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Fashion Revolution Day 2023: Wie kann Mode nachhaltig werden?

Fashion Revolution Day 2023: Wie kann Mode nachhaltig werden?
Foto: Unsplash/ Marcus Loke

Der Fashion Revolution Day erinnert jährlich am 24. April an den Einsturz des Rana-Plaza-Gebäudes in Bangladesh vor zehn Jahren. Dabei steht alles unter der Frage: Wie könnte eine nachhaltige Modeindustrie aussehen?


Am Fashion Revolution Day, dem 24. April, geht es um die Modeindustrie der Zukunft. Anlässlich des Jahrestags des 2013 eingestürzten Fabrikgebäudes Rana Plaza in Bangladesch, bei dem mehr als 1100 Arbeiterinnen und Arbeiter ums Leben kamen, befassen sich Modeaktivisten und -aktivistinnen mit den Konsequenzen der Industrie auf Mensch und Umwelt. Die Opfer des Einsturzes produzierten unter miserablen Umständen in großen Mengen Kleidung, von der Unternehmen mit hohen Gewinnen profitierten.

Im Rahmen der Fashion Revolution Week (22. bis 29. April) wird in vielen Städten Deutschlands genau diese Problematik thematisiert. In Berlin gibt es am Montag eine Mahnwache, in Hannover eine Aktion mit dem Fairkauf-Haus. Alles rund um die Frage: Wie kann Mode ohne negative Konsequenzen für Umwelt und Gesellschaft funktionieren?

Slow-Fashion-Ansatz

„Buy less, choose well, make it last“ – so sagte es einst die britische Designerin Vivienne Westwood. Zustimmung erhält sie bis heute – unter anderem von Martina Glomb, Modedesignerin und Professorin der Hochschule Hannover. Textile Nachhaltigkeit unterstütze vor allem die Kreislauffähigkeit eines Produktes, sodass es nach dem Gebrauch wiederverwertet werden kann, sagt die Expertin.

Das Produktleben eines Kleidungsstücks im Kreislauf. Foto: Tom Wesse

Wichtig: Materialwahl und Müllvermeidung

Die Materialwahl ist eine wichtige Basis dafür, wie lange ein Produkt verwendet und auch nach dem Gebrauch wiederverwertet werden kann. Anhand von Wolle kann man dies gut nachvollziehen. „Wolle kann 1000 Jahre alt werden. Wolle schützt gegen Kälte, Wärme, kann Wasser aufnehmen und sogar schädliche Stoffe aus der Umwelt herausfiltern“, sagt Glomb. „Wolle ist ein ideales Material, nur wenn ich es mit einem Polyesterfaden zusammennähe, dann kann ich die Wolle nicht kompostieren.“

Neben der Materialwahl ist das Vermeiden von Müll ebenfalls ein zentrales Thema für nachhaltigeres Modemachen. Zero-Waste-Designstrategien haben das Ziel, keinen oder wenig Abfall zu verursachen, sei es vor oder nach dem Verkauf. Der Pre-Consumer-Waste beinhaltet unter anderem, was beim Zuschnitt und durch Fehlproduktionen übrigbleibt oder in den Geschäften nicht verkauft wird. Um das zu minimieren, können sich Modedesignende die Möglichkeit mit Zuschnitten befassen, die weniger Müll verursachen, oder alternative Verwendungen für das abgeschnittene Material suchen. Ware, die in den Kaufhäusern nicht verkauft wird, könnte durch eine an die reale Nachfrage angepasste Produktionsmenge vermieden werden – oder aber es würde gänzlich auf Anfrage produziert werden.

Fashion Revolution Day: Tipps für nachhaltigeren Konsum

Neben durchdachten Designs ist der Wertewandel im Konsum eine der schwierigsten Hürden hin zur nachhaltigeren Modewelt. Industrie-gemachte Trends und das Erlebnis-Event Shopping stehen oftmals mehr im Vordergrund als das eigentliche Bedürfnis für ein neues Kleidungsstück. Die Konsequenz ist, dass mehr Ware gekauft wird, aber auch weniger getragen wird. Um Konsummuster zu verändern, rät Glomb:

