„Stranger Things“ 3: Heute startet die neue Staffel
Endlich wieder Zeit für Furcht und Vergnügen. Bei Netflix müssen sich die Teenager von „Stranger Things“ aus den Banden der Liebe lösen, um ein weiteres Mal das Böse zu bekämpfen. Die dritte Staffel (streambar seit 4. Juli) ist mehr vom Selben und das ist genau das, was „ST“-Fans wollen. Der Horror aus der Twilight Zone ist mit seinem Latein noch lange nicht am Ende. Und die Achtzigerjahre leuchten uns heim.
Wir erinnern uns, dass alles gut schien in Hawkins, Indiana. Das Tor zur Welt der Monster war geschlossen, das Städtchen feierte den Snow Ball 1984 und die Teenagerhelden der Serie „Stranger Things“ entspannten beim winterlichen Fest.
Sogar Dustin, der lispelnde ewige Kindskopf bekam nach einigen Tränen der Abfuhr sein ehrenrettendes Tänzchen mit der liebreizenden Nancy Wheeler, die ihm versicherte, dass er ihr von allen Freunden ihres Bruders Mike am liebsten sei. Happy End in einer vom Übernatürlichen gebeutelten Kommune.
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Stranger Things 3 – sehnlichst erwartete Netflix-Serie
Hätte man glauben können. Nur hatte der DJ „Every Breath You Take“ aufgelegt, den schönen und irgendwie auch ziemlich unheimlichen Stalkersong von The Police. Das war verdächtig. Und dann kippte die Kamera die Hawkins Middle School auch schon um 180 Grad, die Schwebeteilchen der Parallelwelt „Upside Down“ tanzten durch die Luft und in einem violetten Wetterleuchten wurde die Armageddonspinne sichtbar – eine Art Mutter aller Monster, groß genug, die ganze Schule zu schlucken
Jetzt ist „Stranger Things“ zurück, die dritte Staffel ist neben dem Finale von „Game of Thrones“ das wohl am sehnlichsten erwartete Serienereignis des Jahres 2019. „Stranger Things“ von Matt und Ross Duffer war der Grund, warum 2016 plötzlich Hinz und Kunz den Streamingdienst Netflix abonnieren wollten und alle Netflixverweigerer sich komplett beim „Bergdoktor“ und den diversen „Sokos“ abgehängt vorkamen.
Der Mix aus Teeniekomödie, Horror und Science Fiction ist inzwischen Kult, die Fans zeigen jetzt wieder verstärkt auf der Straße ihre „ST“-T-Shirts, denn es ist klar: Der Schrecken aus der Twilight Zone in Hawkins noch lange nicht am Ende seines Jägerlateins.
In Stranger Things 3 geht es für Winona Ryderbergab
Wobei das Städtchen zunächst mal vom neuesten Auswuchs des ultimativen irdischen Bösen, des Kapitalismus, heimgesucht wird. Die Starcourt-Mall macht auf – alle Geschäfte unter einem Dach – und die bisherigen kleinen Einkaufsgelegenheiten wie Joyce‘ (Winona Ryder) Supermarkt können gegen den Megashop nicht anstinken und werden mählich zu Geisterläden.
Auch der Alltag der Teeniegang, die das Grauen aus einer blasphemischen Dimension niederrang, erscheinen anno 1985 komplett monsterfrei: Sheriff Hopper (David Harbour) sieht es mit stiefväterlichem Argwohn, dass seine übersinnlich begabte Adoptivtochter Elfi (Millie Bobby Brown) mit ihrem Freund Mike (Finn Wolfhard) knutscht. Lucas (Caleb McLaughlin) ist fest mit Maxine (Sadie Sink) liiert und auch hier überdeckt das Rosarot der ersten Liebe alles andere.
Coming of Age also: Es scheint, als habe das Junge-Mädchen-Ding die alte Monsterbekämpfungsclique ausgehebelt. Die Liebe fährt der schönen Kumpanei in die Parade, der aus der Sommerfrische zurückgekehrte Dustin (Gaten Matarazzo) versteht jedenfalls die Welt nicht mehr. Die einzige, die sich über seine Rückkehr freut, ist offenbar seine Schildkröte.
Die alte Teeniegang ist in Auflösung begriffen
Seine Freunde interessieren sich nicht einmal mehr so recht für Dustins neueste genialische Erfindung, eine Superantenne. Mit der fängt er dann abends auf dem Hügel fremdartige Stimmen und Kirmesmusik auf. Was der Zuschauer da schon weiß: Die Stimmen gehören russischen Forschern und Militärs, die das unselige Portal, das Elfi mit Mühe und Not schließen konnte, neuerlich öffnen. Ihr Monsterlein kommet.
Mit der Karussellmusik aber hat es dann etwas extrem Mysteriöses auf sich, das hier nicht verraten werden soll. Ebensowenig was mit Will (Noah Schnapp) passiert, dem zum Schluss der letzten Staffel der böse Gedankenschinder mit knapper Not per Hitzezufuhr exorziert werden konnte.
Das Böse steht noch einmal auf – so lautet eines der obersten Gesetze des Fantastischen. Und diesem greulichen Lazarus sind bald auch Wills großer Bruder Jonathan (Charlie Heaton) und seine Freundin Nancy(Natalia Dyer) auf der Spur, die eine große Geschichte wittern und es den bornierten Machos der Redaktionskonferenz zeigen wollen: Seltsames passiert nämlich mit den Ratten der Umgebung.
Mit den Ratten von Hawkins stimmt etwas nicht
Die Nager rotten sich in einer alten Stahlfabrik zusammen, sind aggressiv, stark … anders. Und sie verwandeln sich zu etwas wirklich Schrecklichen. Ratten, die Pestbringer, seit F. W. Murnaus „Nosferatu“ in Allianz mit Vampiren und seit dem Buch „Brehms Tierleben“ des Zoologen Alfred Brehm im Ruch, kleine Kinder zu fressen, sind die Gänsehautlegionen der dritten „ST“-Staffel.
Die mehr vom Selben bietet und genau deswegen hervorragend funktioniert- Ein deftiger Hybrid aus „Stand By Me“ und „Twilight Zone“, aus „Zurück in die Zukunft“, „Gremlins“ und „Goonies“, seifigen Dialogen und coolen Sprüchen, untermalt von Songs der Achtzigerjahre, die vergeblich beweisen wollen, dass der Pop jener Dekade wirklich guter Stoff war.
In Stranger Things 3 gerät Romeo in Teufels Küche
Und wieder wird reichlich Filmgeschichte zitiert – nicht nur zahllose Horrorfilme wie „Das Ding aus einer anderen Welt“, „Willard“ und „Der Exorzist“ sondern auch Kultkomödien wie Mike Nichols‘ „Reifeprüfung“. Der sinistre Playboy Billy (Dacre Montgomery) will Mikes Mutter (Cara Buono) zu seiner Mrs. Robinson machen. Und gerät auf dem Weg zum Date statt ins Schlafzimmer der Schönen direkt in Teufels Küche. Wohin auch sonst in dieser Serie? Während in den ersten drei Folgen Luzifers Herdplatten nur auf Köcheln eingestellt sind, ist die Serie ab Episode 4 am Brodeln und der Horror läuft über.
Von Matthias Halbig/RND