Studie zeigt: So wichtig ist jungen Menschen Nachhaltigkeit
Weniger Plastik, Bio-Lebensmittel und Second-Hand-Kleidung: all das sind Dinge, die dem Klimaschutz helfen. Und der ist für junge Menschen ein wichtiges Thema, wie Wissenschaftler jetzt belegen können. Doch nicht alle haben eine Idee, wie sich das alles umsetzen lässt. Vier junge Menschen erklären, was das für sie bedeutet.
Auf Plastik verzichten, lieber zum Bioapfel greifen und fürs Klima demonstrieren gehen: Vielen jungen Menschen sind diese Dinge wichtig. Fast 80 Prozent der 14- bis 22-Jährigen in Deutschland denken, dass sich das Leben für zukünftige Generationen verschlechtert, wenn Maßnahmen für mehr Nachhaltigkeit ausbleiben. Umwelt- und Klimaschutz, der Zustand des Bildungswesens und soziale Gerechtigkeit zählen zu den wichtigsten Themen in ihren Leben. Das haben Wissenschaftler im Auftrag des Umweltbundesamtes herausgefunden.
Die jüngst veröffentlichte Studie trägt den Namen „Zukunft? Jugend fragen!“ und ist bereits die zweite ihrer Art. Forscher haben darin untersucht, wie wichtig Nachhaltigkeit Jugendlichen und jungen Erwachsenen ist und wie umweltbewusst sie sich verhalten.
Die eine Jugend gibt es nicht
Fast Fashion oder Second-Hand, Auto oder Fahrrad fahren: Die eine Jugend gibt es nicht. Deshalb haben Wissenschaftler drei Prototypen von Jugendlichen entwickelt, die die verschiedenen Strömungen grob repräsentieren sollen. Die Forscher nennen sie Pragmatische, Idealistische und Distanzierte (siehe Infokasten).
Ihre Sicht auf die Welt unterscheidet sich teils erheblich. Ein Drittel aller Befragten meint, dass wir in Zukunft mehr Wirtschaftswachstum brauchen – auch wenn das die Umwelt belastet. Allerdings: nur 8 Prozent der Idealistischen sehen das so, wohingegen 55 Prozent der Pragmatischen dafür sind. Fast drei Viertel der Jugendlichen finden es wichtig, fair hergestellte und gehandelte Produkte zu kaufen. Den Idealistischen ist das mit einer Zustimmung von 89 Prozent aber weitaus wichtiger als den Pragmatischen (62 Prozent) und den Distanzierten (61 Prozent).
Finanzielle Unterstützung fehlt
Fragt man junge Menschen zwischen 14 und 22 Jahren nach den wichtigsten Maßnahmen für Umwelt- und Klimapolitik, glauben 52 Prozent von ihnen, dass eine finanzielle Unterstützung von klimafreundlichen Produkten und Verhaltensweisen hilfreich wäre. „Junge Menschen sind in ihren aktuellen Konsummöglichkeiten oftmals finanziell eingeschränkt, etwa weil sie über wenig eigenes Geld verfügen oder wenig verdienen“, schreiben die Wissenschaftler in der Studie. Die Hälfte der Teilnehmenden nennt die Industrie als zweitwichtigsten Akteur beim Umwelt- und Klimaschutz. Auf Platz drei folgt die Bundesregierung (48 Prozent). Am wichtigsten finden Jugendliche und junge Erwachsene das Verhalten von „jedem und jeder Einzelnen“ (61 Prozent).
Und was man da konkret tun könnte? Vier Fünftel finden es wichtig, weniger Plastikverpackungen zu verwenden. Drei Fünftel plädieren dafür, Biolebensmittel zu kaufen. 29 Prozent halten es für wichtig, sich vegetarisch oder vegan zu ernähren. Mehr als drei Viertel der Befragten haben sich im Supermarkt tatsächlich schon für Bioprodukte entschieden und 71 Prozent bewusst auf Plastikverpackungen verzichtet. 58 Prozent haben Kleidung gebraucht gekauft.