  • „Lieber gemeinsam stricken als shoppen gehen“: Ein Gefühl für Herstellung zu entwickeln helfe, Kleidung als höherwertig anzusehen.
  • Eine textile Allgemeinbildung fördert das Bewusstsein für hochwertige Materialien und lässt Erwartungen an angebotene Mode entstehen.
  • Den Verkäuferinnen und Verkäufern aktiv zu den Produkten Fragen zu stellen steigert die Chancen, dass Antworten im Geschäft gefunden werden müssen.
  • Eigene Kenntnisse in Bezug auf das Reparieren von Kleidung führen dazu, dem Textil selbst neue Wertigkeit zu schenken.
„use-less“, ein Zentrum für nachhaltige Designstrategien an der Hochschule Hannover, setzt sich für Slow Fashion und gegen Verschwendung und hässliche Kleidung ein. Foto: Marcel Wogram

Gesetzliche Lage: So könnte Zukunft der Modeindustrie aussehen

Um vor allem Fast Fashion-Unternehmen zu mehr Nachhaltigkeit zu bringen, sind gesetzliche Regulierungen eine wichtige Grundlage. Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG), das seit dem 1. Januar 2023 bereits für Unternehmen mit mehr als 3000 Beschäftigten gilt, sei hier schon ein wichtiger Ansatz, meint Glomb. Es verpflichtet Unternehmen, nicht nur der Modeindustrie, definierte Sorgfaltspflichten in Bezug auf Menschenrechte und Umweltstandards entlang ihrer gesamten Lieferkette einzuhalten.

Neben den gesetzlichen Regelungen stellt sich Glomb in ihrer Vision die nachhaltige Modewelt so vor: Fair und nachhaltig produzierte Basics – wie T-Shirts und Hosen – werden durch außergewöhnliche Einzelteile ergänzt. Dazu würden gebrauchte, qualitativ-hochwertige Materialien wie Wolle ein zweites Mal wiederverwendet werden, um so die Kreislauffähigkeit eines Produktes zu unterstützen. Leihkleidung und kollektives Waschen könnten ebenfalls ein Teil der Zukunft sein. Ebenfalls sinnvoll sei die Einführung eines Rückgabe- oder Reparatursystems von Kleidung, um die Wertigkeit des Produktes am Leben zu halten. Besondere Einzelteile aus zweiter Hand oder selbstgemacht sowie das Pflegen und Upcyceln der existierenden Kleidung seien eine gute Entwicklung hin zu mehr Konsum nach Bedarf und Wertschätzung der existierenden Mode.

Designerin Lara Stöbe. Foto: Privat

Junge Designerinnen zeigen nachhaltige Ideen

Auch der Nachwuchs bringt Vorschläge und Konzepte mit. Studentin Lara Stöbe (26) setzt sich in ihrer Abschlusskollektion mit den Parallelitäten der Vergänglichkeit im Leistungssport und der Endlichkeit natürlicher Ressourcen auseinander. Hierfür nutzt sie Upcycling und holte sich ihre Materialien im Textilhafen Berlin, einer Altkleiderspendensammlung. Oft blieben Wollpullover im Verkauf übrig, zum Beispiel aufgrund von falscher Waschung. So entschloss sich Stöbe, den vermeintlichen Abfall mit abgegebener Sportbekleidung zu kombinieren, um einzigartige Einzelteile zu designen. Gerade beim Upcyclen könne man nicht immer alles von der Skizze perfekt umsetzen und müsse einen Spielraum zum Ausprobieren lassen, so die junge Designerin. Durch ihre Ideen funktioniert sie unter anderem einen Pullover als Hose um, und kreiert eine Hose, die mitwachsen und so länger nutzbar bleiben kann.

Graue Wollpullover werden zu einer Hose umfunktioniert. Foto: Privat

Katharina Welz (27) informierte sich für ihre Abschlusskollektion zur Ausbildung als Modedesignerin und Maßschneiderin ebenfalls über nachhaltige Mode und entwarf Designs zum Motto „Transformation“. Das Besondere an ihren Stücken ist, dass sie verschiedene Tragweisen zulassen. So entwarf Welz verstellbare, intelligente Kleidung. Ein Kleid etwa lässt sich von knöchel- zu knielang und lang- zu kurzärmelig verändern. Anstatt also mehrere Teile zu produzieren, kombiniert ein Teil verschiedene Looks und spart weiteres Material. Stoffe aus rein pflanzlichen oder tierischen Fasern dienten als Material. Da bessere Qualität höhere Preise verlangt, sei nicht jede Materialwahl immer umsetzbar – daher habe sie bei ihrer Kollektion vorwiegend auf Tencel gesetzt, was Cellulose aus ökologischen Beständen entspreche.

Designs aus der Kollektion „Transformation“ von Katharine Welz. Foto: Amelie Sophie Heinrich

Von Marie Hobusch


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