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Asperger-Syndrom: Was die Krankheit bedeutet

Asperger-Syndrom: Was die Krankheit bedeutet

Durch Greta Thunberg ist das Asperger-Syndrom zur Zeit in aller Munde. Die schwedische Umweltaktivistin spricht offen über ihre Krankheit und bezeichnet sie sogar als Grund für ihren Einsatz für den Klimaschutz. Doch was ist Asperger eigentlich?


Sozial auffällig, gefühlskalt, hochbegabt: Um das Asperger-Syndrom ranken sich viele Klischees. Spätestens seit dem Aufkommen der „Fridays for Future“-Bewegung ist die Krankheit vielen Menschen ein Begriff. Denn Greta Thunberg, die Gründerin der Bewegung, ist von Asperger betroffen. Die 16-Jährige geht nicht nur offen mit ihrer Erkrankung um, sondern spricht sogar von einer Verbindung zwischen Asperger und ihrem Einsatz für die Umwelt.

Asperger – eine angeborene Entwicklungsstörung

Das Asperger-Syndrom ist eine relativ seltene psychische Erkrankung, die angeboren ist. In Deutschland leiden etwa 0,1 bis 0,5 Prozent der Menschen an Asperger. „Es handelt sich dabei um eine tiefgreifende Entwicklungsstörung, die eine Untergruppe von Autismus ist“, erklärt Andries Korebrits, Chefarzt der Klinik für Kinder- und Jugendpsychatrie am Helios Park-Klinikum in Leipzig. Obwohl das Asperger-Syndrom zu den Autismus-Spektrum-Störungen gehört, grenzt es sich von anderen anderen Varianten in Bezug auf die Symptome ab.

Im Unterschied zu anderen Formen von Autismus ist die Intelligenz von Menschen mit Asperger-Syndrom nicht eingeschränkt. Asperger-Betroffene sind meist normal – oder sogar hochbegabt. „Sie können außerdem besonders gut mit Sprache umgehen“, so Korebrits. Allerdings benutzen Betroffene häufig umständliche Ausdrücke, die auf ihre Mitmenschen teilweise unpassend wirken.

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Betroffene haben ausgeprägte Interessen

Wer von Asperger betroffen ist, entwickelt häufig ein großes Interesse für ein Thema oder Hobby. „Bei Jungen sind das oft Themen wie zum Beispiel der Zweite Weltkrieg oder Dinosaurier“, sagt Korebrits. Im Unterschied zu den meisten anderen Menschen beißen Asperger-Betroffene sich regelrecht in ein Thema fest und lassen sich nicht davon abbringen. „In der Kommunikation mit anderen Menschen bringen Betroffene das Gespräch immer wieder dort hin – auch wenn ihr Gesprächspartner das gar nicht möchte“, so der Experte.

Der Fokus auf ein Spezialinteresse ist dem Psychologen zufolge auch der Grund für den entschlossenen Einsatz von Greta Thunberg. Mit acht Jahren erfuhr die junge Schwedin zum ersten Mal vom Klimawandel. Seitdem hat sie das Thema nicht mehr losgelassen. In einem Interview wurde sie auf ihre Erkrankung angesprochenen. „Ohne Asperger wäre das hier nicht möglich gewesen“, sagte die 16-Jährige in dem Interview gegenüber dem ZDF.

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„Sie hat ein Thema, und das hilft ihr sehr“

„Die Umwelt ist ihr Asperger-Thema“, bestätigt auch Korebrits. Während sich andere Gleichaltrige von anderen Interessen und Dingen ablenken ließen, hält Thunberg an ihrem Thema fest. „Sie hat ein Thema, und das hilft ihr sehr“, so Korebrits.

Gleichzeitig sei die Asperger-Erkrankung der Grund, warum die 16-Jährige keine anderen Probleme wahrnehme und auch von dem Trubel um ihre Person nicht beeindruckt sei. „Sie geht unbeirrt durch die Welt und schenkt Themen, die nicht mit der Umwelt zu tun haben, keine Aufmerksamkeit.“

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Schwierigkeiten im sozialen Austausch

Ihr auffälliges Verhalten bereitet Betroffenen in sozialen Situationen häufig Probleme. Wer Asperger hat, dem fällt es außerdem schwer, sich in sein Gegenüber hineinzuversetzen und Empathie zu zeigen. „Menschen mit Asperger haben Schwierigkeiten, die emotionale Lage ihrer Mitmenschen zu ‚lesen‘. Wenn zum Beispiel jemand traurig guckt, dann wird ihnen das nicht auffallen“, erklärt Korebrits. Sie finden Gesichtsausdruck und Körpersprache oft schwer zu verstehen. Häufig vermeiden Asperger-Betroffene außerdem den direkten Augenkontakt und schauen stattdessen ein kleines Stück zur Seite.

Im Kindesalter bleibt das Asperger-Syndrom häufig noch unbemerkt. „In der Pubertät werden die sozialen Anforderungen dann höher und Gleichaltrigen fällt das auffällige Verhalten stärker auf“, so Korebrits. Durch ihr besonderes Verhalten stoßen betroffene Kinder dann auf Schwierigkeiten im Umgang mit Gleichaltrigen, Erwachsenen und den eigenen Eltern. Aus diesem Grund wird die Krankheit bei betroffenen Kindern oft auch erst in der Pubertät diagnostiziert.

Ursache ist noch unklar

Wie genau das Asperger-Syndrom entsteht, ist bisher noch unklar. „Man geht von einer Veränderung im Gehirn aus, die schon vor der Geburt anwesend ist. Das genaue Gebiet im Gehirn für alle Autismus-Störungen ist bisher aber nicht nicht gefunden worden“, so Korebrits. Fest steht jedoch: die Krankheit hat eine biologische Ursache und ist angeboren – sie entsteht also nicht zum Beispiel durch ein Trauma.

In den 1980er Jahren streuten Verschwörungstheoretiker das Gerücht, eine Impfung könne Asperger auslösen. Obwohl sich der Irrglaube – gerade auf Verschwörerseiten in sozialen Netzwerken und bei religiösen Sektierern – hartnäckig hält, handelt es sich nur um ein Gerücht. Ein englischer Arzt hatte Studien gefälscht, die Asperger mit Masernimpfungen in Verbindung brachten. „Es gibt aber keine echten Studien, die eine Verbindung belegen“, so Korebrits.

Asperger-Syndrom begleitet Betroffene ein Leben lang

Im Unterschied zu den meisten Autismus-Betroffenen können Menschen mit Asperger häufig selbstständig leben und brauchen keine Betreuung. Trotzdem bereitet ihnen die Krankheit in vielen Alltagssituationen Probleme. So haben einige von ihnen Schwierigkeiten, einen Partner zu finden. Die Krankheit begleitet die Betroffenen ihr Leben lang und ist nicht heilbar. „Es gibt keine Medikamente oder Psychotherapien gegen Asperger“, so Korebrits. Lediglich die äußeren Umstände wie die Schule oder die Arbeitsumgebung könnten angepasst werden.

Auch heute werden Menschen mit Asperger-Syndrom in der Gesellschaft häufig stigmatisiert. Der Hauptgrund dafür ist laut Korebrits die Unwissenheit. „Viele Leute wissen nicht, was es ist. Deswegen werden Betroffene oft ausgegrenzt.“ Die Aufmerksamkeit, die die Krankheit durch Greta Thunberg zur Zeit erfährt, sei deswegen für die Betroffenen keine schlechte Sache.

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Von Luisa Ziegler/RND


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