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Studentinnen nehmen weggeworfenes Gemüse mit – und müssen vor Gericht

Studentinnen nehmen weggeworfenes Gemüse mit – und müssen vor Gericht
Foto:  ZB/dpa

Containern ist ein bekanntes Phänomen: Manche Menschen nehmen von Supermärkten weggeworfenes Essen mit, weil sie kein Geld haben, manche aus Protest gegen den Kapitalismus. In Fürstenfeldbruck wurden nun zwei Studentinnen vor Gericht deshalb schuldig gesprochen.


Das Amtsgericht Fürstenfeldbruck hat zwei Studentinnen wegen sogenannten Containerns verwarnt. Der Richter sprach die beiden am Mittwoch nach knapp dreistündiger Verhandlung wegen gemeinschaftlichen Diebstahls von weggeworfenen Lebensmitteln aus einem Supermarkt-Container schuldig, wie ein Gerichtssprecher mitteilte.

Als Bewährungsauflage sollen beide acht Stunden bei der örtlichen Tafel helfen. Nach eigenen Angaben haben sie dort schon freiwillig einige Stunden gearbeitet. Eine Geldstrafe bleibt ihnen erspart, wenn sie binnen der zweijährigen Bewährungszeit straffrei bleiben. Andernfalls behielt sich das Gericht vor, eine Strafe von 15 Euro zu 15 Tagessätzen – 225 Euro – zu verhängen.

Öffentliches Interesse an der Strafverfolgung

Die jungen Frauen hatten laut Anklage im vergangenen Juni nachts aus dem Müllcontainer eines Lebensmittelmarktes in Olching weggeworfene Waren geholt und mitgenommen. Polizeibeamte stellten sie und fanden Bananen, Salatköpfe und Gemüse in ihren Rucksäcken. Wie die Sachen dort hineingeraten waren, dazu schwiegen sie vor Gericht.

Anders als die Staatsanwaltschaft, die den Wert des alten Gemüses auf 100 Euro schätzte, sah der Richter die Lebensmittel als praktisch wertlos an. Eine Einstellung sei nicht zuletzt an der Staatsanwaltschaft gescheitert, sagte der Gerichtssprecher. Diese machte geltend, dass die Angeklagten nicht einmal geständig seien. Zudem gebe es ein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung.

Hinweis auf Lebensmittelverschwendung

Die Studentinnen hatten früher auf Lebensmittelverschwendung verwiesen. Strafbefehle über 1200 Euro hatten sie ebenso wenig akzeptiert wie eine Einstellung des Verfahrens gegen acht Stunden gemeinnützige Arbeit bei der Tafel. Sie wollten einen Freispruch. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Ob Rechtsmittel folgen, war offen.

Vor dem Prozess hatten mehrere Dutzend Menschen für die beiden demonstriert. „Freispruch für Lebensmittelretter“, verlangten sie. In einem umfunktionierten Container verteilten Unterstützer gegen Spende Speisen – gekocht aus containerten Waren. Unter anderem die Partei „mut“ unterstützte den Protest. „Es ist ein Umdenken erforderlich“, sagte „mut“-Mitglied Manni Maier. Er fordert – wie andere linke Gruppen – Straffreiheit für Containern. In manchen Fällen hatten Gerichte Verfahren eingestellt oder Angeklagte freigesprochen.

Für Menschen in prekären Lebensverhältnissen gehört Containern zum Alltag. Andere betreiben es eher aus Protest gegen Kapitalismus und Wegwerfmentalität.

Von RND/dpa


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