Stanley Cup: Was steckt hinter dem Trend um den XXL-Thermobecher?
Der Hype um den Stanley Cup scheint auf Instagram und Tiktok einfach nicht abzureißen. Handelt es sich einfach um die nächste Ausgeburt des Überkonsums – oder steckt mehr dahinter? Ein Rant.
Man muss sich weder dafür interessieren noch über die Anschaffung eines Thermobechers nachdenken, um bei Instagram oder Tiktok dennoch früher oder später über Influencer zu stolpern, die einem die Vorzüge dieses speziellen Bechers nahebringen wollen. Es geht natürlich um den Stanley Cup. Schlappe 50 Euro darf man für den Becher mit Strohhalm und Griff hinlegen, bei besonderen Ausführungen und Farben auch gern mal mehr.
Und damit nicht genug: Mittlerweile zeigen Influencerinnen in „Pack my Stanley with me“-Videos, wie sie den Thermobecher mit vielen kleinen Taschen und Add-ons ausstatten und den Becher somit selbst als eine Art Handtasche verwenden. Warum? Unklar. Man schafft es nicht, hinter die Fassade des absurden Trends zu blicken.
Zwischen Weltkrieg und Baustelle: Zurück zu den Ursprüngen
Stanley ist eine alte amerikanische Marke, deren Produkte für das lange Warm- oder Kalthalten von Getränken bekannt sind. Im Zweiten Weltkrieg wurden amerikanische Bomberpiloten mit Stanley-Thermoskannen ausgestattet. Lang wurde der Stanley-Becher eher mit der arbeitenden Bevölkerung assoziiert, das Unternehmen war eher mittelständig. Die Becher waren praktisch und ohne Schnickschnack, gut geeignet, um sie mit auf den Bau nehmen zu können.
Der Imagewechsel kam 2020, als Terence Reilly als neuer Präsident des Unternehmens eingesetzt urde. Dieser hatte zuvor für Crocs gearbeitet und dabei das Hypemarketing mithilfe von Influencern für sich entdeckt. Dazu erkor er den Quencher-Becher (so der Name des Trend-Stanleys) aus, dem zu dem Zeitpunkt die Einstellung des Verkaufs drohte. Doch in kürzester Zeit verwandelte das Influencermarketing den Quencher in das erfolgreichste Produkt der Marke. Stanley konnte seine Umsätze von 2019 bis 2023 von 70 Millionen auf 750 Millionen US-Dollar steigern.
Was durch ein paar Influencer, die sagen, dass sie ohne dieses Produkt nicht mehr leben können, doch alles möglich ist. Da verkauft sich ein Becher tausendfach, an dem immer wieder kritisiert wird, dass er nicht richtig dicht ist. Auch muss man beim Kauf bedenken, dass der klassische Stanley mehr als einen Liter Fassungsvermögen hat. Der trägt sich nicht so leicht durch die Stadt. Das ist ein Produkt für Autofahrende, deshalb wird er auch unten schmaler.
Scheinnachhaltigekeit: Neun Stanley Cups für ein ausgebranntes Auto
Perfekt wurde das Image dann im vergangenen Jahr: Eine Frau postete ein Video von ihrem ausgebrannten Kia Sorrento. Einzig unbeschadet geblieben war ihr Stanley Cup, in dem angeblich sogar das Getränk kühl geblieben war. Der Chef von Stanley Cup schenkte ihr für dieses perfekte Marketing ein neues Auto und neun weitere Stanley Cups. Nicht sehr nachhaltig für eine Marke, die damit wirbt, dass die Becher doch so langlebig sind. Dafür müsste man allerdings auch so handeln und einen Becher so lange und ausschließlich nutzen, bis er verschlissen ist. Sich jede neue Trendfarbe des Bechers zu kaufen und dazu Unmengen an Plastikzubehör, um auch noch McDonalds-Menü aus dem Stanley-Aufsatz zu essen (kein Scherz!), ist nicht nachhaltig. Das ist gelebter Kapitalismus und ungehemmter Konsum. Genau dieses Kaufverhalten fördert Stanley mit seiner Marketingstrategie.
Der Stanley Cup ist eine Symptomatik unserer Zeit, die man wirklich besser nur beobachten sollte, als dem Trend selbst blind hinterherzulaufen. Und wer hätte es gedacht, dass es sich mal edgy und rebellisch anfühlen könnte, sich für 5 Euro einen Thermobecher bei Rossmann zu kaufen? Und das Beste: Der ist auch noch dicht.
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