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Pictures – Eine Band aus Freunden

Pictures – Eine Band aus Freunden
Foto:  David Diwiak

Die Pictures machen auf ihrem neuen Album „Hysteria“ melodieschönen Britpop. Und der Dokumentarfilm „Könige der Welt“ erzählt, wie die Band aus den Trümmern des Grunge-Quartetts Union Youth entstand.

„Ich hab eigentlich keine Angst“, sagt der Sänger und Songwriter Maze (sprich: Matze) Exler heute. „Das alles ist jetzt auch schon eine Weile her. Wobei – wenn man einem Drogenabhängigen die Drogen wegnimmt, und ihm sagt, es gibt jetzt keine mehr, dann macht das schon Angst. Und der Gedanke daran, jetzt so leben zu müssen, erst recht. Aber ich habe mich daran gewöhnt.“

Neuversuch: Das Pictures-Album „Hysteria“

Exler durchlebte Anfang der Nullerjahre die klassische Rock-’n‘-Roll-Bandtragödie: Sturm und Drang, Erfolg, Chaos, Untergang. Im Fall seiner Band Union Youth folgte ein fünfter Akt: Auferstehung. Unter dem Namen Pictures machen die beiden früheren Bandmitglieder Exler (Gesang, Gitarre) und Michael Borwitzky (Schlagzeug) seit 2015 zusammen mit Union Youths früherem Live-Tontechniker Ole Fries (Gitarre, Gesang) und Markus Krieg (Bass) wieder Musik. Am Freitag kommt ihr zweites Album „Hysteria“.

Für Union Youth stand das Tor zum Rockolymp einst weit offen. 2001, zwölf Jahre nach Nirvana, lieferten die Vier aus Bad Bentheim kathartisch krachenden German Grunge. Ein aparter Sänger mit dem Zorn und der Traurigkeit von Kurt Cobain stand in einem Sturm aus Lärm auf der Bühne. Das freche Werben um einen Plattenvertrag („Wir versprechen, die beste Rockband aller Zeiten zu werden“) hatte die vier Newcomer aus der Provinz direkt nach Los Angeles geführt. Dass sie dort einen Deal mit dem Label von Limp-Bizkit-Frontmann Fred Durst ausschlugen, machte sie bei deutschen Plattenfirmen umso begehrter.

Streit und Drogen ließen die Band Union Youth auseinanderbrechen

Doch das von Exler angstvoll verworfene US-Angebot trieb schon früh einen Keil in die Band. Zum Streit kamen die Drogen, die vor allem Exler komplett abstürzen ließen. „Ich hab‘ die alle gehasst“, beschreibt Borwitzky die Bandchemie der Endzeit im Dokumentarfilm „Könige der Welt“. Am 1. Januar 2006 lösten sich Union Youth auf.

Zerbrochene wurden im Rock selten von allein heile. Der Film, der am 22. Februar auf DVD erscheint, erzählt eine Gegengeschichte – die von Musikern, die aus Freundschaft Verantwortung füreinander übernehmen. Als Depression und Sucht Exler in eine Entzugsklinik zwingen, gerade als es mit den Pictures 2015 erneut losgehen soll, besuchen ihn die Bandmitglieder. Und wenn Exler und Borwitzky im Film miteinander Tandem fahren und Exler seinen alten Kumpel von hinten kurz umfasst, ist das vielleicht die zweitromantischste Fahrradszene nach Paul Newman und Katharine Ross in „Butch Cassidy and the Sundance Kid“.

Der Sound von „Hysteria“ ist weit weg vom Grunge der frühen Tage

Das Cover von „Hysteria“ zeigt zwei Frauen in Umarmung – eigentlich das Gegenteil von Hysterie. „Mir gefiel diese unantastbare Weiblichkeit“, sagt Exler. „Das Wort bedeutet ja eigentlich Uterus und wir benutzen es für etwas Negatives – absurd.“ Zwar ist die Musik auf „Hysteria“ weit weg vom Zorn des Grunge, ist der Sound vielmehr bildschöner Britpop mit klingelnden Gitarren, hört man akustische Balladen, swingendes Midtempo und einige bockig-rockige Momente.

Die Stimme aber ist leidenschaftlich wie früher, auch wenn Exler die Vokale jetzt große Britbögen schlagen lässt. Und in den Texten finden sich weiterhin Zweifel, Ängste, Verwundungen, Sehnsüchte, Hoffnungen. „We’re living in a world of music, where everyone disappears“ singt Exler in dem treibenden „Love’s a Shooting Gun“. „Das bedeutet, dass in unserer kleinen Welt nichts und niemand eine Rolle spielt“, sagt er geheimnisvoll.

Pictures verstehen sich als „eine Alternative zum Mainstream“

Ob er glücklich ist mit dem neuen Album? Aufgeregt? „Glücklich sein ist irgendwie nicht so mein Ding. Aufgeregt sein auch nicht“, antwortet Exler. Und ist das Album jetzt zum Erfolg verdammt, eine letzte Chance? „Es ist erstaunlich, dass so viele Menschen denken, es ginge um Erfolg oder Geld oder beides“, wundert sich der Sänger. „Wenn es so wäre, würden wir doch nicht ein Album veröffentlichen, das klingt wie eine Mischung aus den 60er- und 90er-Jahren. Das was wir machen, ist so absolut out. Alternative Music – eine Alternative zum Mainstream für all die Leute, die mit dem anderen Zeug nichts anfangen können.“

Aktuelles Album: Pictures – „Hysteria“ (Fries Boom Barrier Records/Sony)

Livetermine: 28.3. Hannover, Lux; 29.3. Hamburg, Molotow; 30.3. Düsseldorf, The Tube; 31.3. Köln, MTC: 3.4. Leipzig, Täubchenthal; 4.4. Wiesbaden, Schlachthof; 6.4. München, Strom

Von Matthias Halbig / RND


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