Schüler kommentiert: Sollten die Schulen wieder öffnen?
In Zukunft müssen sich die Schulen besser auf eine mögliche Home-Office-Phase vorbereiten, meint Schüler Finn. Das bisherige Vorgehen der Politik findet er diffus.
Seit Beginn der Corona-Pandemie plant die Politik den deutschen Schulbetrieb eher tagesaktuell als mittelfristig. Im vergangenen Schuljahr konnten wir Schüler uns oftmals nicht sicher sein, ob wir in den nächsten Tagen nun den Unterricht besuchen oder nicht. Die Frage „Wie geht es jetzt eigentlich weiter?“ ist zum Credo einer widersprüchlichen Schulpolitik geworden. Nachdem nun alle Bundesländer den Schulbetrieb vor dem Weihnachtsfest heruntergefahren haben, stellt sich die Frage: Soll der Unterricht am 10. Januar wie geplant wieder aufgenommen werden? Oder sollten Schulen geschlossen bleiben, wie es der Kinderschutzbund fordert?
Schutzmaßnahmen scheitern an der Realität
An Schulen gelten Regeln zum Infektionsschutz, vielerorts müssen Masken im Unterricht getragen werden, Einbahnstraßenregelungen sollen unnötige Begegnungen verhindern und im Sportunterricht gilt: Wenn möglich Abstand halten. Klingt ziemlich sicher, scheitert aber an der schulischen Realität. Solange neben den Waschbecken ständig Seife und Papier leer sind und in einem Klassenraum bis zu dreißig Schüler unterrichtet werden, hilft auch das Händedesinfizieren beim Betreten des Gebäudes nicht.
Damit sich alle an die Regeln halten, müssen sie für die Menschen, die sich daran halten sollen, konsequent erscheinen. Wie sollen wir aber verstehen, dass ein Treffen in der Freizeit mit zwei Freunden nicht okay ist, wenn wir uns die Klassenzimmer mit 30 weiteren Personen teilen? Oder dass wir uns ein hitziges Hockeyduell im Sportunterricht liefern, während alle Sportvereine geschlossen haben?
Für mich ist logisch: Wenn wir Schüler zur Schule gehen sollen, bedeutet das ein Infektionsrisiko – trotz aller Sicherheitsvorkehrungen. Deshalb sollten Schulen nur dann geöffnet werden, wenn Treffen von vielen Menschen vertretbar sind. Solange es zu gefährlich ist, dass sich zwei Freunden treffen, verstehe ich nicht, wie gerechtfertigt wird, dass ich mich jeden Tag mit ungefähr 800 mehr oder weniger Fremden in der Schule treffen muss.
Natürlich muss das Bildungssystem gewährleisten, dass sozial benachteiligte oder lernschwache Schülerinnen und Schüler nicht zurückbleiben. Das könnte aber geregelt werden, indem zum Beispiel alle mit Tablets ausgestattet werden. Meiner Erfahrung nach funktioniert Unterricht in Videokonferenzen fast genauso gut wie Präsenzunterricht. Wenn sichergestellt ist, dass jeder ein digitales Endgerät mit Internetzugang hat, kann auch jeder am Unterrichtet teilnehmen. Für Grundschülerinnen und Grundschüler und besonders hilfebedürftige Kinder sollte es natürlich auch andere Angebote geben – die breite Masse könnte sich so aber effektiv vor einer Infektion schützen.
Damit das umgesetzt werden kann, müsste die Politik nicht jetzt entscheiden, ob die Ferien verlängert werden oder nicht. Aber sie müsste festlegen, unter welchen Bedingungen der Präsenzunterricht wiederaufgenommen werden kann. Wenn klar wäre, dass bei einem Inzidenzwert X Videounterricht stattfindet, könnte schon jetzt die Vorbereitung beginnen. Das Argument, man wisse ja gar nicht, was die Infektionszahlen Anfang Januar vorgeben, ist hinfällig. Eigentlich gibt es nämlich nur zwei Fälle, die eintreten können: Entweder kann Präsenzunterricht stattfinden oder eben nicht. Warum man für diese beiden Möglichkeiten nicht schon vor Monaten eine bundeseinheitliche Planung vorgestellt hat, ist mir schleierhaft.
Von Finn Bachmann