Mit dem, was sie und andere für den Klimaschutz leisten, sind die Studienteilnehmenden aber nicht so richtig zufrieden. Ein Fünftel denkt, dass jeder und jede Einzelne ausreichend seinen oder ihren Beitrag leistet. Nur 15 Prozent finden, dass die Industrie genug für den Klimaschutz tut. Am zufriedensten sind die Studienteilnehmenden mit Umweltverbänden (70 Prozent) sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern (50 Prozent).
Jugendliche hadern mit Politik
Auch mit der Politik hadern junge Menschen. Nur 12 Prozent der Jugendlichen und jungen Erwachsenen sind in einer Partei aktiv gewesen. Lediglich 23 Prozent finden, dass Politikerinnen und Politiker sich darum kümmern, was die Leute denken. „ Politik scheint bei den Befragten semantisch für Parteipolitik oder die große Politik zu stehen. Ein Engagement der jungen Menschen selbst, zum Beispiel bei Demonstrationen, wird in ihrer Kommunikation eher nicht mit dem Begriff Politik belegt“, lautet ein Fazit der Forscher.
Parallel zur repräsentativen Onlinebefragung demonstrierten weltweit immer mehr junge Menschen bei den „Fridays for future“-Klimastreiks. Die Wissenschaftler glauben, dass die Bewegung Einfluss auf ihre Forschungsergebnisse hat.
Infos über Social Media
Der auf Social Media präsenten „Fridays-for-future“-Be-wegung kommt sicher entgegen, dass 63 Prozent der Studienteilnehmenden angeben, sich über soziale Netzwerke zu Umwelt- und Naturschutzthemen zu informieren. Danach folgen Dokus auf Youtube oder auf Streaming-Plattformen (59 Prozent). 40 Prozent der Befragten geben an, Tageszeitungen zum Informieren zu nutzen. Weniger relevant sind Podcasts (12 Prozent), Blogs (19 Prozent) und Influencer (22 Prozent).
Das Fazit der Wissenschaftler klingt positiv: Junge Menschen seien miteinander über Klima- und Umweltschutzthe-men im Austausch und sich ihrer Verantwortung bewusst. Was auf manchen „Fridays-for-future“-Plakaten steht, scheint für sie keine Phrase zu sein: Es gibt nun einmal keinen Planeten B.
Von Sarah Franke
Umfrage: Was bedeutet nachhaltiger Konsum für dich?
„Nachhaltigen Konsum gibt es nicht. Ich versuche aber, minimalistischer zu leben und wenig zu kaufen.“
Marie (17), Schülerin
„Ich gehe auf den Markt und kaufe regionale Produkte. Meine Kleidung trage ich möglichst lange.“
Lucas (25), Student
„Ich achte darauf, welche Auswirkungen Produkte auf die Umwelt und unsere Mitmenschen haben.“
Florentine (21), Studentin
„Es bedeutet, mein Kaufverhalten zu hinterfragen und zu entscheiden, ob ich etwas wirklich brauche.“
Merlin (24), Studentin
Das sind laut Studie die drei Typen von Jugendlichen:
Pragmatische: Beruflicher Erfolg und guter Lebensstandard sind ihnen wichtig. Sie haben hohe Konsumansprüche in Bezug auf Technik, Auto oder Kleidung. Unter ihnen sind mehr junge Männer, ihr Bildungsniveau entspricht dem Durchschnitt.
Idealistische: Toleranz, Respekt und Vielfalt bedeuten ihnen viel. Nachhaltigkeit und Umweltbewusstsein sind essenzielle Bestandteile ihres Selbstbilds. Junge Frauen und Studierende sind überdurchschnittlich oft vertreten.
Distanzierte: Sie sind weniger stark an politischen und gesellschaftlichen Themen interessiert als andere ihrer Altersgruppe. Im Vergleich zu den anderen Gruppen äußern sie eher geringe Ansprüche und Konsumerwartungen. Das Geschlechterverhältnis ist ausgeglichen.
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