werbung für ihre Stiftung. Dieser fordert nun, die Vormundschaft aufzulösen und Gewinne durch den Film gerecht an ihn auszuzahlen. Mittlerweile hat sich das Ehepaar Tuohy sogar zu den Vorfällen geäußert und weisen die Anschuldigungen zurück. Laut ihnen sei der Gedanke erschütternd, dass sie sich anhand eines ihrer Kinder bereichern würden und sie würden Oher mit seinen mittlerweile 37 Jahren noch genau so lieben wie mit 16.

Gegenüber ESPN wollte sich der Anwalt der Familie nicht äußern. In den kommenden Wochen werde laut ihm jedoch eine rechtliche Antwort auf die Vorwürfe folgen.

„Blind Side“: Inwiefern verzerrt der Film Ohers echte Geschichte?

Je genauer man sich mit Michael Ohers Geschichte befasst, desto mehr wird das Bild aus dem Film „Blind Side“ verzerrt. Denn Michael äußerte bereits des Öfteren seine Unzufriedenheit mit der Verfilmung seiner Geschichte. Der Youtuber „FlemLo Raps“ veröffentlichte bereits vor über 10 Monaten ein Video, in dem Ohers Kritik an dem Film thematisiert wird. Unter anderem missfiel ihm, dass er an vielen Stellen als zurückgeblieben dargestellt wird, anstatt als Kind, das keinen konstanten Zugang zu Bildung erhalten hat. In Wahrheit besuchte er aufgrund seiner Familiensituation elf verschiedene Schulen in neun Jahren und zeigte deshalb mangelhafte Schulleistungen. Außerdem wird in „Blind Side“ behauptet, dass Oher zuerst von Leigh Anne Tuohy lernen musste, wie man seine Position des sogenannten „Left Tackle“ spielen soll. Tatsächlich lässt sich sogar nachweisen, dass Michael Oher schon auf dem Weg war, ein guter Footballspieler zu werden, bevor er überhaupt mit Familie Tuohy in Kontakt kam.

Und damit wird ein großes Problem des angeblichen Wohlfühlfilms deutlich. Er reproduziert rassistische Strukturen. Ein schwarzer Jugendlicher aus schwierigen Verhältnissen schafft es nur durch eine wohlhabende weiße Familie aus der Armut heraus – sein eigener Anteil an dem Erfolg wird nur minimal porträtiert. Dem widerspricht sogar Familie Tuohy: In einem Buch schreiben sie von einem großen Irrglauben, dass Oher hätte gerettet werden müssen.

In den kommenden Wochen und Monaten werden die Vorwürfe in einem Gerichtsverfahren geklärt. Schon jetzt zeichnet sich aber ab, dass der Film „Blind Side“ nicht Ohers tatsächlicher Geschichte entspricht und aus seinen traumatischen Erfahrungen Profit geschlagen wurde.


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