Kommentar: Verbot von Prostitution schadet Sexarbeiterinnen am meisten
Die Frauen-Union fordert ein Verbot von Prostitution. Das gefährdet aber die, die es eigentlich schützen soll: Sexarbeiterinnen. Statt eines Verbots braucht es ein gesellschaftliches Umdenken, kommentiert MADS-Autorin Marie.
„Frauen werden erniedrigt, gedemütigt, entwürdigt – und das ist auch noch rechtlich abgesichert“, klagt Annette Widmann-Mauz, Chefin der Frauen-Union, in einem RND-Interview. Die CDU-Politikerin bezieht sich dabei auf Prostitution in Deutschland, die unter bestimmten Bedingungen legal ist. Die Frauen-Union fordert nun ein Verbot der Prostitution sowie gesundheitliche und psychologische Betreuung für alle Aussteigerinnen. In einem ersten Schritt solle der Sexkauf von Schwangeren und Frauen unter 21 Jahren verboten werden – damit machen sich Freier, aber nicht die Prostituierten strafbar, wie es beispielsweise schon in Schweden der Fall ist. Die CDU-Politikerinnen vergessen dabei eins: Ein Verbot löst kein Problem, sondern macht nur die Symptome unsichtbar.
Sexkaufverbot verlegt Prostitution ins Hinterzimmer
Dass Sexarbeiterinnen meist ein schlechtes Arbeitsumfeld haben, steht außer Frage. Dass Zwangsprostitution und Menschenhandel dringend ein Ende haben müssen, erst recht. Doch ein Sexkaufverbot ist hier keine Lösung: Es verhindert keine Prostitution, sie wird nur ins Hinterzimmer verlegt. Für Zwangsprostituierte, die nicht einfach aussteigen können, würde ein Sexkaufverbot ein noch prekäreres und unsichereres Arbeitsumfeld bedeuten. Zudem wären sie willkürlicher Polizeigewalt und Erniedrigung stärker ausgesetzt, sie müssten sich mit Kunden an dunklen Ecken treffen. Oftmals sind Frauen in der Zwangsprostitution aber eben nicht nur von Sexismus und Misogynie, sondern auch von Armut und anderer Diskriminierung betroffen, erklärt das Aktionsbündnis gegen Frauenhandel. Diese Missstände müssen zuvor bekämpft werden. Der CDU, die seit 16 Jahren regiert, ist dies nicht gelungen.
Tabuisierung und Stigmatisierung
Frauen, die sich hingegen freiwillig prostituieren, würden von einem Sexkaufverbot massiv eingeschränkt. Ihnen würde das Recht genommen, selbstbestimmt und autonom über ihre Körper zu verfügen. Ein Verbot stigmatisiert und tabuisiert Sexarbeiterinnnen und erkennt ihre Arbeit nicht an. Das ist antifeministisch, denn Frauen sollten mit ihren Körpern tun dürfen, was sie wollen. Und wenn sie Kapital aus Sex schlagen wollen, sollten anderen Frauen ihnen das nicht verbieten, nur weil es nicht in das eigene Weltbild passt.
Trotzdem muss Sexarbeit sicherer werden. Es braucht staatliche, anonyme Beratungsstellen, staatliche Ausstiegshilfen sowie Aufklärungsseminare, die Frauen über ihre Rechte informieren und ihnen helfen, diese einzufordern.
Spiegel der Gesellschaft
Letztendlich spiegelt Sexarbeit die gesellschaftliche Vorstellung von Sexualität und Geschlecht wieder. Prostitution ist, in der heutigen Form, ein Ausdruck des Patriarchats: Frauenkörper sind als Objekte erwerblich, sie werden austauschbare Figuren männlicher Sexualität. Um Sexarbeit nach feministischen Idealen zu gestalten und für Frauen sicherer zu machen, muss die Gesellschaft veraltete Vorstellungen von Weiblichkeit und Männlichkeit ablegen, weibliche Sexualität enttabuisieren und aufhören, Frauenkörper als verfügbare Objekte anzusehen.
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