„3 Body Problem“ auf Netflix: Keine Wissenschaft ohne Gefühle
Die Aliens kommen: In der neuen Sci-Fi-Serie „3 Body Problem“ von den „Game of Thrones“-Machern auf Netflix werden komplexe physikalische Probleme behandelt, ohne dass die zwischenmenschlichen Beziehungen in den Hintergrund treten.
Maos Kulturrevolution im China der 60er-Jahre: Die junge Studentin Ye Wenjie sieht ihren Vater, einen Physikprofessor, auf der Bühne im Volkstribunal angeklagt. Er hat Einsteins Relativitätstheorie und den Urknall und somit laut dem chinesischen Staat US-amerikanische Propaganda gelehrt. Nun soll er von der studentischen Masse verurteilt werden. Yes Vater wird auf der Bühne von den studentischen Garden totgeprügelt, sie selbst anschließend in ein Straflager gebracht. Was niemand ahnt: Yes Entscheidungen als spätere Forscherin werden das Schicksal der ganzen Menschheit beeinflussen.
„3 Body Problem“: Basierend auf der Romantrilogie von Liu Cixin
Die Serie „3 Body Problem“ (Netflix) basiert auf dem Werk von Liu Cixin, weicht aber schnell von der Vorlage ab. Lediglich die Parts der Handlungen, die im China Maos spielen, scheinen dem ersten Roman entnommen. Es überrascht nicht, dass die Szenen rund um Yes Leben zu den stärksten der Serie gehören. Szenen, die grundlegende Fragen stellen. Wie viel Grauen kann ein Mensch ertragen, ohne sich von allen anderen menschlichen Lebewesen abzuwenden? Was bleibt, wenn im Rahmen der gewalttätigen Revolution den Menschen Liebe, Religion und nahezu jegliche Hoffnung auf bessere Zeiten genommen werden?
Aliens ganz anders
In der Mitte ihrer Lebensgeschichte trifft Ye eine folgenschwere Entscheidung: Als Forscherin antwortet sie den Außerirdischen, mit denen sie heimlich die Kommunikation aufgenommen hat. Sie suchen einen neuen Planeten, um als Spezies zu überleben und sollen die Menschheit in ferner Zukunft, so hofft Ye, vor sich selbst retten.
Die Aliens, das sind in „3 Body Problem“ keine komisch aussehenden Männchen, sondern eine abstrakte, mächtige Einheit, die nur durch physikalische und technologische Kontrolle und später einer menschlich nachgeahmten Sprechstimme in Erscheinung tritt. Genau darin liegt die Stärke der Serie: Durch die Aliens als abstrakte Bedrohung, von der Zuschauende nicht einmal wissen, wie sie wirklich aussieht, bleiben die Außerirdischen auch bedrohlich, auch wenn sie erst in 400 Jahren von ihrem Planeten eintreffen werden.
Komplexe Handlungsstränge in „3 Body Problem“
Die Handlungsstränge der Serie laufen geradezu mysteriös zusammen. Am Anfang versteht man teils wenig. Was hat das seltsame, technologisch für die Möglichkeiten der Erde viel zu weit entwickelte Computerspiel mit den Aliens zu tun? Warum werden Spielende exklusiv dafür ausgesucht wie für einen Premium-Club? Und was soll man im Spiel eigentlich lösen? Das „3 Body Problem“, das als physikalisches Problem von Newton entworfen wurde und als unlösbar gilt? Zudem werden die Charaktere so schnell eingeführt, dass man sich eine Beziehungs-Mindmap gewünscht hätte, aus der hervorgeht, wer mit wem wie in Relation steht. Die Serie schreitet teils zu schnell voran, wie eine Achterbahnfahrt, bei der einem zwischenzeitlich leicht schwindlig wird, weil der Kopf mit dem rasanten Tempo nicht mehr mitkommt.
Keine Physik ohne Gefühle
Was die Serie hingegen gut aufzeigt: Egal wie viel Wissenschaft ein Individuum betreibt, ganz ohne Liebe wird es dauerhaft schwierig zu leben. Trotz aller Rationalität sind Menschen auch emotional gesteuerte Wesen. Und genau darin besteht letztlich ihre Hoffnung, die nahende Bedrohung zu besiegen.
Von Lisa Neumann
Lies auch: