„The Room Next Door“: Freundschaft, Tod und Selbstbestimmung
Wie fühlt es sich an, wenn man weiß, dass man stirbt? Und wie wollen wir den Moment des eigenen Todes erleben? Diesen Fragen stellt sich das neuste Werk „The Room Next Door“ des spanischen Regisseurs Pedro Almodóvar.
Triggerwarnung: Der Film und dieser Artikel behandeln das Thema Suizid.
„The Room Next Door“ begleitet die schwer krebskranke Martha in den letzten Tagen ihres Lebens. Ihre alte Freundin Ingrid steht ihr in dieser Zeit bei und besucht sie regelmäßig in einem New Yorker Krankenhaus. Doch als klar wird, dass eine weitere Chemotherapie aussichtslos erscheint, fasst Martha den Beschluss, dass sie sterben möchte. Sie will dem Krebs zuvorkommen und bestellt eine Suizidtablette aus dem Darknet. Ihr einziger Wunsch: Ingrid soll, bis es so weit ist, im Zimmer nebenan schlafen und ihr Gesellschaft leisten. Ingrid willigt schweren Herzens ein, obwohl sie weiß, dass sie dadurch illegale Sterbehilfe leistet.
„The Room Next Door“ spricht über den Tod
Die große Stärke des Films, der seit 24. Oktober in den deutschen Kinos läuft, ist die Darstellung hochsensibler und emotionaler Themen. So treffen zum Beispiel sehr gegensätzliche Perspektiven aufeinander. Martha wünscht sich in ihren letzten Tagen die Gesellschaft von der eigentlich sehr lebensfrohen und hoffnungsvollen Ingrid und betont immer wieder, dass sie nicht bemitleidet werden möchte. Außerdem behandelt der Film auch die Thematik der Sterbehilfe. Martha wird zu Forschungszwecken zu einer weiteren Chemotherapie geraten, obwohl es keine Hoffnung mehr für sie gibt. Als einzigen Ausweg sieht sie eine (illegale) Suizidtablette, um nicht mehr leiden zu müssen. Dies kann als versteckte Kritik verstanden werden, da eine ärztliche Sterbehilfe in New York und vielen anderen US-Staaten verboten ist.
Starke Hauptrollen in einer teilweise langsamen Handlung
Eine weitere Stärke des Films sind zwei sehr überzeugende Hauptrollen. Durch die schauspielerische Leistung von Tilda Swinton (Martha) und Julianne Moore (Ingrid) wirkt die stets wachsende Bindung der beiden Freundinnen authentisch und glaubwürdig. Emotionale Momente und die dramatische Wendung in Marthas Leben werden so auf das Publikum übertragen. Die Handlung des Films verläuft allerdings sehr geradlinig und zeigt nur einzelne Nebencharaktere, die verglichen mit den Hauptrollen nur wenig Persönlichkeit und Tiefe haben. Die Handlung hat ein langsames Tempo und fesselt dadurch teilweise zu wenig. Eine dramatische Geschichte zu erzählen braucht Zeit, der Film zieht sich so aber an manchen Stellen in die Länge.
„The Room Next Door“ ist ein gefühlvoller und tiefgründiger Film, der die Zuschauenden zum Nachdenken über das eigene Verständnis von Leben und Tod anregt – trotz einiger Längen. Wer sich gerne mit emotionalen Dramen befasst, könnte an „The Room Next Door“ durchaus Gefallen finden und über die schwächeren Teile des Films hinwegsehen. Nicht ohne Grund wurde er bei den diesjährigen Filmfestspielen von Venedig mit einem goldenen Löwen ausgezeichnet.
Von Philip Jahn
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